Chorleiterausbildung in aller Welt

CHORLEITERAUSBILDUNG IN AFRIKA

Yveline Damas, Chorleiterin

African Youth Choir, WSCM 2014,
Seoul, Rep. Korea

Zustandsbeschreibung

Hinsichtlich der Chorleiterausbildung zeigt uns Afrika zwei Gesichter. Der akademisch-musikalische Unterricht ist im öffentlichen und privaten Unterichtssystem der anglophonen Länder (Hochschule, Konservatorium, Fakultäten, Institute) gut verankert mit Ausbildungsgängen, die eine Spezialisierung in Chorleitung anbieten. Dagegen fehlt in der Mehrzahl der frankophonen Länder der Subsahara auffallenderweise ein akademischer Ausbildungsgang, trotz der hohen Anzahl an Chören. In dieser Hinsicht stellt die Initiative Chefs des Choeurs sans frontières (Chorleiter ohne Grenzen) eine unschätzbare Unterstützung dar.

Das Profil der Chorleiter

Auf der Grundlage der Tatsache, dass die meisten Chöre Kirchenchöre sind, lassen sich bei den Chorleitern zwei Profile unterscheiden:

  • diejenigen, die einen akademisch-musikalischen Lehrgang absolviert haben, gefolgt von einer Spezialisierung in Richtung Chorleitung;
  • diejenigen, die einen akademischen Lehrgang in Musikerziehung (Musiklehrer) oder in Instrumentalpraxis absolviert haben und die sich dann autodidaktisch über Praktika oder kurze Lehrgänge (Solfège, Chorleitung, Harmonielehre) auf lokaler oder internationaler Ebene (Praktika, Festivals, etc.) weitergebildet haben;
  • diejenigen, die sich – ohne akademische Ausbildung – als Autodidakten über Praktika oder Lehrgänge weitergebildet haben und, nach einer vorausgehenden, mehr oder weniger langen Praxis als Chorsänger, aus Leidenschaft oder Notwendigkeit zur Chorleitung getrieben wurden.
Die Initiativen

Im Senegal

  • Die Journées Chorales (Chortage) (2004, 2005, 2006, 2007), organisiert von Emmanuel Noisette, mit Meisterklassen unter der Leitung renommierter Chorleiter mit Unterstützung des französischen Kulturzentrums.
  • Das Festival Les Chœurs A l’Unisson (CAL’U – Festival der Chöre im Unisono) (2011, 2012, 2013 et 2017) mit Workshops zur Chorleitung, durchgeführt von erfahrenen Chorleitern.
  • Die jährlichen Lehrgänge der Coordination Nationale des Chorales liturgiques du Sénégal(Nationale Koordination der liturgischen Chöre im Senegal) – eine Woche: Liturgie, Solfège, Harmonie, Gestik.
  • Die Sessions intensives estivales de l’École Nationale des Arts (Sommerintensivkurse der Nationalen Kunstakademie) – zehn Tage: Theorie, Intonation; Partiturstudium; Gesang.

In der Demokratischen Republik Kongo

  • Workshops für Gesang und Chorleitung, angeboten von der Fédération Congolaise de Musique Chorale (FCMC – Kongolesischer Verband für Chormusik).
  • Einführungsveranstaltungen von Ambroise Kua-Nzambi Toko mit der Académie Africaine de Musique Chorale (Afrikanische Akademie für Chormusik) und, seit 2020, mit dem Institut Facultaire de Musique (IFM), das unter anderem einen akademischen Ausbildungsgang für Chorgesang und Chorleitung (System LMD) anbietet.

Im Togo

  • Ein Lehrgang organisiert vom Ministerium zusammen mit YMCA (Verein christlicher junger Männer), im Jahr 1996.
  • Workshops für Chorleitung in Lomé in Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut, in den Jahren 1997 und 1998.
  • Workshops im Rahmen von Festivals in mehreren Städten mit Sylvain Gameti und der Association Togolaise des Compositeurs de Musique Chorale (ATCMCAssoziation der Chorkomponisten in Togo) seit 2016.
Chefs de Chœurs sans Frontières (Chorleiter ohne Grenzen) in  Afrika

Drie Hauptziele:

  • den teilnehmenden Chorleitern im Praktikum Grundlagen des Solfège und der Pädagogik beibringen;
  • in Chorleitung ausbilden;
  • Entdeckung und Erweiterung des Repertoires.

Chorleiter ohne Grenzen ist seit 2007 in Afrika aktiv. Die Finanzierung wurde zunächst unterstützt von lokalen Verbänden, individuellen Beiträgen, von  A Cœur Joie International und von kulturellen Diensten der französischen Botschaften im frankophonen Gebiet der afrikanischen Subsahara: RDC (Demokratische Republik Kongo),Togo, Elfenbeinküste, Gabun, Senegal, Benin, Kamerun. Seit 2014 die IFCM an der Finanzierung beteiligt ist, wurde es möglich, die Aktion zu erweitern und die Aktivitäten auch auf die anglophonen Länder auszuweiten: Ghana, Nigeria, Kenia.

Die Herausforderungen
  • Wachsende Notwendigkeit, die aufstrebenden Chöre zu unterstützen: Stadtteile, Schulen, Universitäten und Unternehmen.
  • Gewachsene Anforderung an die technische Kompetenz aufgrund der erforderlichen Öffnung gegenüber dem modernen, zeitgenössischem Repertoire und dem globalen Netzwerk.
  • Weiterentwicklung der Aufgabenstellung eines Chorleiters auf technischer, verwaltungstechnischer, werbetechnischer, sozialer und technologischer Ebene.
  • Professionalisierung des Berufs mit Kursen und Auffinden neuer Berufsmöglichkeiten.

Yveline DAMAS, Chorleiterin (Gabun) Mitbegründerin und künstlerische Direktorin der Vokalgruppe  Le Chant sur la Lowé (Der Gesang über die Lowé)), Gabun. Gründungsmitglied des  Mouvement Afrikiyo! (Bewegung Afrikiyo!) für die Musik und den Chorgesang in Afrika. Präsidentin der Confédération Africaine de Musique Chorale (CAMC-ACCM – Afrikanische Konföderation für Chormusik). Auf ihre Anregung hin und mit ihrer Unterstützung wurde der Chœur Africain des Jeunes (Afrikanischer Jugendchor) ins Leben gerufen, in dem junge Chorsänger mehrerer  afrikanischer Nationen singen. Yveline Damas ist eine der Vice-Präsidenten der IFCM und von A Cœur Joie International. E-Mail: yvelinedamas@yahoo.fr

Übersetzt aus dem Französischen von Manuela Meyer, Deutschland

 

CHORLEITERAUSBILDUNG IN ASIEN

Ko Matsushita

Asia Pacific Youth Choir, WSCM 2014, Seoul, Rep. Korea

Als Ko Matsushita gefragt wurde, über das Thema „Ausbildung für Chorleiter in Asien“ zu schreiben, fand er, dass Asien so groß ist und es so viele Länder hat, dass man nicht über eine „asiatische“ Chorleiterbildung zu berichten. Deshalb hat er vorgeschlagen, seine eigene Methode hier vorzustellen (cf. seinen Artikel).

Außerdem hat er einen kurzen Bericht über den derzeitigen Stand in einer Reihe von bei der Chormusik führenden Ländern geschrieben, der hier folgt.

Malaysia

Es gibt keine Dirigierausbildung an den Universitäten oder Musik-Colleges. Nur eine Handvoll Universitäten und Colleges bieten Dirigieren einsemestrig an. Wer also Chorleitung lernen möchte, muss sich nach privaten Lehrern umsehen. Hier kommen vor allem Dirigierlehrer, die ihren Abschluss in Übersee gemacht haben, in Frage.

Die Philippinen

Studenten können Dirigieren an der University of the Philippines, der St. Paul University, der University of Santo Tomas, usw. studieren. Dort gibt es viele gute Lehrkräfte.

Taiwan

Die Katholische Universität Fu-Jen, die Nationale Taiwanische Normaluniversität, die Nationale Sun-Yat-sen-Universität und mehrere andere Universitäten bieten Doktoranden- oder Masterstudiengänge für Chorleitung an. Darüber hinaus bietet das Taipei International Choral Festival jeden Sommer einen einwöchigen Meisterkurs für Chorleitung und einen Grundkurs an.

Singapur

Es gibt kein kurrikulares Dirigierstudium an den Hochschulen und Universitäten. Die meisten Dirigierkurse und -workshops werden von Mitgliedern der lokalen Chorwelt angeboten. Das London College of Music bietet Prüfungen für Chordirigenten auf Diplomniveau an (Associates, Licentiates, Fellowship). Die Singapore Federation for Choral Music and Konzert Pte Ltd hat in den vergangenen zehn Jahren Kandidaten für diese Prüfung betreut und vorbereitet.

Hongkong

Die Chinese University of HK Bachelor/MA bietet Dirigierkurse an, und die HK Baptist University DMus bietet die Möglichkeit, Dirigierkurse als Hauptfach zu belegen.

Indonesien

Keine Universität oder Hochschule bietet ein Studium oder einen Abschluss in Dirigieren an.  An zwei Universitäten bieten die Fachbereiche für Musikpädagogik ein Semester lang Dirigierkurse und Chorliteratur als Wahlfächer an. Dirigenten erlernen das Dirigieren in Workshops, die jährlich von der Foundation of Choral Music Development angeboten werden, sowie durch individuelle Choraktivitäten. Diejenigen, die ein Dirigierstudium anstreben, gehen ins Ausland.

Thailand

gibt es kein Chorleitungsprogramm. Frau Pawasut Jodi Piriyapongrat bietet Chorleitung jedoch als Teil des Musikpädagogik-Studiums an der Chulalongkorn-Universität auf Grund- und Masterebene an. Auch an der Mahidol-Universität wird Chorleitung als Wahlfach auf Master-Ebene angeboten.

Japan

Einige Musikhochschulen bieten das Fach Chordirigieren an, aber es gibt nur sehr wenige davon. Viele, die Chordirigieren studieren möchten, gehen daher zu einem Privatlehrer oder ins Ausland, um dort zu studieren.

Es gibt viele Workshops zum Thema Chordirigieren, die von privater Seite organisiert werden, wie zum Beispiel von meiner Schule, der Young Choral Academy.

Übersetzt aus dem Englischen von Stefan Schuck, Deutschland

Prof. Ko Matsushita ist Komponist und Chordirigent. 1962 in Tokio geboren und aufgewachsen, ist Matsushita Chordirigent und künstlerischer Leiter von 15 Chören, welche oft eingeladen werden, um nicht nur in Japan, sondern auf der ganzen Welt aufzutreten. Sie haben auch exzellente Konzerte in Chorkreisen gegeben und Preise bei internationalen Wettbewerben gewonnen. Matsushita ist ein produktiver und erfolgreicher Komponist und Arrangeur. Seine Werke werden auf der ganzen Welt aufgeführt. Seine Kompositionen haben verschiedene Stile, darunter Werke, die auf traditioneller japanischer Musik basieren, Messen, Motetten, Etüden für Chor, etc. Sein Werk wurde umfassend publiziert in Japan, Europa und den USA, unter anderem bei Edition KAWAI Tokyo, Edition ICOT Tokyo, Carus-Verlag Stuttgart, SULASOL Helsinki. 2005 wurde Matsushita mit dem “Robert Edler Preis für Chormusik” ausgezeichnet. Erst 2019 hielt er den Eröffnungsvortrag beim Internationalen Kodály Symposium (Kuching, Malaysia). Er ist aktuell Hauptgeschäftsführer der International Choral Organization von Tokio, musikalischer Direktor des Internationalen Chor-Festivals in Karuizawa, des Internationalen Chorwettbewerbs in Tokio und des Japanischen Internationalen Chorkompositionswettbewerbs, Ehrenmitglied des Nationalen Verbandes Italienischer Chorleiter, Gründungsmitglied des Asiatischen Chorverbandes, Mitglied des Welt-Chorrates. Des Weiteren ist er Gastprofessor am Kobe College. https://komatsushita.com/en/

 

CHORLEITERAUSBILDUNG IN EUROPA

Benjamin Hartmann

EuroChoir 2018

Musikhochschulen

Traditionell bieten die Musikhochschulen (und einige Universitäten) eine formale Ausbildung in Chorleitung an. Gab es früher lediglich Studiengänge in Schulmusik, Kirchenmusik oder Orchesterdirigieren, in denen Chorleitung als Bei- oder Nebenfach studiert werden konnte, so hat sich inzwischen das Chordirigieren als eigene künstlerische Disziplin etabliert. In Bachelor-, Master- und teilweise auch Meisterklassen-Studiengängen kann man alles lernen, was zum chorleiterischen Handwerkszeug gehört: Schlagtechnik, Probenmethodik, Repertoire, Musiktheorie und Gehörbildung, Klavier und Gesang – zunehmend auch Themen wie Stimmphysiologie, Alte und Neue Musik, vokale Improvisation, Umgang mit jungen und alten Stimmen usw. Die Ausbildung ist breit gefächert, spielt sich aber oft im geschützten Kosmos einer Hochschule ab, was die praktischen Aufführungsmöglichkeiten limitiert. Studierende der Chorleitung haben in der Regel Einzelunterricht im Hauptfach Chorleitung, Gesangsunterricht, Unterrichte in den diversen weiteren Fächern sowie Unterricht vor dem Ensemble, wo sie einen Studiochor dirigieren und in der Probenarbeit angeleitet werden (Dirigierpraktikum bzw. Übungschor). Vielfach singen Studierende der Chorleitung in den Hochschulchören oder -kammerchören und übernehmen auch Proben und Dirigate bei den Hochschulensembles.  

Austauschprogramme

Durch die Vernetzung in Programmen wie ERASMUS+ kann man ein deutlich breiteres Bild der europäischen Chorlandschaft erhalten. Man lernt so das musikalische Idiom einer anderen Kultur kennen, andere Herangehensweisen an Chorarbeit in anderen Ländern und erweitert seine Repertoirekenntnisse. Auslandserfahrungen in den baltischen und skandinavischen Ländern sind bei Studierenden sehr beliebt, da diese Regionen über eine besonders aktive und vielfältige Chorlandschaft verfügen.

Meisterkurse

Weitere Praxiserfahrungen kann man im Rahmen von Weiterbildungen und Meisterkursen machen. Der Vorteil ist, dass man so Zugang zu guten, teilweise renommierten Chören erhält und deren Arbeitsweisen und Niveau kennenlernt. Chorverbände bieten oft Weiterbildungen oder Chorleitungskurse an, die sich an angehende oder praktizierende Schul- oder Kirchenmusiker wenden. Die in der Kursarbeit gewonnenen neuen Impulse können sie dann unmittelbar in ihren Schul- oder Kirchenchören erproben. Chordirigent:innen machen ihre ersten Erfahrungen mit professionellen Stimmen auch oft im Rahmen von Meisterkursen. Der Leiter oder die Leiterin des Meisterkurses kann sie dann für die besonderen Bedürfnisse professioneller Chorarbeit sensibilisieren. Ein intensiver Meisterkurs schult die eigene Dirigiertechnik, Methodik und Gehör in kürzester Zeit.

Forum Dirigieren und Akademien bei Rundfunkchören

Während angehende Chordirigent:innen meist mit Laiensänger:innen arbeiten, gibt es eine wachsende Zahl von Initiativen, die ihnen auch Erfahrungen mit semi-professionellen oder professionellen Stimmen ermöglicht: In Deutschland hat sich das Forum Dirigieren (früher: Dirigentenforum) des Deutschen Musikrats als Fördermaßnahme einen Namen gemacht. Einzelne Rundfunkchöre bieten im Rahmen ihrer Akademien auch Förderungen für junge Chordirigent:innen an, die so den Alltag eines Rundfunkchores kennenlernen, erste Einstudierungserfahrungen sammeln und z. B. dem Chefdirigent assistieren dürfen. Es ist sehr zu begrüßen, dass immer mehr Hochschulen sich mit professionellen Ensembles vernetzen oder eigene Profi-Ensembles anstellen, um ihre Chorleitungsausbildung auf ein höheres Niveau zu heben.

Benjamin Hartmann ist ein deutscher, auf Vokalmusik spezialisierter Dirigent. Er erhielt seine Ausbildung als Sänger, Pianist, Musikpädagoge und Chorleiter in Leipzig, Yale, Stockholm und Cambridge und lebt jetzt in Stuttgart und Salzburg, wo er kürzlich zum künstlerischen Leiter des Bachchors Salzburg ernannt wurde. Er dirigiert sein eigenes Ensemble Verum Audium sowie den Maulbronner Kammerchor an der Weltkulturerbestätte des Klosters Maulbronn. Benjamin hat u.a. mit dem Schwedischen Rundfunkchor, dem RIAS Kammerchor und den Rundfunkchören des BR, MDR und WDR sowie dem Kammerchor Stuttgart, der Gaechinger Kantorey, Capella Amsterdam und dem Kammerchor Helsinki zusammengearbeitet. Er passioniert sich für neue Konzertformate der Vokalmusik und Chorleiterbildung. E-Mail: info@bpch.de

 

CHORLEITERAUSBILDUNG IN LATEINAMERIKA

Ana Patricia Carbajal Córdova

Conductors Without Borders, Caracas, Venezuela

Wenn ich einem guten Chor zuhörte, fragte ich oft danach, wo der Chorleiter seine Ausbildung gemacht hatte, und die Antworten darauf waren sehr unterschiedlich. Auch wenn nicht alle Chorleiter ein Studium für Chorleitung absolviert haben, haben sie doch dieses gemeinsam: die Leidenschaft und Hingabe dafür.

Die nach dem Austausch mit verschiedenen Chorleitern Lateinamerikas recherchierten Daten zeigen, dass ein Abschluss mit dem Diplom zur Chorleitung als solcher nicht in allen lateinamerikanischen Ländern existiert, dass man in einigen Ländern das Musikstudium mit dem Diplom der Spezialisierung auf Chorleitung abschließen kann und das Diplom in Chorleitung als einziges Berufsziel nur in sehr wenigen Ländern angeboten wird.

Im Folgenden möchte ich meine im Laufe von mehreren Monaten gesammelten Forschungsergebnisse weitergeben: Das Instituto Superior de Arte von Havanna bietet den Diplomabschluss in Chorleitung an, in Argentinien gibt es mehrere Universitäten, an denen man diesen Abschluss machen kann, sowie auch an den Universitäten in Chile, Brasilien, Costa Rica und Venezuela, in Mexiko gibt es diesen Abschluss an den Konservatorien, aber nicht an der Universität, wir sind jedoch dabei, einen solchen Diplomabschluss an der Universidad Nacional Autónoma de México (UNAM) einzuführen. Es gibt Seminare, die von verschiedenen staatlichen und privaten Einrichtungen organisiert werden, die jedoch nicht weiterführend sind und – da die Studenten ein unterschiedliches Niveau haben – an denen die Behandlung von Themen und einem Repertoire fehlen, die einem hohen Niveau entsprechen.

Es ist dringend notwendig, dass sich unsere Einrichtungen für die Schaffung eines beruflichen Studiums der Chorleitung öffnen, auch wenn die Ausbildung zum Chorleiter bekanntlich nicht ausschließlich von einer Berufsausbildung abhängt; es ist jedoch offensichtlich, dass wir damit eine feste Grundlage schaffen, auf der wir die Chormusik  unseres Kontinents in eine bessere Zukunft führen können.

Übersetzt aus dem Spanischen von Sybille Walter, Deutschland

Ana Patricia Carbajal Córdova ist Chorleiterin und Kulturförderin in Mexico City. 1989 gründete sie das Vokalensemble Voce in Tempore und 1997 den Verein Voce in Tempore Association zur Förderung und Verbreitung professioneller Chormusik in Mexiko. Seit 1997 fördert und richtet EnCantada aus, eine musikalische Rundfunksendung von Opus 94 des Mexikanischen Rundfunks. Sie hat einen Master in kultureller Leitung und Förderung und unterrichtet an der Musikfakultät der UNAM (Nationale Universität von Mexiko), wo sie auch Chorprogramme koordiniert. Sie leitet den Einführungsworkshop Tsiris und koordiniert das Encuentro Coral Infantil (Kinderchortreffen) an der LaSalle-Universität. Ebenfalls koordiniert sie das Chorprogramm des internationalen Festivals der Universitätschöre. Sie vertritt Mittelamerika und die Karibik im Vorstand der Internationalen Föderation für Chormusik (IFCM). Sie wird regelmäßig eingeladen als Vortragende oder Moderatorin bei Festivals und Chorateliers. www.voceintempore.org

Übersetzt von Jutta Tagger, Frankreich

 

CHORLEITERAUSBILDUNG IN VEREINIGTEN STAATEN

Christopher Haywood und Jo-Michael Scheibe

EXPO, WSCM 2014, Seoul, Rep. Korea

In den Vereinigten Staaten kann der niedrigste Universitätsgrad in Chorleitung auf mehreren möglichen Studienwegen erreicht werden.

Für den Bachelor in Musikerziehung (BME) mit Schwerpunkt auf Chor oder Stimme sind mindestens zwei Semester Dirigieren erforderlich. Der BME bereitet Studierende darauf vor, Musik in öffentlichen oder privaten Schulen auf Elementar- oder Sekundarebene zu unterrichten, schließt Methodikkurse für die pädagogischen Bedürfnisse zukünftiger LehrerInnen ein und bietet den Studierenden Gelegenheit, während eines Semesters vor dem Abschluss in betreuten Probensituationen zu dirigieren.

Der Bachelor in Vokalmusik beinhaltet vokale Fertigkeiten und das Kern-Musikkurrikulum, die an der jeweiligen Universität oder dem College gefordert werden, einschließlich eines Semesters mit Chordirigieren oder den Grundlagen des Dirigierens. Der Bachelor of Arts in Choral Music, den größere Musikfakultäten anbieten, ermöglicht den Studierenden umfangreiche Chorstudien – Chorleitung, Chorentwicklung, Arrangieren für Chor, Aussprache – in Zusammenhang mit ihrer allgemeinen Ausbildung.

Im Allgemeinen enthält das Grundstudium in Zusammenhang mit Chormusik ein bis vier Semester Dirigieren. Eine begrenzte Anzahl an Institutionen bietet private Dirigierausbildung im Grundstudium an. Häufig geht es in den Erstsemesterkursen um Dirigiergesten, die sowohl für Chor als auch für Instrumentalensembles geeignet sind, während in weiteren Semestern der Schwerpunkt auf der chorspezifischen Gestensprache liegt.

Im Sommer gibt es Gelegenheiten von Chorworkshops bis zum Grad des Masters in Musik. In Chorworkshops wird Tonbildung, die Vorbereitung großer Werke und Chorleitung gelehrt. Diese Workshops dienen als Ressource für ChorleiterInnen mit unterschiedlichen Fähigkeiten, die sich ein Forum wünschen, in dem sie ihre Technik und Methodik verbessern können. Das Choral Journal der American Choral Directors Association veröffentlicht Sommerkurse, die während des ganzen Jahres in den Vereinigten Staaten und weltweit angeboten werden

Für ChorleiterInnen, die während des regulären akademischen Jahres an Schulen, Kirchen oder anderen Einrichtungen angestellt sind, aber ihr akademisches Studium der Chormusik abschließen möchten, bieten einige Institutionen in den Vereinigten Staaten Residenzprogramme im Sommer an. Diese Aufbauprogramme konzentrieren die Kursarbeit zu kurzen, intensiven Zeitabschnitten, deren Abschluss der Master ist.

Für ein Aufbaustudium der Chorleitung in den Vereinigten Staaten könnte eher die Bevorzugung eines Lehrers oder einer Lehrerin oder einer Stilrichtung gegenüber der einer Institution entscheidend sein. Alle Universitäten begrenzen die Aufnahme in das Masterprogramm. Der MM in Chormusik und Chorleitung bietet fortgeschrittenes Studium der Technik der Chorleitung; jedoch sind laufende Kurse zur Chorliteratur unter den Institutionen nicht abgestimmt..

Das für Chorleitung am häufigsten erstrebte Abschlussexamen ist der Doctor of Musical Arts. Die Dauer der DMA –Programme variiert von zwei bis fünf Jahren, abhängig von den curricularen Anforderungen der jeweiligen Institution. Die Anforderungen in Chorliteratur reichen von einem bis zu vier Semestern und beinhalten Kompositionsstile, Liturgiepraxis und Weltmusik. Nur wenige Institutionen bieten einen MM oder DMA. in Kirchenmusik an, aber diese Curricula verbinden eine ähnliche Abfolge der Chorleitung mit intensiverer Analyse des geistlichen Repertoire-Kanons.

Die DMA.-Programme sowohl in Chormusik als auch in Chorleitung bieten das Studium der Gesten sowohl in der Umgebung des Hörsaals als auch private Unterweisung. DoktorandInnen können der konzentrierten Exploration von Techniken der Chorleitung bis zu drei Jahre widmen. Dazu gehören Dirigieraufträge, die Leitung von Übungschören und ein oder mehrere Aufführungsprojekte. Zusätzlich enthält das Kern-Curriculum der Chorleitung häufig Komponenten des orchestralen und instrumentalen Dirigierens.

Das Aufbaustudium der Chormusik wird ergänzt durch pädagogische Kenntnisse von Vokaltechnik, Aussprache und Stimmbildung. Dieses Wissensgebiet mag in Verbindung mit Kenntnissen in vokaler Kunst stehen oder Teil eines gemeinsamen Kerngebiets für die Abschlussprüfung sein. Mehrere Institutionen erwarten von DoktorandInnen, dass sie das Studium in einem oder mehreren Ergänzungsfächern abschließen, zum Beispiel in Musikwissenschaft, Musiktheorie, Kirchenmusik, Alte Musik, Orchesterleitung oder Musikerziehung.

Diversität und Breite der Zuwege sind kennzeichnend für das Studium der Chorleitung in den Vereinigten Staaten. Der Fokus der Programme hängt von den Prioritäten der jeweiligen Institutionen und Fakultäten ab. Diese Methodenvielfalt bietet ChormusikerInnen eine Fülle von Wegen zur Selbstfindung und Entwicklung; Anforderungen für die Kurse und Erwartungen an die Abschlüsse können oft online gefunden werden. Für internationale Studierende, für die Englisch Zweitsprache ist, verlangen Institutionen in den Vereinigten Staaten im Tertiabereich das Bestehen des Tests of English as a Foreign Language (TOEFL). Die Autoren diese Artikels freuen sich auf Kontakte mit interessierten Personen, die zusätzliche Informationen wünschen.

Übersetzt aus dem Englischen von Lore Auerbach, Deutschland

Jo-Michael Scheibe war von 2008-2020 Dekan der Fakultät für Chor- und Kirchenmusik an der USC Thornton School of Music und lehrt und dirigiert dort weiterhin als hauptamtlicher Professor. Er war Nationaler Präsident der American Choral Directors Association (ACDA) (2011-2013), Präsident der Western Division (1991-1993) und Vorsitzender des Ausschusses für nationales Repertoire und Standards der Community Colleges (1980-1989). Er ist Präsidiumsmitglied der International Federation for Choral Music (IFCM) und arbeitet mit im Planungskomitee für die 2023 World Expo in Portugal. Von ihm geleitete Ensembles haben bei sieben nationalen ACDA Conventions, zwei nationalen Conventions der National Association für Musikerziehung, der Nationalen Konferenz der National Collegiate Choral Organization und dem World Choral Symposium 2014 in Seoul, Süd Korea gesungen. E-Mail: JScheibe@usc.edu

Dr. Christopher D. Haygood arbeitet zur Zeit als Interimsdirektor der Choral Studies an der Michael and Anne Greenwood School of Music of Oklahoma State University. Christopher hat Chöre in den ganzen Vereinigten Staaten, Europa, Asien, Australien und Neuseeland geleitet. Er hat Chöre vorbereitet für die Zusammenarbeit mit Helmuth Rilling, The Tonight Show und Jennifer Hudson. Christopher tritt als Gastredner auf zu Themen wie Theorien zur Intelligenz und Probenstrategie, Studentische Führung in Proben und zu Spezialthemen der Chorliteratur. Seine Veröffentlichungen erscheinen im International Bulletin of Choral Music, der Teaching Music through Performance in Choir Serie und Choral Conducting Companion. Christopher erhielt 2018 die First Lady of OSU Distinguished Music Professor Auszeichnung. Er erwarb den DMA in Chormusik an der USC Thornton School of Music. E-Mail: christopher.haygood@okstate.edu