Musiktherapie und afrikanische Musik

Ambroise Kua-Nzambi Toko, Demokratische Republik Kongo
Chorleiter

DIE TRADITIONELLE AFRIKANISCHE MEDIZIN

Die Odyssee dieser althergebrachten Praxis

Die traditionelle afrikanische Medizin, die es schon vor der Ankunft der wissenschaftlichen Medizin des Westens gab, hat seit urdenklichen Zeiten ihren Dienst getan. Sie wird hauptsächlich in ländlichen Gegenden praktiziert und hat immer viele Menschen angezogen, vor allem in Gegenden, die über keine modernen Gesundheitszentren verfügen. Sie behauptet sich von selbst als unentbehrlicher alternativer Ansatz für bestimmte Krankheiten, gegen die sich die moderne Medizin als machtlos erweist (3).
Selbst in der Zeit der Moderne ist die traditionelle afrikanische Medizin vor Ort eine Realität geblieben. Die traditionelle heimische Behandlung ist die erste Anlaufstelle für Menschen, die an Krankheiten leiden, deren Ursprung als unerklärlich oder geheimnisvoll gilt.
Die traditionelle Medizin hilft nach Angaben der WHO fast 80% der Bevölkerung, wird leider jedoch weiterhin vernachlässigt, bekämpft, weder unterstützt noch finanziert.
Gemäß dem volkstümlichen Glauben der afrikanischen Bantous liegt die Heilung in der Natur, in der physischen und geistigen (kosmischen, überlieferten, mystischen) Welt. Man glaubt an die Macht der Riten, aber auch an die der Natur, die in folgenden Dingen enthalten ist:

  • Sand, Stein, Wasser, Feuer, Luft,
  • Salz, Öl, Pulver,
  • Pflanzen, Blättern, Baumrinden, Wurzeln, Früchten,
  • Hitze, Kälte, Wind,
  • Regen, Sonne, Mond,
  • Licht, Gerüchen, Tieren,
  • Darstellungen, Masken, Statuten, Totems,
  • Worten, Klängen, Schreien, Musik, Gesängen, Gebet,
  • Tanz, Trance, im Rhythmus der Schlaginstrumente.

Die Heiler – Eingeweihte und Nichteingeweihte

Die Heilkunde wird in der Regel vererbt, vom Großvater bis zum Urenkel, aber die Kräuterhändler – im spirituellen Sinne Uneingeweihte -, haben die Pflanzen, ihre heilende Eigenschaften, Symptome und Nebenwirkungen studiert.
Zu den Heilern zählen Auserwählte, die in der Tradition stehen, Eingeweihte, Ausgebildete, aber natürlich auch viele Scharlatane, die ihre Macht erkauft haben und Illusionen verkaufen. Schließlich noch diejenigen, die den Beruf in Nachahmung ausüben.
Die Heiler sind entweder echte Gurus, die sich mit Helfern umgeben, oder Personen, die für sich selbst arbeiten, aber auch von Eingeweihten oder Helfern unterstützt werden können. Man nennt sie Heiler, Hexendoktoren, Traditionspraktiker, Traditionstherapeuten, Hellseher, Zauberer, Propheten, Wahrsager, Inspirierte, Wortführer, Sippenchefs (bei den Ne kongos heißen sie Nsadisi, Nganga-Nkisi, Ngunza, Mbikudi, Ma ndona, Ndoki, Mpovi, Mmufu a kanda…)

Von ihrer Stärke zu ihren Schwächen

Die traditionelle afrikanische Medizin, die stark an Glaubensinhalte gebunden und tief in der Kultur der Vorfahren verankert ist, behauptet von sich immer wieder, Allheilmittel zu sein. Aber einige ihrer Mängel, welche vielfältige, oft genug unabsehbare Folgen haben können, sind gut im kollektiven Bewußtsein verankert. Diese Unzulänglichkeiten haben mehrere Ursachen, unter anderem:

• die Tatsache ihrer mündlichen Überlieferung;
• den Mangel an Dokumentationen, welche die Kenntnisse zusammentragen;
• das Fehlen einer Begleitung durch kollektive oder wissenschaftliche Analysen;
• Behandlungsmethoden, die in der Regel weniger ausgefeilt und definiert sind;
• das sehr selektive und sogar egoistische System der Einweihung;
• den geringen Grad an Sicherheit in Bezug auf die genaue Dosierung der Medikamente oder die Durchführung der Behandlung. Die Risiken von groben Fehlern und Überdosierungen sind real;
• ihren beträchtlichen Einfluss auf die Praxis der Selbstmedikation;
• ihren sehr subjektiven und sogar esoterischen Charakter, der sie oft ins Irrationale abgleiten lässt, da die Eingeweihten ein Monopol besitzen.

 

WIE DIE KRANKHEITEN VON AFRIKANISCHEN HEILERN ODER TRADITIONS-THERAPEUTEN GESEHEN WERDEN

Die von der traditionellen Medizin behandelten Störungen und Krankheiten sind vielfältig und unterschiedlich. Das gleiche gilt für die Behandlungsmethoden, die von Sippe zu Sippe, von Ethnie zu Ethnie oder von Volkstamm zu Volksstamm variieren.
Das ist etwa der Fall bei psychischen Erkrankungen bzw. Störungen, bei mystischen Krankheiten, beim unerklärlichen Verlust bestimmter Fähigkeiten (Sicht, Gehör, Gedächtnis), bei sexueller Impotenz, beim Verlust der Männlichkeit, bei weiblicher Unfruchtbarkeit und vielem anderen.
Einige Krankheiten werden von bestimmten Stämmen, die oft mit unterschiedlichen Methoden arbeiten, besonders gut behandelt.
Zu diesen Krankheiten gehören solche, deren Diagnostik und Behandlung mittels spiritueller Methoden erfolgt, z.B. durch Wahrsagung, Zauber, Anrufung der Vorfahren (bankulu) oder der Geister (Mpeve) sowie Anrufungen Gottes, des höchsten Wesens, des Schöpfers, des Unzerstörbaren (Akongo, Nzambi a mpundu bei den Ne Kongos, Nzakomba bei den Mongos, Mvidi mukulu bei den Lubas, Wonia Shongo bei den Otetelas, Imana bei den Ethnien Ruandas und Burundis…).
Dies liegt im wesentlichen am Glauben, dass bestimmte Krankheiten durch Flüche entstehen, durch familiäre Beziehungen, durch Besitztümer, durch Hexenattacken, durch fetischistische Vergeltungsmaßnahmen oder die negativen Folgen der vom Schuldigen begangenen Untaten.
In der schwarzafrikanischen Zivilisation kann man krank werden, weil man Gott, die Geister, die Vorfahren, die Natur, die Gesellschaft oder die heiligen Prinzipien des Gemeinschaftslebens verletzt hat, so Prof. Bingono Bingono, Kryptokommunikationswissenschaftler in Kamerun (4). Hier führt die Heilung des Körpers über die Psyche.
Der Heilungsprozess kann Stunden, Tage oder gar Wochen an einem bestimmten Ort in Anspruch nehmen. Dies hängt ab von der jeweiligen Schwere der zu behandelnden Krankheit oder von den rituellen Verfahren, die von Geistern inspiriert oder diktiert werden. Frauen und Kinder nehmen diese Art von Behandlung am häufigsten in Anspruch.
Je nach Art der Erkrankung werden die Patienten entweder stationär in den Vorzimmern der Heiler (Ngunza, Ma Ndona, Nganga Nkisi …) untergebracht oder sie begeben sich für ambulante Behandlungssitzungen dorthin. Andere können an bestimmte Operationsorte gebracht werden (in den Busch, unter einen Baum, an ein Flussufer…)

MUSIK IN DEN ALTHERGEBRACHTEN PRAKTIKEN
Die Heilung steht nicht unbedingt in direktem Zusammenhang mit Musik, Gesang, Tanz oder Trance, sonst würde man einfach Gesang verordnen, und ein solches Allheilmittel würde schnell zu den berühmtesten großmütterlichen Lösungen volkstümlicher Medizin zählen. Dies hätte mit Sicherheit zur Entwicklung einer afrikanisch geprägten Musiktherapie geführt.
Verschiedene Quellen behaupten aber, dass bestimmte Gesänge heilende Kraft besitzen, wenn sie von Eingeweihten vorgetragen werden. Es gibt auch eine Praxis, die darin besteht, Insider mit der Komposition von Gesängen und Epithamalen zu beauftragen, die zur therapeutischen Unterstützung bei Heilungsritualen eingesetzt werden können. Das ist zum Beispiel so beim “Lufu” (Tod) der Lubas in der Demokratischen Republik Kongo. Solche Epithalame werden komponiert, um während eines Ritus gesungen zu werden, damit der Patient dem Tode entgeht.
Musik, Gesang, Schlagzeug, Tanz und Trance werden in den meisten Riten verwendet.
Auch wenn Gilbert Rouget in seiner Dissertation über “die Beziehungen von Musik und Trance” nachweist, dass weder Melodie noch Rhythmus, noch Gesang oder Instrumentalmusik eine Trance zur natürlichen Heilung von Krankheiten bewirken (2) und Erwan Dianteill dies in seiner Dissertation “Musik und Trance in afroamerikanischen Religionen” mit Nachdruck unterstreicht (2), bleibt festzustellen, dass immer wieder Eingeweihte durch Gesang und Schlagzeugrhythmen in Trance versetzt werden. In Verbindung mit Gebet und Tanz bewirkt der Gesang eine Trance.
Die traditionellen Musiken Afrikas haben trotz ihrer enormen Vielfalt eine Reihe gemeinsamer Merkmale. Diese sind in der Regel umstandsbedingt, funktional, rituell, kontextabhängig und zweckorientiert. Ihre Allgegenwart bei verschiedenen Arten von Riten zeugt von der afrikanischen Auffassung, dass Musik mehr ist als ein simples zwischenmenschliches Kommunikationsmittel.
Es gibt suggestive Musikarten: Musik, die vorübergehend blockierte Emotionen freisetzen kann, Musik, die zu einer Welt der Fülle und des Wohlbefindens führt, Musik mystischen Charakters, die das Eingreifen übernatürlicher oder mystischer Kräfte beschwört, objektorientierte Musik, Beschwörungsmusik, Meditationsmusik zur Entstehung positiver Gefühle, Entspannungsmusik, Heilungs- und Selbstheilungsmusik.
Das Wort “Musik” ist in verschiedene afrikanische Sprachen nur schwer zu übersetzen. Oft werden Gesang und Musik mit ein und demselben Wort übersetzt. In Kikongo, einer Sprache, die in der Demokratischen Republik Kongo, in Kongo-Brazzaville und in Angola gesprochen wird, bedeutet Nkunga nicht nur Gesang, sondern auch Musik. Der Gesang spielt somit eine übergeordnete Rolle. Da wo das Wort aufhört, beginnt der Gesang.
Als Kommunikationsträger hat das Wort Musik im Grunde zwei Dimensionen. Es ist zum einen Bestandteil der “Pheno-Kommunikation”, welche eine materielle, greifbare, physische, akustische, in der physischen und materiellen Welt stattfindende Kommunikation darstellt, zum anderen der “Kryptokommunikation”, die eine initiatorische, mystische, esoterische und spirituelle Kommunikation bezeichnet, so Prof. Bingono Bingono (4).

Der normale Sterbliche tritt nicht automatisch in die kryptokommunikative Dimension des Gesangs ein, gelangt unter bestimmten Umständen – oft während des Ablaufs der Rituale – aber dorthin, wobei sein Weg über die Pheno-Kommunikation führt.
Gesänge, Instrumente und Tänze harmonieren gut in vielen Situationen, bei denen traditionellerweise oder ihrem Wesen nach nicht auf Musik verzichtet werden kann. Gesang ist also einer der Bestandteile der Rituale, die zur Heilung von Krankheiten führen sollen. Die vokalische Sonorität und die Phonostilistik variieren beträchtlich von einem geografischen Ort zum anderen.
Gesang und Heilung
Kann man durch Musik überhaupt heilen? Ist die indigene Heilung mittels Klängen überhaupt möglich? Gibt es eine Heilungsmusik?
In verschiedenen afrikanischen Traditionen hat der Gesang – wie auch der Tanz, der die Trance bewirken soll – über seinen künstlerischen Wert hinaus eine therapeutische Funktion. Neben Liedern unterschiedlicher Themenbereiche gibt es auch solche, die zur Heilung bestimmter Krankheiten verwendet werden. Letztendlich wird jede Krankheit als Funktionsstörung des physischen, biologischen Körpers oder des spirituellen Körpers, also der Seele bzw. Psyche, betrachtet.
Der Gesang kann gewissermaßen veränderte Zustände herbeiführen, die eine Erhöhung der menschlichen Fähigkeiten bewirken sollen. Er findet seinen Platz in den Heilungsritualen, weil er für die Genesung eine spezifische Wirkungsweise hat.
Die afrikanischen Traditionen glauben grundsätzlich an die Wirksamkeit der Musik, nicht als reale, konkrete Kraft oder aktives Prinzip, sondern als Begleitmedium, Hilfsmittel oder Vermittlung, die eine Verbindung zwischen innerer und äußerer Natur bis in die höchsten Sphären herstellen und sensible Nervenstränge aktivieren kann, die diese Bereiche aufs beste zusammenführen.
Bei der therapeutischen Behandlung von Krankheiten ist die Salbung von entscheidender Bedeutung. Die Initiierten, die mit der Salbung betraut sind, wurden als Gehilfen des Heilers zuvor selbst gesalbt, und auch der Heiler ist ein Gesalbter. Ihre Aufgabe ist es, zu singen, zu tanzen und traditionelle Instrumente zu spielen.
Ähnlich wie dem breiten Spektrum der Pflanzen, wo eine Pflanze oft mehrere Krankheiten heilen kann, werden auch der Musik heilende Kräfte zugeschrieben.

 

Die Heilungsrituale
Musik, Gesang und Tanz gehören in vielen Stämmen oder Ethnien des subsaharischen Afrika zur Gesundheitsfürsorge. Die Wunderheiler bedienen sich häufig der Wahrsagekunst, um Krankheiten und vor allem deren Ursachen aufzuspüren. Die Hellseher können die Krankheit erkennen, indem sie mit dem Kranken in Kontakt treten.
In einigen Riten verbindet sich der Gesang mit Tanz und Trance, die oft genug von traditionellen Musikinstrumenten begleitet werden, deren jedes bestimmte Funktionen ausübt.
In einer oder mehreren Phasen des Rituals werden die Gesänge entweder vom Therapeuten oder von seinen Helfern angestimmt, in bestimmten Riten auch vom Patienten selbst.
Einige Gesänge werden als Epithalame, als Prologe gesungen, andere, um einen Placeboeffekt zu erzeugen, der es dem Patienten erleichtern soll, Vertrauen zu entwickeln, um so an seiner Heilung mitwirken zu können.
Heilsriten sind in ganz Bantu-Afrika verbreitet und weisen mehrere Gemeinsamkeiten auf. Diese althergebrachten Praktiken, die von den christlichen Missionaren verboten wurden und es von seiten der christlichen Religion bis heute noch sind, sind bis auf wenige, die dem vielfältigen Druck standgehalten haben, verschwunden.
Bestimmte Gesänge wurden gesammelt, readaptiert und in das Repertoire der traditionellen Gruppen aufgenommen.

In der Demokratischen Republik Kongo ist der Zebola der Mongos ein Ritus, bei dem Gesang und Tanz zusammenwirken, um die Geister zu vertreiben. Der von Geistern besessene Patient, meist eine junge Frau, fällt in eine krampfhafte Trance und/oder verliert das Bewusstsein. Gesang, Musik und Schlagzeug sind auch bei den Nkanda-Beschneidungsriten der Ne Kongo und bei den Gaza-Beschneidungsriten der Bangala und der Bamongos präsent. Die Schlaginstrumente werden von den Heilern und den eingeweihten Hilfskräften bedient, wobei jedes seine Funktion hat. Bei den Mbata (Bambata) stellen sich die Kranken, die an Ntulu nwengina (Asthmakrise) leiden, mit lebendigen Hähnen und anderen Geschenken vor und singen “Nsusu a koko”:

Auch im Kimoko-Ritus der Bamaniangas wird Gesang benutzt. Ein Beispiel ist das Lied lulendo lwa satana diata lo. Was so viel bedeutet wie “die Macht des Satan ausschalten”.

Ein anderer ist der Mayititi-Rhythmus, wo der Gesang eingesetzt wird, um Mayititi (Mumps) zu heilen. Bei diesem Ritus muss der Patient seinen Kopf in ein Loch stecken, das in den Boden gegraben wurde, und gleichzeitig folgendes Lied singen:

Yi yi yi mayititi
Meka kana sala mu

Miale O – Heilungslied bei den Topokés,
rubato

Auch in Kongo-Brazzaville wird bei den Heilungsriten Lemba, Mudiri, Tingigila Gesang verwendet.
Der Vimbuza ist ein sehr beliebter Heiltanz der Tumbukas, einer Ethnie im Norden Malawis, die unter dem Schutz der UNO steht.

Er ähnelt einem sehr beliebten Tanz der Ba Maniangas der Demokratischen Republik Kongo. Diese Ähnlichkeit ist auch bei den “Ngoma”-Trommelrhythmen zu beobachten.
Gesang gehört auch zum Bissima-Rhythmus des Ekang-Stammes im Kameroun.

Paradigma der rituellen Gesänge
Der Heilsgesang, der zwischen Subjektivität und Objektivität schwankt, besteht aus Beschwörungen, Lobpreisungen und Gedichten, die in Form eines Mantras gesungen und wiederholt werden.
Einige der unten aufgeführten Merkmale scheinen allen diesen Gesängen gemeinsam zu sein:

  • Die Kompatibilität, die an den essenziellen oder quintessenziellen Gehalt der Riten gebunden ist.
  • Die Übereinstimmung mit der Atmosphäre jeder Phase des Rituals (einige Gesänge sind für sanfte Beschwörungen, für Flüstern oder für Schreien adaptiert, andere für autoritäre Erklärungen, Heilungs- oder Siegeserklärungen…). Das kann vom Charakter des Gesangs und vom literarischen Gehalt abhängen.
  • Der Gesang reiner Inspiration, der für eine bestimmte Phase des Rituals gedacht ist und ihr auferlegt wird.
  • Der intuitive oder inspirierte Gesang, der vom Traditionstherapeuten bzw. dem Kryptokommunikator oder seinen Helfern improvisiert wird, die in einen verklärten, transformierten oder modifizierten Zustand eintauchen (kreative Inspirationstrance, göttliche Trance).
  • Lieder mit vermeintlich heilenden und beruhigenden Eigenschaften.
  • Gesungene Gebete und Erklärungen.
  • Gesänge mit suggestiven Kräften, die in einen modifizierten Zustand versetzen (Trancegesang, Gesang zur Öffnung des Geistes, Gesang zur Vertreibung von Angst und Zweifel…)

 

DER GESANG BEI DEN GEBETSSITZUNGEN ZUR ERLÖSUNG UND ZUR WUNDERHEILUNG

Nachdem sie von christlichen Missionaren bekämpft wurden, sind eine Reihe von Riten und Gesängen verschwunden. Das Aufkommen und die Verbreitung der sogenannten post-missionarischen Auferstehungskirchen haben einen anderen Weg eröffnet, eine echte Alternative zu diesen althergebrachten Riten, die durch Gebetssitzungen zur Erlösung und zur Wunderheilung ersetzt wurden. Pastoren, Evangelisten, Propheten Gottes, gesalbt und mit der Gabe der Wunderheilung versehen, sind an die Stelle der Traditionstherapeuten, Wunderheiler und anderer getreten und organisieren spezielle Sitzungen, entweder in der Öffentlichkeit während ihrer Evangelisierungskampagnen oder privat in ihren Gebetszellen. Diese Sitzungen werden von Anbetungsliedern, Lobliedern, Flehliedern, Liedern zur Siegeserklärung über den Feind, über die Finsternis, über die Dämonen, über die besitzergreifenden Geister und auch von verschiedenen Glaubensbezeugungen oder der Verkündigung der Heilung unterschiedlichster Krankheiten begleitet. Der Name Jesus Christus steht im Mittelpunkt dieser christuszentrierten Exorzismus-Sitzungen, deren Ergebnisse überraschend und real sind. Einige Kranke werden exakt in dem Moment geheilt, in dem diese Gesänge angestimmt werden. Der Erfolg dieser Praxis hat viele Heiler und Traditionstherapeuten dazu veranlasst, sich als Propheten Gottes zu verkleiden, und so ziehen sie die Massen hinter sich her.
Beispiele von Gesängen, die während der Erlösungs- und Wunderheilungssitzungen nacheinander angestimmt werden:

  1. Yesu azali awa (Jesus ist mitten unter uns)
    Kitisa nguya na yo (Zeige Deine Macht an diesem Ort)

  2. Nguya, Nkembo na lobiko epayi na Yawe (Kraft, Herrlichkeit und Heil sind unseres Gottes)

  3. Elonga ejali na makila ma Yesu (Der Sieg liegt im Blut Jesus)
    Importierte Gesänge – Gospelhymnen
  4. I am the Lord that healeth thee
    I am the God that Healeth thee, I am the Lord Your healer
    I sent My word and I healed your disease, I am the Lord Your healer
    You are the God that Healeth me, You are the God my healer
    You sent the word and you healed my disease, You are the Lord my healer

  5. He touched me
    Shackled by a heavy burden,
    ‘Neath a load of guilt and shame.
    Then the hand of Jesus touched me,
    And now I am no longer the same.
    He touched me, Oh He touched me,
    And oh the joy that floods my soul!
    Something happened and now I know,
    He touched me and made me whole.

 

Dr. Ambroise KUA-NZAMBI TOKO ist Forscher und Direktor der Afrikanischen Akademie für Chormusik in der Demokratischen Republik Kongo; Mitglied des ACJ International Council und des World Choir Games Council. Gründer und künstlerischer Leiter vieler Chorfestivals in der Demokratischen Republik Kongo. Er studierte Musikkunst, Physik, Informatik und Chorleitung im A Cœur Joie International High-Level-Workshop. Er ist Leiter von drei kongolesischen Chören (Cœur La Gréce, Schola Cantorum AKTO – ein Jugendchor – und “Cœur d’hommes du Centenaire”, ein Männerchor). Er gehört zu den renommierten kongolesischen Komponisten und Dirigenten. Erster Leiter des Afrikanischen Jugendchores (2012-2015). Er hat mehr als 130 internationale Workshops, Sessions und Meisterkurse zu afrikanischer und kongolesischer Chormusik geleitet. Er hat mehr als 300 internationale Auftritte geleitet und an mehr als 38 internationalen Chorfestivals mit dem Cœur la Grace teilgenommen. Bester Chorleiter und Dirigent bei der Feier zum 50-jährigen Bestehen der Demokratischen Republik Kongo (1960-2010) nach Meinung der Wallonie-Bruxelles-Delegation der Demokratischen Republik Kongo (2010), Gewinner des Preises “Besondere Auszeichnung” durch den Internationalen Musikrat 2010 und von vier afrikanischen Chormusiktrophäen. Im Juli 2014 erhielt er den Nationalen Preis aus der Hand des Kultur- und Kunstministers der kongolesischen Regierung und die Trophäe “Optimum Kantor” im November 2017 in Brazza (Kongo). Verfasser von drei Büchern: Mélopées sacrées, le papyrus de l’artiste; La voix décryptée, Musiques africaines – généralités et singularités, und mehrerer Artikel über Chormusik (ICB der IFCM, Chanter von ACJ Québec, Tuimbe von ACCM, …). Er hat auch ein neues Musiknotationssystem (Mimin’si) erfunden. Er hat zwei Diplome der Ehrendoktorwürde (Musikkunst und Hymnologie) von der Triune Biblical University of USA & KANADA bekommen. kuanzambi@yahoo.fr

QUELLENANGABEN

  1. Oriane Marck, La musique dans la société traditionnelle au royaume Kongo (XVe-XIXe siècle), mém. de master, Université Pierre-Mendes, Grenoble, 2011
  2. https://journals.openedition.org/ethnomusicologie/114
  3. https://fr.wikipedia.org/wiki/M%C3%A9decine_traditionnelle_africaine
  4. https://www.youtube.com/watch?v=Lu7rV-IlEy4
  5. https://www.musicinafrica.net/fr/magazine/la-musique-traditionnelle-en-namibie
  6. https://ich.unesco.org/fr/RL/le-vimbuza-danse-de-guerison-00158

 

Informanten

  • Ne Nkamu Luyindula, Etho-Musikwissenschaftler, Direktor des Zentrums Mbongi Eto, Ne kongo
  • Souzy Lituambela Lolea, Chorleiterin und Chorsängerin des Chœur de la grace, Tocher des Topoké-Stamms
  • Bijou Massamba, Chorleiter und Chorsänger des Chœur de la grace, Sohn des Mongo-Stamms
  • Laurentine Makayisa Londa, Augenzeugin
  • Olivier Kanda Nzuzi, Chorleiter, Augenzeuge
  • Charles Mathongo Damaskus, Chorsänger des Männerchors zum 100-jährigen Jubiläum, Augenzeuge
  • Lily Abessolo, Chorsängerin des Afrikanischen Jugendchors (2013-2015), Kamerun
  • Rodrigo Atsou, Chorleiter in Pointe-Noire, Kongo-Brazza.
  • Michée Kanda, Chorleiterin, Transkription

Übersetzt aus dem Französischen von Reinhard Kißler, Deutschland