Das MUSICA International Projekt

“Jetzt volle Interaktivität mit der virtuellen Chor Bibliothek”

 

von Jean Sturm, Geschäftsführer von Musica International

 

Der Zugang zu Informationen über Chorrepertoire hat sich in den letzten 20 Jahren vollständig verändert. Wer hätte sich vor 35 Jahren vorstellen können, als die ersten Datensätze (die jetzige Musica) noch mit Fernschreiber auf einen Minicomputer eingegeben wurden, dass dies schließlich zu einem einzigartigen Informations-Tool für Chormusik wachsen würde, das nun jederzeit für jedermann und überall, sogar auf dem Smartphone, verfügbar ist?

Musica ist ein “Service” der IFCM für die Welt-Chorgemeinschaft, angeboten durch den Musica International Verein, auf Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch. Der Verein wurde im Jahr 1998 von der IFCM und dem Centre d’Art Polyphonique d’Alsace gegründet. Er hat derzeit 36 institutionelle Mitglieder auf der ganzen Welt, und seine Wirkungsweise ist kooperativ. Die Eingabe der Daten obliegt den wichtigsten Akteuren im Chor-Universum: Chor-Verbänden, Komponisten, Verlegern, Dirigenten, Universitäten, Musik-Bibliotheken und anderen.

 

Chordatenbank und Virtuelle Bibliothek

Musicas Aufgabe ist die Entwicklung einer umfassenden kognitiven Datenbank, eine Idee, die bis in das Jahr 1982 zurückreicht. Die Datenbank ist ein Werkzeug für Chormusikforschung und Ausbildung, die von Dirigenten, Musikwissenschaftlern, Musikschulen, Chorverbänden, Händlern und vielen anderen genutzt werden kann. Sie ist auch ideal für Amateurmusiker, die Chorliteratur entdecken und erleben wollen.

Zurzeit enthält Musica Beschreibungen zu über 165.000 Titeln, Biographien von 30.000 Komponisten und Links zu über 2.000 Chormusikverlagen. Musicas Anspruch ist es, die führende virtuelle Bibliothek von Chormusik zu sein, eine Ressource, in der alle nur möglichen Informationen zu einer Partitur gefunden werden können.

Um Vollständigkeit abzudecken, umfasst das Projekt mehrere Ebenen:

  1. Beschreibung der Partitur: Gegliedert in mehr als 100 Kategorien (Komponist, Arrangeur, Verleger, Titel, Genre, Form, Schwierigkeitsgrad, Chorart, Sprache, Instrumentierung, Schlüsselwörte, usw.), mit automatischer Übersetzung. Zudem ermöglichen mehr als 200.000 Multimedialinks ein besseres Verständnis des gewählten Stückes: Abbildungen einer oder mehrerer Seiten der Noten, Volltext, eine Übersetzung in mehrere Sprachen, einen Soundclip und/oder Video einer guten Interpretation, eine Sounddatei mit der Aussprache eines Muttersprachlers, eine Mididatei, externe Links… Musica ist nicht nur ein Werkzeug, um originelle Programme zu gestalten, sondern man kann auch einfach nur die Chormusik genießen.
  2. Die Zuordnung von Chorrepertoire: Werke für Kinderchor, Männer-, Frauen- oder gemischte Chöre, Gregorianik, Traditionelles Liedgut, Bachchoräle, Popmusik, Jazzchor, die klassischen Hits, Opernchöre… all das findet sich glücklich nebeneinander.
  3. Ursprünge der Musik: Durch die Verbreitung des Projekts auf allen Kontinenten wird es zunehmend multikulturell, wobei allem Chor-Erbe gleiche Bedeutung beikommt.

 

Die Website: http://www.musicanet.org

Die gesamte Musica Website ist viersprachig verfügbar. Neben der Datenbank mit ihren unendlichen Suchmöglichkeiten gibt es drei wertvolle Features, wegen derer es sich lohnt, mindestens einmal pro Monat auf die Seite zu gehen:

  • Der (Ch)Ohrwurm des Monats: Jeden Monat wählt ein musikalisches Gremium “das” Werk, dass jeder Dirigent mit auf eine einsame Insel nehmen würde, wenn er nur eines wählen darf! Auf diese Weise wird eine Anthologie von international interessanten Highlights aufgebaut, aus der alle Dirigenten schöpfen dürfen.
  • Das “Auditorium”: Eine alphabetische Liste tausender Chor-Sounddateien und -Videos.
  • Die Jubiläen von Komponisten: Eine Liste von Komponisten, deren runde Geburtstage oder Todestage in den nächsten drei Jahren gefeiert werden. Eine Fundgrube für alle, die lange im Voraus planen.

 

A Musica Session at the University of Strasbourg, with participants from France, Germany, Switzerland
A Musica Session at the University of Strasbourg, with participants from France, Germany, Switzerland

 

Jetzt volle Interaktivität

 Man kann jetzt Musica nicht nur nutzen, sondern sich auch aktiv an ihrer Entwicklung beteiligen.

  • Die Online Musica WIKI fügt jedem Titel einen Freiraum hinzu. Jeder Komponist, Verleger, Dirigent, Musikologe oder Musikliebhaber kann dort Kommentare, Informationen oder Konzertberichte zu seinen ausgewählten Stücken hinterlassen.
  • Hochladen von Mulitmediadateien: Auf der eigenen Festplatte ruhenden Dateien kann nun neues Leben eingehaucht werden – weltweit. Durch Teilen von beispielsweise Werktexten, deren Übersetzungen, Aussprachedateien oder Konzertmitschnitten kann jeder zur kooperativen virtuellen Bibliothek beitragen.
  • Direkte Online-Eingabe von Daten: Jeder kann jetzt zur Bereicherung der Datenbank beitragen. Komponisten können ihre Kompositionen einstellen, Verlage ihre Publikationen und Dirigenten ihre Lieblingsstücke, wenn sie noch nicht vorhanden sind. Dazu kann man eine Software von musicanet.org herunterladen (einfach den Anweisungen auf der Seite folgen). Es gibt noch weitere Möglichkeiten der Dateneingabe, wie z. B. Excel Tabellen. Schreiben Sie an office@musicanet.org.
  • Organisieren Sie ihren eigenen dokumentarischen Bestand innerhalb von Musica: Keine Notwendigkeit, Software zu kaufen oder eine lokale Datenbank zu betreiben! Suchen Sie die entsprechende Karte, die bereits detaillierte Informationen enthält, und fügen Sie ihre persönlichen Daten (Standort der Partitur, …) zu Ihren eigenen privaten Feldern hinzu. Wenn ein Stück noch nicht referenziert ist, erzeugt Ihre Eingabe eine neue in die Datenbank und erweitert so Musica. Eine Win-Win-Situation! Fragen Sie nach unter office@musicanet.org.
  • Netzwerk von Korrespondenten: Wenn Sie interessiert sind, aktiv zu diesem außerordentlichen Abenteuer beizutragen, dass seit über 30 Jahren besteht, und Sie Fähigkeiten mitbringen, die helfen können, Musica weiter zu entwickeln, dann wenden Sie sich bitte an das Koordinationsbüro.

 

Die Musica Workshops

Obwohl jetzt Online-Eingabe möglich ist, organisiert Musica “Arbeitssitzungen”, bei denen jeder Dirigent, Musikwissenschaftler, Komponist, Verleger oder Musik-Bibliothekar willkommen ist. Das sind immer großartige Gelegenheiten, spezialisiertes Chorwissen zu bündeln, die eigenen Kompositionen oder Veröffentlichungen zu optimieren, anwesende Kapazitäten zu nutzen, bestehende Datensätze zu verbessern, Aussprachen aufzunehmen – alles in einer sehr freundlichen und kollegialen Atmosphäre zusammen mit anderen Enthusiasten. Die Arbeit schließt auch Sightseeing nicht aus, oder Schwelgen in der lokalen Küche, im Gegenteil. Eine Liste der kommenden Sitzungen findet sich auf der Website. Musica ist auch auf der Suche nach Menschen, die bereit sind, workshops zu organisieren, um spezifisches Chorrepertoire eines Landes abzudecken.

 

Demondtration of Musica during a conducting workshop in Kinshasa
Demondtration of Musica during a conducting workshop in Kinshasa

 

Uneingeschränkter Privilegierter Vollzugang

Professionelle Nutzer von www.musicanet.org können mehr erhalten, als über den kostenlosen Standardzugang an Dokumentationswissen verfügbar ist.

Musica bietet daher die Möglichkeit eines uneingeschränkten privilegierten Zugangs:

  • Wie jeder gemeinnützige Verein braucht Musica International finanzielle Unterstützung, auch kleine. Wir zeigen unseren Dank, indem Spender einen privilegierten Zugang erhalten.
  • Chor- oder Chorleiter-Verbände, die Mitglied von Musica sind, können global allen ihren Mitgliedern privilegierten Zugang anbieten! Für weitere Informationen kontaktieren Sie das Musica Büro.
  • Das professionelle Abonnement ist speziell für Musik-Bibliotheken Mehr noch: Musica kann Institutionen oder sogar einem ganzen Campus einen globalen privilegierten Zugang bereitstellen mit automatischer Erkennung aller ihrer Computer, ohne die Notwendigkeit, sich einzuloggen. Und es gibt weitere Vorteile für Bibliotheken. Überzeugen Sie Ihre Bibliothek von einem Abonnement und profitieren Sie von deren Vollzugang.

Der Weg zu einer vollständigen Abdeckung des globalen Chorrepertoires ist noch lang. Nutzen Sie, was bereits vorhanden ist. Und vielleicht möchten Sie einen Baustein zum Gebäude beitragen? Je mehr von uns sich an der Entwicklung von Musica beteiligen, desto mehr und desto schneller werden wir die Früchte ernten.

 

Celebrating the 150,000th record of Musica in Bavaria, with participants from Germany, France, Poland, Latvia and USA
Celebrating the 150,000th record of Musica in Bavaria, with participants from Germany, France, Poland, Latvia and USA

 

 

SturmJean

Beruflich gesehen gehörte Jean Sturm immer zwei Welten an, als Wissenschaftler und als ehrenamtlicher Musiker im Dienst der Chormusik. Bis 2011 arbeitete er als Forscher am Centre National de la Recherche Scientifique (Nationales Forschungsinstitut, CNRS). Zugleich war er Leiter des Allegro Vocal Ensembles in Straßburg (bis 2006). Er verband seine Kenntnisse der Informatik und der Informationswissenschaft mit seiner Leidenschaft für Chormusik im Musica Projekt, das unter seiner Leitung entwickelt wurde und seine jetzige Stärke gewann. Jean ist derzeit ehrenamtlicher Geschäftsführer von Musica. Sein Talent als Organisator wurde deutlich, als er im Europäischen Jahr der Musik 1985 eine maßgebliche Rolle beim 9. Europa Cantat Festival spielte, das 4300 Chormusiker aus 33 Ländern in Straßburg begrüßen durfte. Im Jahr 2000 erhielt Jean Sturm für das Musica Projekt ein Preis der  Fondation Alsace (Stiftung Elsass).                                                        E-Mail: jsturm@musicanet.org

 

 

Übersetzt aus dem Englischen von Wolfgang Saus, Deutschland

Edited by Gillian Forlivesi Heywood, Italy