Der Chorgesang in der Tschechischen Republik

Prof. Jiří Kolář, Ehrenpräsident der UČPS

 

Die Chorkunst, im Bereich der Komposition oder Interpretation, gehörte immer zu den nationalen Kostbarkeiten der tschechischen Kultur, zu den stärksten Musiktraditionen in unserem Land. In diesem Zusammenhang können wir die weltbekannten Werke von B. Smetana, A. Dvořák, V. Novák, L. Janáček, J. B. Foerster oder B. Martinů erwähnen, ebenso wie den Reichtum unserer zeitgenössischen Chorliteratur, repräsentiert durch die Kompositionen von P. Eben, I. Hurník, Z. Lukáš, K. Slavický, O. Mácha, J. Hanuš und viele andere. Ihre Werke haben starken Einfluss auf die künstlerischen Leistungen der tschechischen Chöre ausgeübt, wie z. B. in der Vergangenheit die international renommierten Sängerbünde der Prager und der Mährischen Lehrer und Lehrerinnen (PSPU, PSMU), oder eine Reihe Chöre, die in den Nachkriegsjahren entstanden sind und regelmäßig die höchsten Bewertungen in internationalen Chorwettbewerben und Chorfestspielen gewonnen haben und weiter gewinnen. Stellvertretend für alle Kinderchöre könnten wir Kühns Kinderchor Prag, Bambini di Praga oder Severáček Liberec nennen; auch im Ausland sehr bekannt sind z. B. Knabenchor Boni pueri Hradec Králové, unter den Frauenchören Foersters Kammerchorvereinigung Prag, Iuventus paedagogica Prag, der Chorverband der Lehrerinnen aus Ostrava ebenso wie die zahlreichen ausgezeichneten akademischen gemischten und Frauenchöre.

Seit 1969 werden die Chöre aus dem ganzen Gebiet der ČR von der Vereinigung der tschechischen Chöre (UČPS) vereinigt und vertreten. Den zur Zeit fast 1100 Chorgruppen, unter denen auch eine Reihe der sogenannten „Chorschulen“ mit mehreren Vorbereitungsabteilungen, Konzertchören, angebundenen Jugendchören, manchmal auch gemischten Chören der Eltern zu finden sind,  bietet die UČPS fachliche Hilfe und Unterstützung bei der Organisierung und Realisation von Chorfestivals und Chorwettbewerben (pro Jahr etwa 50 nationale und 15 internationale Veranstaltungen) und bei der Entwicklung des kulturellen Lebens in den Regionen. Besondere Sorgfalt widmet die UČPS vor allem dem Kinder- und Jugendchorgesang (16 Jahrgänge des Festivals der gemischten Gymnasialchöre „Gymnasia cantant“ haben diese Kategorie schon auf das hervorragende europäische Niveau angehoben). Durch die Organisation von Komponistenwettbewerben und die Verbreitung von Information über neue Kompositionen von zeitgenössischen Komponisten bemüht sich die UČPS um die Unterstützung des neuen tschechischen Chorschaffens. Sie arbeitet mit  ausländischen Institutionen zusammen, vermittelt Kontakte zwischen tschechischen und ausländischen Chören, besitzt einen detaillierten Überblick über die gesamte tschechische Chorbewegung (Chöre, Chorleiter, Chorfestivals, Chorwettbewerbe, Chorkonzerte usw.) und unterhält dafür das umfangreiche Informationsportal „České sbory“ und das Fachmagazin „Cantus“ mit regelmäßigen Notenbeilagen.

Die UČPS macht Vorschläge für die Verleihung von landesweit ausgeschriebenen Chorleiterpreisen (die Preise B. Smetanas, F.Lýseks, F. Vachs, Preis der UČPS „Chorleiter-junior“) und für ähnliche regionale Bewertungen als Ausdruck der Anerkennung von hervorragender, verdienstvoller und erfolgreicher Chorleitertätigkeit.

Für die Entwicklung der gegenseitigen Anerkennung und Mitarbeit im Rahmen der EU besitzt der Chorgesang (und besonders der Chorgesang der Kinder und der Jugend) als die verbreiteteste Form des Laienmusizierens eine unermessliche und noch immer unterschätzte Bedeutung. Wir glauben, dass die tschechische Chorbewegung in diesem Prozess eine bedeutende Rolle spielen wird.

 

 

Dossier_1_Choral_music_CzechRepublic_Jiry_KolarJiří Kolář wurde 1932 geboren; er ist Absolvent der pädagogischen Abteilung der Karls-Universität (1953) und der Pädagogischen Universität zu Prag (1962). Von 1964 – 2001 lehrte er an der Pädagogischen Fakultät der Karls-Universität in Prag (Chorleitung und Gehörbildung). Von 2001-2005 war er Lehrbeauftragter für Chorleitung in der Abteilung für Kirchenmusik. 1981 erhielt er die Doktorwürde in Musikpädagogik; 1991 erwarb er eine weitere Qualifikation und wurde zum Professor für Chorleitung ernannt. 2000 wurde Jiří Kolář zum Professor für Musikerziehung und Dirigieren ernannt. 1967 gründete er den Frauenchor „Iuventus paedagogica“. Bis 1999 erhielt der Chor zehn Preise in angesehenen europäischen Chorwettbewerben und viele andere Auszeichnungen. Unter der Leitung von Jiří Kolář gab der Chor zu Hause und im Ausland mehr als 800 Konzerte. Er ist Autor vieler Veröffentlichungen, darunter Lehrbücher über Intonation, Gehörbildung und Dirigieren.  Von 1989 bis 2005 arbeitete er als Chefredakteur der Zeitschrift „Musikerziehung“. Jiří Kolář ist Ehrenpräsident des Tschechischen Chorverbands, Präsident der Union der Chorleiter innerhalb des  Verbandes der Tönkünstler und Wissenschaftler und Mitglied beratender Komitees für Chorsingen und für Jurys nationaler und internationer Wettbewerbe im In- und Ausland.