Interview mit Johan Geerts
Koordinator von Polyfoon, über die Aufnahmepolitik des Ensemble Polyfoon
Emmanuel Noisette De Crauzat
Direktor von opusChoral
Polyfoon, ein belgisches Vokalensemble unter der Leitung von Lieven Deroo, hat drei Alben aufgenommen: Summa Passionis, Ante et Nunc und Triptic
Sie finden alle Informationen über diese Alben und über Polyfoon auf Ihrer Website unter www.polyfoon.be .
Emmanuel Noisette De Crauzat (ENC): Bitte geben Sie uns ein paar Informationen über den Chor (seine Geschichte, Organisation, Mitgliedschaft usw. ), über seinen Direktor und über die Musik, die der Chor singt.
Johan Geerts (JG): Im Jahr 2009 wurde das Ensemble Polyfoon 10 Jahre alt. Das haben wir mit der Aufnahme unserer dritten CD gefeiert. Diese CD erscheint mit einem Booklet, das alle Highlights unserer ersten Dekade zeigt.
Das Ensemble Polyfoon ist eine Gruppe von ungefähr 24 Sängern, die sich auf alte und neue Polyphonie spezialisiert haben. Unsere Mission ist es, diese a capella Polyphonie zu singen und sie mit anderer Musik oder anderen Kunstformen zu kombinieren.
In originalen Cross-Over-Projekten arbeiten wir zusammen mit Schauspielern, Malern, anderen Sängern (russisch-orthodoxe Musik, einfache Gesänge Gregorianischer Gesang usw.) Popmusikern (K’s Choice) usw.
In jeder Stimme sind sechs Sänger, jeweils unterteilt in höhere und tiefere Stimmen: drei hohe Soprane, drei Mezzosoprane, drei Altstimmen, drei tiefe Altstimmen, drei hohe Tenöre, drei hohe und drei tiefe Baritone und drei tiefe Bässe.
Unser Chorleiter ist Lieven Deroo. Er ist professioneller Sänger und Mitglied in dem einzigen Berufschor Belgiens, dem Flämischen Rundfunkchor. Er ist/war Mitglied einiger bekannter Vokalensembles: Huelgas Ensemble, Capilla Pratensis, Ensemble Psallentes, Currende u.a.
Die Organisation ist denkbar einfach: Lieven ist für die musikalische Leitung verantwortlich, ich bin für die praktische Organisation, für die künstlerische Planung und neue Projekte verantwortlich. Dirk – Bariton und Grafikdesigner – ist für Kommunikation und Werbung zuständig.
Ein Mitglied aus jeder Stimmgruppe (SATB) ist für die Verbindung/Kommunikation zwischen Lieven/mir und den Sängern zuständig.
ENC: Wann haben Sie beschlossen, Aufnahmen mit dem Chor zu machen, und wollten Sie die CDs von Anfang an veröffentlichen?
JG: Unsere erste CD, ’Ante et Nunc’, ist das Ergebnis unserer ersten fünf Konzertjahre. Sie ist ein Überblick über unsere ersten Konzertprogramme, eine Kombination von bekannter und unbekannter, alter und neuer Polyphonie. Der “Hit“ der CD ist ’Miserere Dei’ von Gregorio Allegri.
Wir versuchten, einen kommerziellen Produzenten für diese CD zu finden, fanden aber keinen. Deshalb beschlossen wir, sie selbst zu produzieren und jemanden für den Vertrieb zu finden. Auch das stellte sich als problematisch heraus, und so entschieden wir und am Ende, alles selbst zu machen – und es war ein Riesenerfolg. Wir verkauften fast 5000 Exemplare dieser ersten CD! In einem so kleinen Markt wie dem der klassischen Musik war das ein großer Erfolg!
ENC: Ist der finanzielle Aspekt wichtig für die Aufnahme?
JG: Natürlich ist er das. Zu unseren Stärken gehören das grafische Design und unsere Werbestrategien. Die Booklets und die Hüllen der CDs sind gut gestaltet, immer mit dem Augenmerk darauf, unsere umfassende Mission herauszustellen. Alle unsere Konzertplakate sind auf unserer Website veröffentlicht. Für einige unserer Fans sind sie schon Sammelobjekte geworden.
Einen guten Toningenieur zu engagieren, ein perfektes Aufnahmestudio zu mieten, Mastering, Produzieren und Brennen der CDs, Werbung…. Wenn Sie ein Qualitätsprodukt herausgeben wollen, müssen Sie viel Geld investieren. Wenn Sie eine CD aufgenommen haben, ist Ihre Ware “totes Kapital“. Sie müssen die gesamten Produktionskosten im voraus bezahlen und hoffen, dass die CD ein wirtschaftlicher Erfolg wird.
ENC: Wie organisieren Sie ihre Aufnahmen?
JG: Aufnahmen werden über ein Jahr im voraus geplant, weil alle Sänger und der Chorleiter zweimal im Frühjahr und einmal im Herbst verfügbar sein müssen. Wegen der Winterferien und dem Weihnachtsfest ist es sehr wichtig, eine CD im November herauszubringen.
Unsere letzte Aufnahmephase war im Oktober 2008, die Herausgabe folgte im November 2008. Da nicht jeder Sänger bei jedem Stück mitsingt, ist eine gute Planung unabdinglich, um jegliche Zeitverschwendung zu vermeiden. Ebenso wichtig ist eine gute Finanzplanung! Subventionen von der flämischen Regierung müssen mehrere Monate im voraus beantragt werden.
ENC: Wie entscheiden Sie darüber, welche Stücke Sie aufnehmen?
JG: Das Repertoire ist typisch für Polyfoon. Wie ich schon sagte, versuchen wir immer, neue und alte a capella Stücke zu kombinieren. Es ist einfach so, wie auf unserer letzten Aufnahme. Die Aufnahme ist das Ergebnis eines einjährigen Projekts in den Jahren 2007-2008. ’Tryptic’ war ein Tryptichon mit sechs Konzerten und Musik für Weihnachten, Ostern und Allerheiligen. Die Konzerte waren über ein Jahr verteilt.
Wir sammelten die schönsten und repräsentativsten Stücke aus diesen Konzerten, einschließlich zweier wunderschöner Kompositionen, die von zwei jungen flämischen Komponisten, Willem Ceuleers und Geert D’hollander speziell für uns geschrieben wurden. Auch das ist typisch für Polyfoon: wir beauftragen oft junge Komponisten mit Werken, die im alten polyphonischen Stil arbeiten, oder die Musik schreiben, die einen Bezug zu diesem Stil hat.
Diese Aufnahme ist definitiv eine typische Polyfoon Produktion: eine Kombination alter und neuer Polyphonie.
ENC: Ihr Chor hat mehrere CDs aufgenommen. Glauben Sie, dass sich im Hinblick auf die Arbeit und das Ergebnis eine Entwicklung abzeichnet?
JG: Ja, die erste CD war eine Anthologie unserer ersten fünf Jahre mit Highlights wie dem ’Miserere’ von Allegri. Klang und Ergebnis sind sehr gut, man hört alle unterschiedlichen Qualitäten der Gruppe, aber sie ist noch nicht so ausgereift.
Unsere zweite Veröffentlichung war eine thematische CD mit Musik für die Karwoche und Ostern, eine Kombination aus Gregorianik, alter und neuer Polyphonie. Es ist eine wunderschöne CD, aber die Musik ist nur für eine bestimmte Zeit im Jahr typisch.
Die dritte CD ‘Triptic’ ist ausgereift und enthält beides, bekannte und unbekannte Musik aus früherer und heutiger Zeit. Die Gruppe der Sänger ist jetzt seit mehr als fünf Jahren konstant geblieben. Es ist klar, diese CD ist die erfolgreichste, ein klares Programm mit einer klaren Struktur, das Ergebnis von zehn Jahren harter Arbeit. Der CD beigefügt ist ein Booklet, das die Highlights aus unserer ersten Dekade beschreibt! Es ruft Erinnerungen an all unsere Konzerte, Konzertreisen und Aufnahmen ins Gedächtnis und enthält zudem Bilder, Fankommentare und vieles mehr.
ENC: Was würden Sie bei den nächsten Aufnahmen im Hinblick auf die Organisation ändern wollen?
JG: Nicht viel, Ich denke, es ist wichtig, bekannte und unbekannte Musik zu kombinieren. Neue Musik von zeitgenössischen Komponisten ist ebenso wichtig. Wir glauben, dass wir unseren Hörern etwas zu bieten haben: Ein schönes Booklet, sehr ausführliche Informationen und schöne Kunst. Eine CD ist etwas, das man in Ehren halten sollte, nicht nur für die, die sie gemacht haben, sondern auch für die, die sie kaufen.
ENC: Haben Sie Empfehlungen für andere Chöre?
JG: Wenn das Ensemble Polyfoon erfolgreich ist, dann, weil es seiner Philosophie und seinen Zielen treu geblieben ist.
Jeder weiß, wofür Polyfoon steht! Wir werden nie mit Solisten singen, nie mit Orchestern oder Instrumenten arbeiten. Wir singen a capella Polyphonie aus alter und neuer Zeit auf einem hohen Niveau.
Es gibt viele Chöre, die jede Art von Musik singen: Polyphonie, Barock, Romantik, engen Satz, zeitgenössische Musik… Vor zehn Jahren haben wir beschlossen, a capella Polyphonie zu singen, und wir bleiben dabei, genau das zu tun. Wir kombinieren diese Musik mit anderen Künsten oder anderen Arten von Musik in Cross-Over-Projekten, aber wir werden niemals von unserer Mission Abstand nehmen, unseren Konzertzuhörern und CD-Käufern Qualität in allen Aspekten, ein Konzert zu singen oder eine CD zu produzieren, zu bieten: Repertoire, künstlerische Qualität, Stimm- und Musikqualität, Aufführungsqualität, Veranstaltungsort und Werbematerial. Alles muss von hoher Qualität sein.
Sonst ist man nicht fair zu seinen Sängern, Fans und Zuhörern.
Emmanuel Noisette De Crauzat, Direktor von opusChoral, der online chor-download website www.opuschoral.
Übersetzt aus dem Englischen von Anne Stahl, Deutschland