Wahl des Kritikers…2
Die Australian Voices (Warner Classics 0825646548606)
Gordon Hamilton, Dirigent
Von David Swinson Dirigent, Organist und musikalischer Leiter des Trinity Knabenchors, London
Die Australian Voices sind weltweit bereits seit 20 Jahren aktiv, aber ihr jüngstes YouTube Phänomen Toy Story 3 = Awesome! The Facebook Song brachte ihnen viele neue und hingebungsvolle Anhänger. Diese Vorzeigeaufnahme zeigt ein vielseitiges Repertoire, und es fällt leicht, die Technik und den Identitätssinn des Chores zu bewundern. Im Herzen ihrer Arbeit steht ihr ausgeprägtes kulturelles Erbe, das im fesselnden ersten Stück sofort offensichtlich wird: Kalkadunga Yurdu. Sowohl Text als auch Musik stammen von William Barton, und der Chorleiter Gordon Hamilton hat gemeinsam mit ihm an diesem Arrangement gearbeitet, vermutlich, um bei der Kreation der beeindruckenden Vokalimitationen des Didgeridoo und der außergewöhnlichen vokalen Obertöne zu helfen. Das kraftvollste und bewegendste Werk ist für mich We Apologise von Robert Davidson. Diese elektro-akustische Bearbeitung der Entschuldigung aus dem Jahre 2008 des früheren Australischen Premierministers Kevin Rudd bei den Aborigines für die vergangenen Misshandlungen basiert auf der Aufnahme der Rede: Das originale Audio wurde 250fach verlangsamt; die Sänger imitierten dies, und ihre Version wurde aufgenommen und kontinuierlich im doppelten Tempo wiederholt, bis die Originalstimme Rudds in Echtzeit erscheint. Es ist akustisch sowohl erstaunlich als auch wunderschön. Ebenso mochte ich Hamiltons eigene Kompositionen, vor allem jene aus dem Musiktheaterstück MOON, das mit großem Erfolg beim Edinburgh Fringe 2012 aufgeführt wurde. Hamilton versteht sehr gut für Stimmen zu schreiben, aber er verlangt auch viel von den Sängern: bildschöne Cluster sind perfekt ausbalanciert, jede Stimme erfordert einen großen Stimmumfang, und die Stimme wird nicht nur zur Artikulation von Text, sondern auch zur Klangfarbenproduktion eingesetzt. Sein ‘Facebook Song’ ist die letzte Nummer und kann am besten mit „Konfekt“ umschrieben werden; aber ohne Zweifel bildet es den perfekten Abschluss für ein Konzert und nur ein Grantler würde an seiner Einleitung mit Peter Clarks achtstimmigem atonalen Pessoa Chorus 1 herumkritteln. Viele Hörer werden diesen Track weiterschalten, aber Hamilton steht zu der Einführung dieses effektvollen Satzes des exzentrischen Pessoa-Textes, und er ist durchaus ein wiederholtes Anhören wert. Neben diesen virtuosen zeitgenössischen Werken steht eine kleine Zahl Chor-“Stapelware”, inklusive Rachmaninows Bogoroditse Devo. Die vorliegende CD, 2012 bei Warner Classics veröffentlicht, ist eine Zusammenstellung diverser Aufnahmen an verschiedenen Orten, sodass ein Track vom nächsten stark abweichen kann. Das ist eine Schande, weil der Gesang durchgängig exzellent und der Repertoirewert sehr hoch ist. Australischer Chorgesang ist wirklich erwachsen geworden.
David Swinson war Leitender Chorsänger am Magdalen College der Universität Oxford, bevor er Klavier und Orgel am Royal College of Music und dann Musik als Orgelschüler des Jesus College/Cambridge studierte. Musikalische Auszeichnungen jener Zeit umfassten fünf College-Preise, ein Stipendium der Countess of Munster Musikstiftung und seine Mitgliedschaft beim Royal College of Organists. Seit seinem Abschluss hat David eine große Karriere als Lehrer, Dirigent und Organist gemacht. Als Organist hat er Konzerte in Europa und den USA gegeben, und als Dirigent hat er mit dem Bournemouth Symphony Orchestra, der Bournemouth Sinfonietta und den London Mozart Players gearbeitet. David war Musikdirektor an der Trinity Schule/Croydon und ist seit 2001 Direktor des Trinity Knabenchores und hat mehrere Fernsehauftritte und Aufnahmen mit ihm absolviert. Email: djs@trinity.croydon.sch.uk
Übersetzt aus dem Englischen von Brigitte Riskowski, Deutschland