Editorial
In diesem Jahr begehen wir den vierhundertsten Todestag von Carlo Gesualdo, Prinz von Venosa (1566 -1613), besser bekannt als Gesualdo da Venosa, herausragender Komponist von Madrigalen und geistlicher Musik. Auf eine ganz besondere und exzentrische Weise sind seine Werke charakteristisch für das Musikleben seiner Zeit; sein Stil, originell und experimentierfreudig, zeigt, wie er sich auf etwas Neues in der Geschichte der Musik hinbewegt: die Oper
Carlo Gesualdo entstammte einer Adelsfamilie, die Lehnsländereien auf den Gebieten von Gesualdo und Venosa besaß. Seine Mutter Geronima war die Schwester des (späteren Heiligen) Karl Borromäus. Der junge Carlo studierte bei den Jesuiten in Neapel und bewies eine besondere Begabung für die Musik; er war mit 19 Jahren bereits ein fähiger Musiker und wurde bekannt durch seine Madrigale, die originelle Züge trugen, obwohl sie im Stil von Monteverdi gehalten waren.
1586 heiratete er seine Kusine Maria D’Avalos, die als die schönste Frau in Neapel galt und vier Jahre älter war als er. Sie verliebte sich später in Fabrizio Carafa, Herzog von Andria, und wurde seine Geliebte. Das Jahr 1590 wurde zum dramatischen Wendepunkt in Gesualdos Leben: am 10. Oktober wurden die beiden Liebenden in flagranti ertappt und dann brutal ermordet. Carlo flüchtete für eine Weile auf das unerreichbare Schloss der Gesualdos, zog dann nach Ferrara, wo er im Februar 1594 Eleonora d’Este heiratete. Carlo blieb einige Jahre in Ferrara, wo er das fünfstimmige ‚Dritte und Vierte Madrigalbuch‘ komponierte. Dann entschloss er sich, nach Neapel zurück zu kehren, und zog sich endgültig auf das Schloss der Gesualdos zurück, weil er immer noch die Rache der Familien Avalos und Carafa fürchtete.
Einsamkeit, Schuld und Buße waren die Inspiration für eine intensive kompositorische Tätigkeit. Seine Seiten sind voller Melancholie und intimer Qual, und diese Periode war auf musikalischer und kultureller Ebene gewiss die fruchtbarste. Das Schloss wurde von herausragenden Intellektuellen besucht, unter anderen von Torquato Tasso und Giovanni Battista Marino. Die drei Sammlungen geistlicher Musik und das ‚Fünfte und sechste Madrigalbuch‘, die zu dieser Zeit komponiert wurden, sind sehr wichtige Werke.
Selbst die Themenwahl steht im Gegensatz zur arkadischen Metaphorik und den Dichtungen von Petrarch, der damals sehr beliebt war. Carlo Gesualdo verwendete Texte von Zeitgenossen wie Tasso und Marino, und in seinen Schriften zeigte er seine Gefühle und Erfahrungen: liebende Trauer in ihren verschiedenen Facetten und der Gedanke an den Tod. Der Stil wird charakterisiert durch abrupte Stimmungswechsel und eine intensive emotionale Energie und überrascht durch die Originalität und Moderne bestimmter harmonischer Lösungen.
Empfohlene Partitur:
O Vos Omnes (aus ‘Responsoria Sabbato Sancto’)
Partitur: http://goo.gl/dLgu8
YouTube: http://goo.gl/uqfnW
Übersetzt aus dem Englischen von Lore Auerbach, Deutschland
Edited by Gillian Forlivesi Heywood, Italy