Umweltschutz und Klimawandel: Denkanstöße für Verbände, Chöre und Sänger

Flannery Ryan, Kulturmanagerin, Deutschland/USA

2016, 2020, 2019, 2015, 2017, 2018, 2014, 2010, 2013 und 2005. Das sind die Top 10 der wärmsten Jahre, die jemals auf der Erde aufgezeichnet wurden, laut dem neuesten Bericht der US National Oceanic and Atmospheric Administration. Wenn man die steigende Anzahl von Überschwemmungen, Stürmen, Bränden, Insektensterben und anderen Naturkatastrophen auf der Erde bedenkt, ist es kein Wunder, dass die Welt im Jahr 2019 von den Fridays for Future-Demonstrationen und vielen anderen Aktivitäten im Sturm erobert wurde, die für eine Veränderung der Art und Weise werben, wie wir leben, konsumieren und die Welt behandeln, auf der wir leben.

Angesichts all dieser Ereignisse müssen auch wir als Chorsänger, Organisationen und (inter)nationale Chorfestivalmanager einen Schritt zurücktreten und darüber nachdenken, wie wir unsere Proben, Reisen und Veranstaltungen verbessern können. Im Jahr 2019 hat die European Choral Association, auf deren Ideen dieser Artikel basiert, diesen Prozess begonnen, aber noch nicht abgeschlossen. Keiner ist perfekt und kennt alle Antworten. Dieser Artikel kann also keine offizielle Position anbieten, sondern möchte einige Denkanstöße geben und kann helfen, die Diskussion in der Chorszene vorzubereiten: Welchen Fragen müssen sich die Verbände stellen? Was sind die möglichen Folgen neuer Maßnahmen? Welche Informationsquellen können für die Diskussion hilfreich sein?

Ideen für Einzelpersonen und Chöre
Wenn ein Thema so global ist, bekommen wir als Einzelne manchmal das Gefühl, dass wir nicht viel tun können, um der Umwelt zu helfen. Aber wie Greta Thunberg gezeigt hat, braucht es nur eine Person, die ihre Stimme erhebt, und wir als Sängerinnen und Sänger wissen definitiv, wie wir unsere Stimme einsetzen können! Warum also nicht die Gemeinschaft unserer Chöre und das kreative Umfeld unserer Konzerte nutzen, um die Stimme zu erheben und das Bewusstsein zu schärfen? Es gibt bereits ein großes Repertoire an Liedern, die in einem Konzert verwendet werden können (siehe die ICB-Liste hier). Warum machen Sie nicht einen Ihrer nächsten Auftritte zu einem Benefizkonzert und spenden die Einnahmen an eine Organisation die hilft, unsere Erde zu schützen? Oder wenn Sie sich noch mehr engagieren möchten, könnte Ihr Chor sogar in Erwägung ziehen, an einer “Fridays for Future”-Demonstration teilzunehmen und ein paar Lieder vorzubereiten, die Sie dann dort singen könnten?

Nachhaltigkeit kann aber auch im Proberaum beginnen. Können wir den Energieverbrauch in unserem Proberaum minimieren? Können wir wiederverwendbare Flaschen oder Kaffeebecher in der Probe (Pausen) verwenden? Wenn wir Essen zu den Proben mitbringen, können wir etwas zu Hause vorbereiten, anstatt vor den Proben einen vorgefertigten, in Plastik verpackten Snack im Supermarkt zu holen? Wenn wir an den nächsten Chorausflug denken, gibt es eine Möglichkeit, die Reise per Bahn oder Bus zu planen? Sind wir bereit, auf Chorreisen in Länder, die nur mit dem Flugzeug zu erreichen sind, ganz zu verzichten? Sind all diese Ziele mit den allgemeinen Zielen unseres Chores und von uns selbst vereinbar?

Ideen für Verbände und (inter)nationale Festivals
Chöre und Einzelpersonen können Veränderungen fordern und selbst einige Änderungen vornehmen, aber Verbände und Festivalleiter haben eine wachsende Verantwortung, über diese Themen nachzudenken und Änderungen an ihren Programmen vorzunehmen. Festivals, Wettbewerbe und andere große Chorveranstaltungen sind Orte, an denen viele Menschen zusammenkommen und eine große Menge an Abfall erzeugen sowie eine Menge Energie, Lebensmittel, Getränke und viele andere Produkte verbrauchen. Hier sind einige Bereiche, in denen Änderungen vorgenommen werden könnten:

Catering: Können wir auf die Verwendung von Plastikgeschirr, -besteck, -strohhalmen usw. verzichten? Können wir auf die Verwendung von einzeln verpackten Lebensmitteln und Süßigkeiten verzichten? Könnten wir das Catering bitten, mehr vegetarische/flexitarische Optionen anzubieten? Oder sogar die Dinge umdrehen und die vegetarische Option als Standard anbieten und Fleisch nur auf Wunsch auf dem Anmeldeformular? Könnten wir mehr darauf achten, nur regionale Produkte zu verwenden? Gibt es eine mögliche Lösung, nicht benötigte Lebensmittel weiterzugeben? Können wir Wasserbrunnen an den Rändern aufstellen und die Leute bitten, ihre wiederverwendbaren Flaschen dort aufzufüllen?

Veranstaltungsorte und Ausstellungen: Können wir bei der Auswahl unserer Veranstaltungsorte und Räume mehr auf umweltfreundliche Aspekte achten (energiesparende Klimaanlagen, Licht- und Tonaspekte usw.)? Recherchieren Sie sorgfältig Ihre Optionen: Ist eine App mit hohem Energieverbrauch wirklich besser als eine Papierversion des Programm- oder Liederbuchs? Können wir den Ausstellern auf unserer Messe vorschlagen, Plastik oder Gimmicks aus Plastik zu reduzieren und sie bitten, unser Anliegen zu unterstützen? Können wir die Menge an Büromaterialien, die wir bei unserer täglichen Arbeit benötigen, reduzieren? Können wir Schlüsselbänder, Banner, Roll-Ups, Taschen, Mappen etc. für Veranstaltungen, die regelmäßig stattfinden, wiederverwenden und so ohne Jahreszahl oder Datum bedrucken?

Transport und Aktivwerden: Können wir bei unseren Veranstaltungen kostenlose öffentliche Verkehrsmittel anbieten oder die Teilnehmer ermutigen, mit umweltfreundlichen Transportmöglichkeiten anzureisen? Könnten wir die Teilnehmer ermutigen, Ausgleichsgebühren für CO2-Emissionen zu zahlen? Wenn wir als Manager im Vorfeld zu den Veranstaltungsorten reisen, könnten wir etwas mehr Zeit für die Fahrten einplanen, um mit der Bahn oder in Fahrgemeinschaften anzureisen? Könnte das Festival selbst Umweltbelange unterstützen, entweder finanziell oder mit der künstlerischen Auswahl von Konzerten oder Festivalthemen? 

Abschließende Worte
Wissenschaftler sagen, dass wir nur noch wenige Jahre haben, bevor wir die Schwelle zur gefährlichen und unumkehrbaren globalen Erwärmung überschreiten. Aber die gute Nachricht ist: Wir haben noch die Chance! Und wir können alle unseren Teil dazu beitragen, den Schlag zu mildern. Ich habe Hoffnung in uns als Gesellschaft und Hoffnung in die Chorszene, die schon immer eine Versammlung von Teamplayern war. Lasst uns unsere Stimmen und unsere Taten erheben!

Das Original-Handout, auf dem dieser Artikel basiert, ist eine Co-Zusammenstellung von Sonja Greiner, Alfred Jürgens ( beide vom ECA-EC-Büro, Bonn) und Flannery Ryan und ist unter http://bit.ly/ECA-green-HB

Flannery Ryan ist eine deutsch-amerikanische Kulturmanagerin, die in Deutschland lebt. Ihre Ehrenämter sind u.a. Vorstandsmitglied der European Choral Association – Europa Cantat, Beauftragte für europäische Themen bei der Deutschen Chorjugend und Mitglied der Arbeitsgruppe „Europapolitik” beim Deutschen Bundesjugendring, wo sie kürzlich an einem Positionspapier zu den Richtlinien des Europäischen Parlaments zu „Green Erasmus+” mitarbeitete. Hauptberuflich ist sie Projektmanagerin bei INTERKULTUR und Teamkoordinatorin für den World Choir Council. In ihrer Freizeit singt sie als Sopranistin in verschiedenen nationalen und internationalen Chören, wie dem REVOICE -International Vocal Ensemble oder dem Gesangs- und Tanzensemble CHOREOS.

Übersetzt aus dem Englischen von Ulrich Dannenbaum, Deutschland