IMC - Fünf Musikrechte
Ein chorisches Unterfangen, der Musik zuliebe
von Davide Grosso, IMC Projektmanager
Im September 2019 trafen sich Repräsentanten des weltweiten Musik-“Ökosystems“ in Paris zum 6. IMC Welt-Musikforum, um gemeinsam den 70. Geburtstag des Internationalen Musikrates (IMC) zu feiern. Das Forum lief unter dem Thema „Gib mir fünf! Fünf Musikrechte in Aktion“, getreu dem Beschluss eines Mottos für einen Fahrplan aller Mitgliedsorganisationen, der bei der 36. Generalversammlung in 2015 in Marokko gefasst wurde. Auch die Wahl des Tagungsortes Paris war kein Zufall, nachdem der Internationale Musikrat im Jahr 1949 unter der Schirmherrschaft der UNESCO hier in der Ville Lumière seine ersten Schritte unternommen hatte.
Die Idee war damals, eine unabhängige Organisation zu gründen, die den gesamten Musiksektor zusammenbringen sollte, um nachhaltige Musikbereiche weltweit zu entwickeln, um das Bewusstsein für den Wert der Musik zu stärken, um eine Stimme für die Musik zu sein, um die Musik in allen gesellschaftlichen Bereichen zu verankern und um grundlegende Musikrechte in allen Ländern zu etablieren.
Die Fünf Musikrechte sind die Kernwerte des IMC, und sie inspirieren jegliche Aktion, die die Organisation selbst und ihre Mitgliedsverbände für den Musiksektor unternehmen. Gleichzeitig initiieren sie Tausende von Projekten und dienen als fundamentale Basis für Fürspracheaktionen weltweit.
Die Fünf Musik-Rechte sind stark verwurzelt in einer Reihe internationaler Konventionen wie z.B. die Universale Erklärung der Menschenrechte (1948), besonders in den Artikeln 22, 23 und 27, der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (1966) und die Kinderrechts-konvention (1989), da diese grundsätzlich erklären, dass das Vermögen, sich auszudrücken, zu lernen sowie der Zugang und die Teilhabe am und das Beisteuern zum kulturellen Leben ohne Diskriminierung zu den grundlegenden Menschenrechten gehören.
Der aktuelle Wortlaut der Fünf Musik-Rechte wurde offiziell von der Generalversammlung 2001 in Tokio verabschiedet, doch die enthaltene Botschaft war bereits in der DNA des IMC seit seiner Gründung verankert. Sie kann bereits auf der ersten Seite der IMC-Statuten gefunden werden, die am 28. Januar 1949 in Paris verabschiedet wurde.
In ihrer langen Geschichte haben der IMC und seine Mitglieder in vielfältiger Weise zum Fortschritt dieser Rechte beigetragen: sei es mit Projekten wie dem Internationalen Komponistenpodium oder dem Afrikanischen Musikentwicklungsprogramm; mit der Gründung spezialisierter Netzwerke wie der Internationalen Gesellschaft für Musikerziehung (ISME) oder des Internationalen Musik- und Medienzentrums (IMZ). Auch trugen sie aktiv bei zu wichtigen Dokumenten und Konventionen wie der Empfehlung zum Status des Künstlers (UNESCO, 1980) und zur Konvention zum Schutz und der Förderung der Vielfalt des kulturellen Ausdrucks (UNESCO, 2005).
Über die IMC und ihr Netzwerk hinaus gibt es tausende Projekte weltweit, die die Fünf Musikrechte vorantreiben. Deshalb werden seit 2009 alle zwei Jahre die IMC Musikrechts-Preise verliehen: an Programme oder Projekte, die in beispielhafter Weise eines oder mehrere der Fünf Musikrechte unterstützen. Der Beitrag der Chorwelt wurde mehrfach hervorgehoben: durch herausragende Projekten wie – neben anderen – Hearts in Harmony (Spanien), das zum Ziel hat, Menschen mit verschiedensten Handicaps zu erreichen, oder die Sozialprojekte des Fayha Choir (Libanon), die sowohl einen „sicheren Hafen“ als auch Zugang zu Musik und Musikerziehung für an den Rand der Gesellschaft gedrängte Flüchtlinge bieten.
2016 ernannte die IMC Arn Chorn-Pond (Kambodscha), Dame Evelyn Glennie (Großbritannien), Ramy Essam (Ägypten) und Tabu Osusa (Kenia) zu Musikrechtschampions, um die Förderung der Fünf Musikrechte zu verstärken und sie einem größeren Publikum bekannter zu machen! Seither haben diese berühmten Persönlichkeiten des Musik-Ökosystems den Bekanntheitsgrad der Musikrechte durch Konzerte, öffentliche Auftritte und Interviews erhöht. Ihre Anwesenheit und ihr Beitrag zum 6. Weltforum der Musik in Paris war daher sehr wichtig, um ihr Engagement nochmals zu bekräftigen.
Im 71. Jahr der Existenz des IMC hat das musikalische Ökosystem diese Rechte nötiger denn je. Und sie sind maßgeblich für die Chorwelt! Denken Sie nur: selbst in den sogenannten fortschrittlichen Ländern haben viele Menschen noch nicht die Freiheit zu singen, Singen zu lernen oder bei musikalischen Aktivitäten dabei zu sein, und viele Künstler haben keinen Zugang zu den benötigten Unterstützungen, die sie für die Weiterentwicklung ihrer Karriere und zum Leben von ihrer Kunst benötigen würden.
Die Chorwelt ist ein unverzichtbarer Teil der IMC-Familie und sie ist sehr gut repräsentiert durch lokale, nationale, regionale und globale Organisationen, die auf der einen Seite die IMC-Werte zu ihren Mitgliedern tragen und auf der anderen Seite demonstrieren, welch ein kraftvolles und relevantes Werkzeug die Ausübung von Chorgesang für das Musik-Ökosystem ist.
Der internationale Musikrat (IMC) ist heutzutage das größte Netzwerk von Organisationen und Institutionen des Musiklebens. Er zählt ca. 150 direkte Mitglieder, die über 1000 Organisationen in etwa 150 Ländern repräsentieren und hat somit das Potential, mehr als 600 Millionen Menschen zu erreichen, die eifrig ihr Wissen und ihre Erfahrungen diverser Aspekte des Musiklebens weiterentwickeln und teilen möchten.
Etwas, das in anderen Worten beschrieben werden kann als ein globales chorisches Unterfangen – der Musik zuliebe.
Als Ethnomusikwissenschaftler und “Fünf-Musikrechte”-Aktivist mit einem starken Hintergrund aus Journalismus und Medien, hat Davide Grosso eine umfangreiche Feldforschung über Musik und Gesellschaft in Indonesien betrieben. Er trat dem Internationalen Musikrat, in dem er für Projektmanagement zuständig ist, im Jahr 2012 bei. Neben anderen Projekten koordiniert er das Internationale Komponistenpodium und seit 2015 dessen „großen Bruder“ Rostrum+. Er editiert die Ausgaben des Newsletters “Music World News” und die Kommunikationskampagnen des IMC. Außerhalb des Büros komponiert er elektronische Musik für eine zeitgenössische Puppentheaterkompanie und schreibt für diverse Magazine und Blogs über Musik und Politik. Email: d.grosso@imc-cim.org
Übersetzt aus dem Englischen von Brigitte Riskowski, Deutschland