Chorleiterausbildung
Von Guy Jansen, Vorsitzender der New Zealand Choral Federation
Über viele Jahre hinweg waren jene, die in diesem Bereich tätig waren, eher Spezialisten als Dirigenten von den hunderten von Schul-, Kirchen- oder Gemeindechören.
Sicher wurden von Zeit zu Zeit Workshops, Universitätskurse und privater Unterricht – hauptsächlich in den Städten – angeboten, und manchmal wurden Dirigenten um Gastvorlesungen gebeten, z.B. Frank Pooler, Eric Ericson und David Jorlett. Jedoch wurde Chorleitung, beeinflusst von der englischen Chortradition, als etwas angesehen, das man aufnimmt, wenn man in einem sehr guten Chor singt, einen guten Dirigenten beobachtet und indem man „seiner Berufung“ folgt, wenn man vor einem Chor steht. Sogar für viele Leiter von Grund- und weiterführenden Schulen gab es kaum eine systematische Ausbildung, da die Musikabteilungen der Ausbildungsstätten für Lehrer, die Musikberater der Distrikte oder die Fortbildungsagenturen den Aufbau systematischer Chorleiterfähigkeiten nicht auf ihrer Prioritätenliste hatten. So war es unvermeidlich, dass einige Dirigenten im Ausland nach Möglichkeiten beruflicher Weiterentwicklung in ihrem Arbeitsfeld suchten.
Ungefähr zu der Zeit, als Guy Jansen für ein Aufbaustudium an die University of Southern California ging, untersuchte Peter Godfrey den Unterricht im Dirigieren an verschiedenen ausländischen Instituten, einschl. Westminster Choir College in Princeton und USC in L.A. Er gab dann einen Kurs an der University of Auckland und Chormusiker studierten dort, um von seiner umfangreichen Chorerfahrung zu profitieren.
Der andere einflussreiche Lehrer in dieser Zeit war Professor Jack Speirs an der Universität von Otago. Studenten von Jack Speirs und seinem Nachfolger Peter Adams, die den Weg des professionellen Dirigenten eingeschlagen haben, sind unter anderem Tecwyn Evans, Michael Joel and Holly Mathieson.
Nach Abschluss ihres Studiums in Auckland wurde Karen Grylls ermutigt, ihr Studium im Ausland fortzusetzen. Nach ihrer Rückkehr begann sie, den Standard des Dirigierens überall im Land massiv zu beeinflussen. Ihre Workshops und Gast-Dirigate waren begehrt, und als sie eine Vollzeit-Stelle an der Universität von Auckland bekam, war sie imstande, den existierenden Dirigierkurs zu einem Hauptfach für die Studiengänge in Musik zu entwickeln.
Ihre Schlüsselposition als neue Direktorin des New Zealand Youth Choir brachte ihr hohes Ansehen, sie bildete die Speerspitze für eine professionelle Einstellung zur Chorleiter-Ausbildung. Außerdem hat sie sich besonders für eine Verbesserung der Qualität – auch im Bereich der Highschools – engagiert.
Als Guy Jansen seine Studien als Doktorand an der USC beendet hatte, war er entschlossen, sein neu gewonnenes Wissen mit anderen Kiwis zu teilen – insbesondere die Liebe zu den Bewegungen und Gesten, welche er an jeweils 2 Tagen pro Woche in den Aufbau-Dirigierklassen von Professor Rodney Eichenberger erlernt hatte.
Er hatte kein Vertrauen mehr in die frustrierende „Versuch – und – Irrtum – Methode“, die er und viele andere durchleiden mussten.
Und so begannen im Januar 1986 die „International Summer Schools In Choral Conducting“ mit der Nelson-Polytechnic als Hauptorganisator, in Zusammenarbeit mit dem Schulministerium und der New Zealand Choral Federation (die im vorangegangenen Jahr gegründet würde) und der Nelson Scholl of Music, die ihren Standort im schönen Summer Seaside Resort hatte und für die ersten 5 Sommerkurse ausgewählt wurde.
Für den 1. Kurs waren die Tutoren Prof. Peter Godfrey, Faye Dumont aus Melbourne und Dr. Guy Jansen.
Großzügig gewährte das Innenministerium Stipendien für 20 junge Dirigenten und insgesamt mehr als hundert Teilnehmer über 18 Jahre, die von Whangarei im Norden bis Invercargill tief im Süden kamen.
Sie repräsentierten die unterschiedlichsten Ausbildungsniveaus. Ein Tutor im darauf folgenden Jahr war Eric-Olaf Söderstrom, ein ehemaliges Mitglied eines preisgekrönten finnischen Chores, Candomino.
Dr. Karen Gylls trat im selben Jahr in die Fakultät ein, nachdem sie von ihrem Aufbaustudium an der Washington State University in Seattle zurückgekehrt war. Peter, Karen und Guy handelten als informelles, künstlerisches Komitee während der nächsten 25 Jahre. Zwischen 1986 und 2011 fanden 15 einwöchige Kurse statt, die meisten in Nelson und Wellington, aber andere auch in Upper Hut, Oakland und Hamilton und in Brisbane in Australien.
Zusätzlich wurden verschiedene Zentren für kürzere Chorworkshops und eine Chorfreizeit genutzt.
Von Anfang an waren die Sommerkurse sehr beliebt. Die erfolgreichste Zeit begann 1999, als über 200, darunter viele Neuseeländer an dem Kurs der University of Queensland, Brisbane, teilnahmen.
Zwei Jahre später unterrichtete ein Sechserteam an erfolgreichen, großen Schulen in Brisbane und an der University of Auckland. Zu diesen Veranstaltungen kamen Teilnehmer aus Australien, Singapur und den USA und es gab immer mindestens einen internationalen Experten für den Dirigierunterricht.
Anfangs waren die Teilnehmer überrascht, dass in den Tutorengruppen durchgehend mit Videofeedbacks gearbeitet wurde und im Hinblick auf die Verletzbarkeit, die Dirigentenübungen innewohnt, war es wichtig, die Tradition einer „ nicht bedrohlichen“, stressfreien Atmosphäre im Unterricht einzuführen. Verbale Kommunikation für Dirigenten rückte damit deutlich in den Fokus. Über die Jahre gab es einen faszinierenden Reigen von Gästen, wie Gesangslehrer, Dirigiertutoren und Chören-in-residence mit Rodney Eichenberger, der am häufigsten mit dabei war.
Der New Zealand Youth Choir und der “Voices New Zealand Chamber Choir” kamen von Zeit zu Zeit neben Chören aus Finnland, den USA und Australien. Manchmal gab es auch Begleiter- oder Verwaltungskurse – und neuseeländische Musik war, inklusive dreier Auftragswerke, immer mit dabei. Maori waiata wurde sowohl als Teil einer powhiri (Eröffnungs-/ Willkommenszeremonie) als auch in Lerngruppen genutzt.
Mit der Zeit wurde klar, dass Sommerkurse nicht alles abdeckten, was nötig war. Egal wie gut jeder Unterricht angenommen wurde, kein 1-wöchiger Kurs pro Jahr konnte ausreichen, um Fähigkeiten, Verständnis und Werte einer angemessenen Dirigentenausbildung zu vermitteln. Beim letzten ISSCC im vergangenen Januar in Wellington wurde ein neue Vereinigung der Chorleiter innerhalb der Choral Federation bei einem vom Kultusminister, Chris Finlayson initiierten beeindruckenden Abendessen begründet.
Die Ziele der aufwachsenden Organisation sind die Bereitstellung von Mentoren und Partnercoachings, Wochenend-Workshops und Kurzkursen in der jeweiligen Region, Universitätskurse und Qualifizierungskurse, online-lernen für Anfänger und fortgeschrittene Dirigenten, Video-Konferenzen und eine nationale Zusammenkunft alle 2 Jahre. Einem aktiven NZCF ACD – Beratungskomitee, zusammengestellt von Rosemary Russell gehören an alle, die in früheren Sommerkursen herausragend waren. Da man weiß, wie wichtig gut ausgebildete Dirigenten für die zukünftige „Gesundheit“ der Chormusik in unseren Gemeinden sind, ist die NZCF ACD bestrebt, ein „comprehensive integrated program“ für Chorleiter jeden Niveaus und Hintergrunds aufzubauen- von Anfängern und Kinderchorleitern über semiprofessionelle Leiter von Kammer-, sinfonischen- und Kirchenchoren sowie von spezialisierten Ensembles bis hin zu vokalen Jazz-Gruppen und Barbershop-Chören.
Die ernsthafte Arbeit hat begonnen!
Aus dem Englischen übersetzt von Anne Stahl, Deutschland
Edited by Gillian Forlivesi Heywood, Italy, and Paula Sawyer, Hawaii