Die Auswahl des Kritikers: DaCapo Chamber Choir und Glee
Von Jonathan Slawson, Journalist
ShadowLand
DaCapo Chamber Choir
ShadowLand verwendet wirkungsvoll verschiedene poetische Fragmente, um einen eindringlichen musikalischen Ausblick auf die Ewigkeit zu präsentieren. Die Stücke stellen der Reihe nach eine gut pointierte, dichte Story dar. Das scheinbare Patchwork-Konzept (das fünf verschiedene kanadische und amerikanische Komponisten des 20. Jahrhunderts einschließt) wird über die ganze CD bruchlos beibehalten.
DaCapo beginnt mit Leonard Enns I Saw Eternity. Mit dem Text aus Henry Vaughans The World wird der Hörer sofort in ein überwältigendes ätherisches Klangbad getaucht. Auf brillante Weise kreiert Enn eine unterschwellige sehnsuchtsvolle Dissonanz. Am Schluss kommt es zu einem atemberaubenden Effekt, der zu schauriger, gedankenvoller Unruhe führt. Danach geht es direkt weiter mit Eric Whitacres beliebtem Stück When David Heard. Für die Sänger ist dies alles andere als einfach; DaCapo bringt unsagbares Leid zum Ausdruck, ohne viel an Musikalität zu opfern. Die kleinen Fehler beim Halten der Töne, vor allem im Sopran, kann man leicht nachsehen, weil geschickt eine mächtige, übergreifende Stimmung erzeugt wird.
Mein Lieblingsstück dieser Einspielung (und mit Sicherheit das musikalisch perfekteste) ist Moonset von Enns. Diese bemerkenswerte Vertonung hat etwas Zauberhaftes und Großartiges und einen Vorwärtsdrang, der den Hörer geschickt durch die Geschichte führt. Dann geht es weiter mit einer etwas simplen Fassung von The searching sings von R. Murray Schafer. Die CD endet mit einem schönen Arrangement von Enns This amazing day und O ignis spiritus von Imant Raminish zu einem Text von Hildegard von Bingen.
Man könnte sich vielleicht wünschen, dass der Begleittext weniger esoterisch formuliert wäre. Es ist sicher schwierig, aber auf jeden Fall nötig, Begleittexte zu formulieren, die nicht nur die Anhänger der Chormusik anregen, sondern auch für den musikalischen Laien ansprechend sind. Abgesehen davon muss man aber sagen, dass DaCapo eine musikalische Glanznummer ist. Sie sollten diese Aufnahme auf jeden Fall in Ihre Wunschliste für Chormusik aufnehmen.
Der DaCapo Chamber Choir wurde 1998 von Chorleiter Leonard Enns in Waterloo, Ontario, gegründet. Der Chor widmet sich der Aufführung von a cappella Musik, hauptsächlich des 20. Jahrhunderts und später, mit besonderem Akzent auf kanadischem Repertoire. Seine erste, von der Kritik begeistert aufgenommene CD STILL brachte der Chor 2004 heraus. Shadowland ist DaCapos zweite Einspielung. Sie erhielt 2010 den National Choral Recording Award (Choreinspielungspreis) des kanadischen Chorverbands.
Weitere Informationen unter www.dacapochamberchoir.ca
Die Music Volume Three – Showstoppers
Glee
Wenn mir jemand vor einem Jahr gesagt hätte, dass eine für Highschool-Schüler gedachte Fernsehshow den Schwerpunkt auf a cappella Musik setzt, hätte ich ihn für verrückt erklärt. Zum Glück für die Unterhaltungsindustrie bin ich kein Fernsehproduzent sondern Musikkritiker. Die relativ neue Fernsehhitparade Glee präsentiert auf dem Bildschirm Choraufführungen populärer Musik.
Der Pilotversuch ging in Amerika 2009 auf Sendung und wurde hoch gelobt. Mittlerweile bestreitet die Show ihre dritte erfolgreiche Saison. Glee war maßgeblich daran beteiligt, dass a cappella Musik vor allem bei Highschool-Musikprogrammen so beliebt wurde. Die Show schließt für Jugendliche zentrale Themen (wie Sex, Drogen, Beziehungen etc….) in ein Bildschirm-Musical ein. Schon die erste Saison wurde für 19 Emmy Awards, 14 Golden Globe Awards und weitere nominiert.
Die CD Glee: The Music Volume 3 macht unglaublich süchtig. Sie fällt in meiner Sammlung ansonsten traditioneller Chormusik aus dem Rahmen, spielt aber für die Förderung und Wertschätzung der Chormusik in unserer Gesellschaft eine wichtige Rolle. Glee hat die spürbare elitäre Barriere der Chormusik erfolgreich durchbrochen und sie für den musikalischen Laien zugänglich und interessant gemacht.
Die CD enthält Hits wie Richies Hello, Gagas Poker Face und Bad Romance, Perrys Beautiful sowie viele andere Songs, die unsere aktuelle gesellschaftliche Popkultur prägen. Obwohl der Akzent auf a cappella Musik liegt, enthält sie andere musikalische Soundtracks, die die Gefühlspalette erweitern. Die Musik ist bearbeitet, mit mancherlei Soundmix und Korrekturen der Tonhöhe.
Das hinter Glee stehende kreative Team hat mehr erreicht als die bloße Produktion einer Fernsehshow. Es hat eine Frage beantwortet, die sich Musikerzieher seit Jahren weltweit stellen: wie kann ich meine Schüler an die Musik heranführen? Wie kann ich sie am besten in den Unterricht einbeziehen? Um unsere Schüler zu erreichen, müssen wir erst einmal ihre Welt erreichen. Wir müssen zeigen, dass eine Verbindung besteht zwischen der Musik im Klassenraum und der Musik, die sie außerhalb der Schule hören. Diese Verbindung zeigt, dass die Musik im Klassenraum etwas zu bedeuten hat. Bruchlos, entspannt und unterhaltsam verbindet Glee populäre Musik mit Chormusik. Glee ist ihre Welt. Wenn Sie nicht schon “Gleek” geworden sind, sollten sie schleunigst auf den fahrenden Zug springen. Ihre Schüler werden es zu schätzen wissen.
Jonathan Slawson erwarb seinen Bachelor of Music am Westminster Choir College (USA) und studiert momentan in einem Masterstudiengang Nonprofit Management. Seine beruflichen Interessen liegen in der Kunsterziehung, der Politik und im Management. Er ist Berater der Entwicklungsabteilung für die Bravo Lincoln Center Kampagne, die Hauptkampagne zur Erlangung der nötigen Gelder für die Sanierung des Lincoln Center (New York). Davor war er für die Leitung des Lincoln Centers und dessen Beziehungen zur Bevölkerung verantwortlich. Daneben hat er für Disney’s und In Tune Monthly geschrieben, arbeitete als Herausgeber des Lehrerführers bei New World Stages (Stage Entertainment) und an einem Theater. Er unterrichtete Musik an der Maureen M. Welch Grundschule, am New Jersey Performing Arts Center und am Stagestruck Performing Arts Center. Jonathan Slawson ist Mitglied des Akademierats der Blair Academy of Governors und erhielt 2009 den Preis des Präsidenten des Westminster Choir College, die höchste Auszeichnung der Universität.
Wenn Sie daran interessiert sind, dem International Choral Bulletin eine CD zur Kritik vorzuschlagen, wenden Sie sich bitte an Jonathan Slawson über jonathan.ryan.slawson@gmail.com
Aus dem Englischen übersetzt von Reinhard Kissler, Deutschland