Regionalbüro von IFCM für Lateinamerika, Ausschuss Chorentwicklung in Lateinamerika, 2017-2020
Cristian Grases, Vorsitz, Choral and Sacred Music Department University of Southern California. Los Angeles, USA, Scheidender IFCM Vizepräsident für Lateinamerika
Der Ausschuss Chorentwicklung in Lateinamerika wurde 2017 gegründet, nachdem ich zum Vizepräsidenten der IFCM für Lateinamerika ernannt worden war. Hauptzweck und Aufgabe ist es, die Entwicklung der Chormusik in den Regionen Lateinamerikas zu unterstützen, wo diese nur schwach vertreten ist. Der Ausschuss konzentriert sich auf die Hilfe bei der Gründung und Entwicklung pädagogischer Strukturen und Verbänden für ChorleiterInnen und Lehrende, der Gründung von Gesangsgruppen und die Schaffung von Berufsverbänden. Natürlich braucht es eine gewisse Zeit, bis dies erreicht sein wird. Zu diesem Zweck wurde die Arbeit des Ausschusses systematisch in Phasen eingeteilt.
Schwerpunkt der ersten Phase war die Schaffung einer Arbeitsstruktur für Gesamtlateinamerika. Der Kontinent wurde in fünf Regionen aufgeteilt mit jeweils einer verantwortlichen Person für die Koordination. Dieses sind die fünf Regionen:
Norte y Centroamérica (Nord- und Zentralamerika)
Länder: Mexiko, Guatemala, El Salvador, Belize, Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama.
Koordinatorin: Ana Patricia Carbajal (Mexiko
El Caribe (Die Karibik)
Länder: Kuba, Puerto Rico, Dominikanische Republik, Haiti, Jamaika, die Bahamas und die kleinen Antillen
Koordinatorin: Maibel Troia (Venezuela/USA)
Brazil
Land: Brasilien
Koordinator: Eduardo Nóbrega (Brasilien)
Norte de Los Andes (Nordanden)
Länder: Venezuela, Kolumbien, Ekuador, Peru, Bolivien, Guyana, Surinam und Französisch Guyana
Koordinatorin: María Fernanda Pereda (Venezuela)
Cono Sur (Südkegel)
Länder: Argentinien, Chile, Uruguay, Paraguay
Koordinator: Oscar Escalada (Argentinien)
Die zweite Phase, die gegenwärtig läuft, besteht darin, in jedem Land Programme und Verbände zu identifizieren, die gut funktionieren und als Ausgangspunkt und Modell für andere Länder dienen können. Der Ausschuss war besonders daran interessiert, Berufsverbände, Universitäten, Musikhochschulen und Musikschulen mit Chorleiterausbildung zu finden, sowie gemeinnützige Vereine, die regelmäßig Chorleitungsateliers veranstalten, und Chororganisationen und Ensembles (jeglichen Alters und aller Stimmen). Parallel dazu sollen in der dritten Phase in allen fünf Regionen Orte identifiziert werden, die Hilfe bei ihrer Entwicklung brauchen, und koordinierte Bemühungen in die Wege zu leiten, um eine selbsttragende Plattform zu schaffen, eventuell basierend auf einem in der zweiten Phase gefundenen Modell.
In der Region Norte y Centroamérica fanden wir in vier Ländern einebedeutende Choraktivität. In Costa Rica leitet Angela María Cordero ihr Ensemble Coro de Cámara Sura und David Ramírez El Café Chorale; das Land hat auch einen Berufsverband namens ADICOR. Costa Rica ist auch dabei, die erste ausländische Sektion der American Choral Directors Association zu etablieren. Guatemalas bedeutendstes Chorprojekt ist CORODEMIA, geleitet von Fernando Archila und Julio Edgar Julián, sowie eine Reihe von Chören und Jahresprojekten im ganzen Land. In Mexiko spielt die Organisation Voce In Tempore eine führende Rolle mit ihren Chorleitungs-Masterclasses und Ateliers, Chorfestivals, der nationalen und internationalen Zusammenarbeit und einem aktiven Konzertprogramm. Voce In Tempore produziert ebenfalls ein wöchentliches Radioprogramm und eine Chorzeitschrift. Die Organisation steht unter der Leitung von Ana Patricia Carbajal, die kürzlich ins Präsidium der IFCM gewählt wurde. Und Panama hat die Asociación Música Viva als Berufsverband des Landes sowie zwei herausragende Chorensembles, Coro Polifónico de Panamá unter Leitung von Electra Castillo und Música Viva unter Leitung von Jorge Ledezma Bradley. Was die Ausbildung angeht, so ist Costa Rica das einzige Land, das zurzeit einen Chorleitungskursus hat, und zwar an der Universidad Nacional de Costa Rica.
Die Region El Caribe ist äußerst aktiv, vor allem in Kuba und Puerto Rico. Beide Länder haben eine beträchtliche Anzahl von Chören, zum Teil von sehr hohem künstlerischem Niveau. Für Kuba sind Digna Guerra, María Felicia Pérez und Alina Orraca zu erwähnen. Kuba ist auch eines der wenigen Länder mit einem Berufsverband namens Programa Nacional de Desarrollo Coral (Nationales Chorentwicklungsprogramm), geleitet von Digna Guerra. In Puerto Rico gibt es eine große Anzahl von Chören, die zu Universitäten, Musikhochschulen und Musikschulen gehören. Alejandro Tapia Santiago, Guarionex Morales Matos, Carmen Acevedo Lucio und Joamel González Soto gehören zu den führenden Personen. In beiden Ländern gibt eine Reihe von Chorleitungsprogrammen. Jamaika, die Bahamas und die Dominikanische Republik sind ebenfalls wichtige Länder. Die Chöre in Jamaika sind zumeist an religiöse Institutionen gebunden, in den Bahamas und der Dominikanischen Republik sind es eher Gemeindechöre. In Haiti gibt es eine kleine Anzahl von Kirchenchören. Das Land besitzt ein landesweites System von Orchestern und Chören unter der Schirmherrschaft des Nationalen Instituts für Musik in Haiti (INAMUH). Wir fanden auch Chorleitungsprogramme auf Jamaika, den Bahamas und in Haiti.
Brasilien ist ein so großes Land, das wir beschlossen, die regionale Aufteilung des Instituto Brasileiro de Geografia e Estatística, IBGE (Brasilianisches Institut für Geografie und Statistik) zu übernehmen.
Regionen in Brasilien
- Zentralwestliche Region: die Staaten Goiás, Mato Grosso, Mato Grosso del Sur und die Distrikthauptstadt
- Nordöstliche Region: die Staaten Piauí, Maranhão, Ceará, Rio Grande do Norte, Paraíba, Pernambuco, Alagoas, Sergipe und Bahia
- Nördliche Region: die Staaten Acre, Amapá, Amazonas, Pará, Rondônia und Tocantins
- Südöstliche Region: die Staaten Espírito Santo, Minas Gerais, Río de Janeiro und São Paulo
- Südliche Region: die Staaten Paraná, Río Grande do Sul und Santa Catarina
Die Nordöstliche Region meldet eine große Anzahl von Chorensembles in ihrem Gebiet. Mehr Arbeit ist noch erforderlich, um die Chorszene in den anderen Regionen zu erforschen. Es gibt Berichte über Festivals in der Nordöstlichen, Südöstlichen und der Südlichen Region. Das vielleicht größte Festival ist das Festival Paraibano de Coros (FEPAC), koordiniert von Eduardo Nóbrega in João Pessoa, das ich im November 2019 besuchte. Weitere führende Personen im Land sind Izak Lucena, Giselle Cruz, Sergio Sansão, Roberto Fabri, Eduardo Lakschevitz und David Junker. Brasilien hat auch kürzlich die Nova Associação Brasileira de Regentes de Coros – ABRACO (Neuer Brasilianischer Chorleitungsverband) wiedererweckt, unter Leitung von Vladimir Silva. Was Ausbildungsprogramme angeht, so scheint es keine Chorleitungsdiplome zu geben. Einige Musikerziehungsprogramme enthalten jedoch Chorleitungseinheiten oder -kurse.
Die Region Norte de Los Andes ist ungeheuer aktiv, was Chormusik betrifft. Bolivien, Kolumbien, Ekuador und Venezuela haben viele Chorensembles. Peru und Surinam haben auch einige führende Ensembles. Zu den führenden Personen der Region gehören, um nur einige zu nennen, María Teresa Guillén, Sandra Rodrígues, María Beatríz Girado und Felipe Martínez in Kolumbien; Wilfredo Tarazona und César Araujo in Peru; Patricio Aizaga in Ekuador; José Lanza Salazar in Bolivien; und María Guinand, Alberto Grau, Ana María Raga, María Fernanda Pereda, Lourdes Sánchez und Cesar Alejandro Carrillo in Venezuela. Kolumbiens nationaler Chorverband ist der einzige bekannte in der Region. Venezuela hat jedoch die sehr lebendige Federación de Coros del Táchira, das ist ein regionaler Verband im westlichen Landesteil. El Sistema, mit seinem nationalen Netzwerk von Chören und Orchestern, Fundación Aequalis und Fundación Schola Cantorum de Venezuela sind seit vielen Jahrzehnten landesweit führend. Was die Ausbildung angeht, so gibt es Grundstudienprogramme in Bolivien, Kolumbien, Surinam und zahleiche Programme in Venezuela. Außerdem ist Venezuela das einzige Land der Region, das einen Masters-Kursus anbietet. Weiterhin gibt es eine große Anzahl von Festivals in der Region, wobei Kolumbien und Venezuela die höchste Anzahl vorweisen.
Schlussendlich ist in der Region Cono Sur Argentinien weiterhin das aktivste Land mit einer großen Anzahl von Chören, die im ganzen Land zu finden sind. Ensembles wie Estudio Coral de Buenos Aires, geleitet von Carlos López Puccio, Grupo de Canto Coral unter der Leitung von Néstor Andrenacci, Estudio Coral Meridies, geleitet von Virginia Bono, und Coro de la Universidad del Cuyo unter Silvana Vallesi gehören zu den führenden Chören des Landes. Die OFADAC, Organización Federada Argentina de Actividades Corales, unter Führung von Alejandro Scarpetta, ist die größte Schirmorganisation, deren Mitglieder Berufsverbände des Landes sind. Gerade haben sie den dritten argentinischen Chorkongress in der Stadt Tandil veranstaltet. Daneben gibt es den nationalen professionellen Chorleiterverband ADICORA, Asociación de Directores de Coro de la República Argentina, geleitet von Maximiliano Mancuso. Der Verband Asociación Arturo Beruti in der Provinz San Juan, unter der Führung von María Elina Mayorga, veranstaltet San Juan Canta, eins der größten Festivals des Landes; und Oscar Escalada ist weiterhin die treibende Kraft für America Cantat mit Festivals auf dem gesamten Kontinent. In Uruguay leitet Raúl Montero die Asociación Coral del Uruguay ACORDELUR. Und in Chile schließlich gibt es eine Reihe von Chorgruppen und Chorverbänden, wie zum Beispiel den Verband Coros de Chile oder Crecer Cantando, geleitet von Victor Alarcón, und das Patagonische Festival.
Die obigen Informationen sind eine kurze Zusammenfassung eines langen und ständig ergänztem Berichts über die Region, die jetzt in den Händen von María Guinand, neu gewählte IFCM Vizepräsidentin für Lateinamerika, und Ana Patricia Carbaja liegt, die das regionale Büro der IFCM für Lateinamerika leitet. Der Bericht steht allen Mitgliedern der IFCM zur Verfügung. Sehr viel mehr Forschung ist notwendig, um die Chorszene unserer Region zu erfassen und wirksame Entwicklungsstrategien zu entwickeln, basierend auf Programmen der IFCM wie Chorleiter ohne Grenzen. Falls Sie daran interessiert sind, Teil dieser Bemühungen zu sein, dann zögern Sie bitte nicht, sich mit den führenden Personen unserer Region in Verbindung zu treten. Es ist meine Hoffnung, dass wir zusammen die Chorszene in Lateinamerika erweitern, insbesondere in den weniger entwickelten Teilen des Kontinents.
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Jutta Tagger, Franreich