Best practices: Choral Music and Technology When a Pandemic Catalyzes Technical Innovations
initium
“initium ; auditorium” ist eine Konzertstreamingplattform, die sowohl über einen Browser als auch in einer Smartphone-App verfügbar ist. Diese Idee hatte zum Ziel, Künstler zu unterstützen, die durch die Pandemie Auftrittsmöglichkeiten verloren. Mit dem Konzept „Entdecken Sie Unbekanntes, von zu Hause aus“, wollen wir einen Ort der neuen intellektuellen Erfahrung kreieren. Um ein Konzert anzuschauen, muss der Zuhörer eine Karte kaufen. Es sind auch Abos erhältlich, die über eine gewisse Zeit einen unbegrenzten Zugang zu allen Konzerten gewähren.
Projektlieter Kaito Kikuchi
CouponConcerts
CouponConcerts ist eine schöne Initiative, welche die Musik wieder zu den Menschen bringt und den Musikern eine Möglichkeit bietet, auch in pandemischen Zeiten ihre laufenden Kosten zu decken. Auf der Plattform kann jeder einen Musiker oder ein Ensemble für ein Konzert buchen, welches je nach Pandemiegeschehen kurz- oder langfristig stattfinden soll. In größeren Städten funktioniert das Modell sehr gut, aber auch in den kleinen Gemeinden besteht Interesse. Frei nach dem Prinzip “pay now, listen later”, erhalten die Musiker direkt die Gage und legen dann einen Termin mit den Veranstaltern fest. Vielen Musikern war in einer konzertfreien Zeit damit schnell geholfen.
Doch nicht nur den Musikern kommt es zugute! Die Online-Plattform bietet für ein breites Publikum die Möglichkeit, die Lieblingsmusik live in die eigenen vier Wände zu holen. Sei es für ein Hauskonzert, einen Geburtstag, oder auch für Unterrichtsstunden, jeder findet hier was er sucht.
Julia Ungureanu, Geigerin
Jamulus
Jamulus hieß die Lösung, die der am Boden liegenden Chorwelt Hoffnung machte inmitten der Pandemie. Und tatsächlich – hatte man kleine technische Hürden überwunden, konnte man endlich wieder ein „Chor-Gefühl“ erleben. Mit einer stabilen, kabelgebundenen Internetverbindung lassen sich sehr niedrige Verzögerungen erreichen, die es ermöglichen nahezu gleichzeitig zu singen. Dazu muss lediglich mithilfe des integrierten digitalen Mischpults die Lautstärke der einzelnen SängerInnen angepasst werden, bis ein ausbalancierter Chorklang entsteht. Die Probenarbeit, die bei den meisten Videokonferenzsystemen nur in eine Richtung funktioniert, ist mit Jamulus nun wieder deutlich effektiver, konstruktiver und erlaubt sogar agogisches Musizieren. Für Ensembles, deren SängerInnen aus unterschiedlichen Regionen anreisen müssen, kann diese Art des Probens auch über die Pandemie hinaus eine sinnvolle Alternative sein.
Tristan Meister, Dirigent
Technologie und Orchester in der pandemischen Welt
Für das Philharmonische Orchester von Medellín (Kolumbien) war die Pandemie eine Gelegenheit, auf unterschiedliche Weise neue Zuhörer anzusprechen. Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht nur den Kommunikationskanal zu wechseln (von einem Live-Konzert zu genau demselben Konzert, das aber über eine virtuelle Plattform übertragen wird), sondern auch auf Produkte zu setzen, die für die digitale Welt entwickelt wurden, um neue Publikumsgruppen zu erreichen. Wir haben uns mit einem Architekten zusammengetan, der sich mit dem Wiederaufbau und der digitalen Modellierung von Theatern befasst hat, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Stadt verschwunden sind und in denen u. a. die New Yorker Philharmoniker und das American Ballet auftraten. So konnten wir uns “in die Vergangenheit versetzen” und Konzerte an Orten geben, die keiner unserer Musiker besuchen konnte, weil sie 1940 zerstört wurden. Das Ergebnis war eine Reihe von Konzerten mit unterschiedlichem Repertoire, die zu Gesprächen über all die Orte führten, die durch die Industrialisierung in der Stadt verloren gingen und nach denen wir uns heute sehnen. Es war eine Mischung aus Kulturerbe, Konservierung, Musik und Technologie für Rekonstruktion und 3D-Modellierung, die es uns ermöglichte, unsere Arbeit fortzusetzen, unser Publikum zu erweitern und in einem Sektor innovativ zu sein, der sich seit 200 Jahren nicht verändert hat. Einige dieser Konzerte können Sie hier ansehen.
María Catalina Prieto – Geschäftsführerin
Übersetzt aus dem Spanischen von Justine Gehring-Plaum, Deutschland
Online-Unterricht
Anfangs war Online-Unterricht sicher ein befremdliches Format, aber durch Ausdauer und Beharrlichkeit gab es im Laufe der Zeit auch viele Verbesserungen. Die Minimal-Ausstattung ist ein Mikrofon, ein Keyboard, ein Computer und Kopfhörer. Der Unterricht benutzte Zoom als Plattform. Die Studenten der Hochschule für Musik Trossingen (Deutschland) haben hierbei den Vorteil, dass die Hochschule technisch sehr gut ausgestattete Räume zur Verfügung stellte. Die meisten meiner privaten Schüler hatten aber auch Zugang zu einer passenden Ausstattung und gute technisches Knowhow. Das grundlegendste Problem beim Musikunterricht online ist die Verzögerung, durch die die Zusammengehörigkeit in den Stunden entfällt – Begleitung oder zusammen singen sind unmöglich, was von den Studenten eine besonders gute Vorbereitung auf den Unterricht voraussetzte. Dabei waren erfahrene Studenten klar im Vorteil. Für die weniger unabhängig arbeitenden Studenten führte dies leider zu fehlender Motivation.
Kreativität, Flexibilität, Aufnahmen und Begleitung waren essentiell, aber das Format der Vokalimprovisation bot sich für eine besondere Anpassung an die Online-Realität an. Wir sind bewusst auf die Suche nach internetbasierter Inspiration gegangen und haben sogar die Verzögerung als kreativen Impuls genutzt.
Online-Unterricht verband die Welt in Zeiten, als jeder Verbindungen gesucht hat. Leider offenbarte diese Form des Unterrichts auch die sozio-ökonomische Kluft zwischen Menschen. Wieder waren Studenten in weniger vorteilhaften Verhältnissen die Leidtragenden. Ich hoffe auf eine Zukunft, in der die Regierungen die Voraussetzungen dafür schaffen können, dass jeder Student gleichgestellt den Unterricht folgen kann – in der Hochschule, aber auch von zu Hause aus.
Andrea Conangla, Lehrerin für Vokalimprovisation, Hochschule für Musik, Trossingen
Übersetzt aus dem Englischen von Sabine Schnabel, Niederlande