Die Classical:NEXT ist im Wandel


Isabelle Métrope, Managing editor

Seit 10 Jahren existiert die Classical:NEXT. Vor der Pandemie fand sie im niederländischen Rotterdam statt, und die Chormusik war so gut wie abwesend. Im Mai 2022 fand sie zum ersten Mal in Hannover statt – und wir waren dabei! Überblick und Ausblick auf eine Vernetzungsplattform mit Potenzial.

In der Ausstellungshalle wimmelt es von Menschen – fast hatte man das Gefühl von Menschenmasse vergessen… nach einige Jahren des pandemiebedingten Ausfalls ist die Classical:NEXT wieder zurück, und von Rotterdam hat es das große B2B-Treffen (Business to Business) der Musikindustrie nach Hannover verschlagen. Hannover, UNESCO City of Music, Stadt der deutschen Chormesse „chor.com“ und von vielen hochkarätigen Ensembles, war dafür prädestiniert. Und tatsächlich kamen mehr als 900 Besucher aus 50 Ländern Ende Mai 2022 in die niedersächsische Hauptstadt, um zum 10. Geburtstag der Classical:NEXT viele Vorträge, „Meet ups“, Projektvorstellungen und weitere Treffen bestimmter Szenen und Fachgruppen zu erleben.

Spannend war die Vielfalt der Veranstaltungen: von „Tuning in to curious listeners“, bei dem es um das neue Verhalten des Musikhörens ging (heutzutage hört kaum einer noch eine CD von vorne bis hinten, dafür wird öfter durch Playlists gestöbert) über ein Treffen verschiedener Orchester der Welt und dem allerersten Choir Meet up auf der Classical:NEXT, präsentiert von Sonja Greiner, Generalsekretärin der European Choral Association, bis zu Nina Ruckhaber, freelance Chormanagerin und exzellente Kennerin der deutschen Vocal Pop und Chorszene. Angerissen wurden Themen wie Nachhaltigkeit, Informationsaustausch und der Fokus „The Benefits of Singing“, eine internationale Kampagne, die den Stellenwert des Chorsingens vor der Pandemie beleuchten und seit der Pandemie sogar teilweise… wiederherstellen helfen soll. Anwesend waren Vertreter aus dem Vereinigten Königreich, Kanada, Deutschland, Italien, leider nur wenige aus dem Bereich der professionellen Chöre – eine Sparte, die in vielen Ländern noch zu wenig mit der nebenberuflichen Chorszene verbunden ist. Dies heißt es zukünftig zu verbessern, und dieses „Choir Meet up“ soll hierfür ein schöner Auftakt gewesen sein.

Expo at Classical:NEXT 2022 © Eric van Nieuwland

Es war schön zu merken, dass die Classical:NEXT, ein unabdingbarer Termin für etliche CD-Labels, Komponisten, Musikinformationszentren und professionelle Ensembles, nun einen Schritt weiter in Richtung Vokalmusik gemacht hat. Persönlich enttäuscht war ich zu sehen, dass der Name „Classical“ leider im vokalen Bereich mit keinem Konzert vertreten war – und das in einer Stadt wie Hannover, deren Hochschule für Musik, Knabenchor, Mädchenchor und viele weitere hochkarätige Chöre (Norddeutscher Figuralchor, Collegium Vocale Hannover, Junges Vokalensemble Hannover) international tätig und anerkannt sind. Es liegt aber auch an der Chorwelt, sich auf einer solchen wichtigen Messe noch aktiver zu präsentieren. 2023 legt die Classical:NEXT übrigens ein Jahr Pause ein, um sich in einer sog. „Konzeptphase“ über ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes Konzept Gedanken zu machen.

Denn die Classical:NEXT hat großes Potenzial, sich zu einem wichtigen Treffen aller Chorszenen zu entwickeln: professionelle Chöre, semi- oder nicht-professionelle Ensembles sowie Festivals und Veranstalter können sich dort vernetzen und sehr spannende Sessions entdecken. Mehrere Bereiche der Halle waren ausdrücklich dafür vorgesehen, Sitzungen oder Präsentationen mit kleinen Gruppen abzuhalten. Mein letzter Besuch auf der Messe war übrigens eine Session genannt „Epic fails: horrible bosses“. Eine unterhaltsame einstündige Konferenz über die Do’s and Dont’s des Team-Managements (Entschuldigen Sie: Coaching) mit lauter Horrorstories und guten Werkzeugen. Im Team zusammensingen wurde nicht genannt, dabei wissen wir bei der IFCM (und bei der European Choral Association, und bei A Cœur Joie und vielen anderen), dass nichts über einen Gute-Laune-Kanon geht, um eine Sitzung fröhlich und produktiv zu starten. In diesem Sinne: Mango Mango, Mango Mango…

 

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Classical:NEXT Award Show © Eric van Nieuwland

Ehemalige IFCM-Mitarbeiterin María Catalina Prieto empfängt den Classical:NEXT Innovation Award des Orquesta Filarmónica de Medellin

María Catalina Prieto, ehemalige IFCM-Mitarbeiterin und Weltjugendchorsängerin, war ebenfalls auf der Classical:NEXT anwesend. Sie ist Executive Director des Philharmonischen Orchesters in Medellín (Kolumbien). Dieses Orchester ist nicht staatlich, sondern eine NGO. Nachdem es in den letzten Jahren zwei Latin Grammys gewann, wurde dem Klangkörper nun für sein außergewöhnliches Managementkonzept und seine erfolgreiche Vermittlungsarbeit ein Innovation Award verliehen, ausgewählt unter 20 innovativen Projekten aus allen Musiksparten und aus aller Welt. Herzlichen Glückwunsch!