Rezension: Nostra Culpa, Chormusik von Eugene Birman

Nostra Culpa
Chormusik von Eugene Birman
Helsinki Chamber Choir, Dirigent: Nils Schweckendiek
Alba Records ABCD 500

Eugen Birman (*1987) ist ein britischer Komponist, der Musik für Symphonieorchester, Chöre, Instrumentalensembles und Solisten in der ganzen Welt und zu vielen Gelegenheiten geschrieben hat. Seine öffentliche Karriere, die unter anderem Auftritte bei CNN, BBC World TV, Radio France und der Deutschen Welle einschließt, zeichnet sich durch eine unerschrockene Konzentration auf gesellschaftlich relevante, groß besetzte Kompositionen beispielsweise zur Finanzkrise, zu russischen Grenzverträgen usw. aus. Mit Finnland verbindet ihn nicht nur die Zusammenarbeit mit dem Helsinki Chamber Choir und Nils Schweckendiek, sondern auch die Ernennung zum einzigen Artist-in-Residence des Helsinki Festivals 2018, der größten jährlichen Kulturveranstaltung Finnlands.

Der Dirigent Nils Schweckendiek, der Musik am Clare College in Cambridge und Chorleitung in Freiburg und Helsinki studiert hat, ist seit 2007 künstlerischer Leiter des Helsinki Chamber Choir und wurde 2014 zum Professor für Chorleitung an der Sibelius-Akademie ernannt. Der Helsinki Chamber Choir setzt die große Tradition des Finnish Radio Chamber Choir fort, der 1962 gegründet und 2005 aufgelöst wurde, als die finnische Rundfunkgesellschaft beschloss, ihn nicht mehr zu benötigen. Der Finnish Radio Chamber Choir war ein sehr wichtiges Instrument, das Dutzende von Chorwerken uraufgeführt hat, die heute ein wesentlicher Bestandteil des finnischen klassischen zeitgenössischen Repertoires sind. Neben dem finnischen Repertoire sang der Rundfunkkammerchor zahlreiche Erstaufführungen zeitgenössischen internationalen Repertoires in Finnland.

Nach der Auflösung des Finnischen Rundfunkkammerchores setzten die Sängerinnen und Sänger ihre Konzerte und anderen Auftritte fort und organisierten sich unter dem Namen Helsinki Chamber Choir. Seit seinem ersten Auftritt war er der einzige professionelle Kammerchor in Finnland und ist es bis heute. Sein breit gefächertes Repertoire umfasst Musik von der Renaissance bis zur Gegenwart, und er ist besonders für seine Arbeit an Neuer Musik hoch geschätzt.

Ein hervorragendes Beispiel für die Fähigkeit des Chores, überzeugende Aufführungen zu gestalten, ist diese Aufnahme mit Kompositionen von Eugene Birman. Dieser ist seinem Ruf wirklich gerecht geworden, ein interessanter Komponist zu sein, der die Fähigkeit hat, faszinierende, einflussreiche und aufrüttelnde Musik zu schreiben. Neben der normalen Notation verwendet Birman viele andere Mittel, und es ist interessant zu hören, wie gut beispielsweise Pfeifen mit Gesang zusammenpasst. Zwei der Werke auf dieser CD sind für Chor geschrieben, und das Titelstück, Nostra Culpa, ist für Gesang und Streichorchester. Für Chor sind ”Lamentations” und ”State of the Union”. ”Lamentations” ist eine Art “motettische Kantate” in drei Sätzen zu Texten aus dem Buch der Klagelieder und dem Gebet des Manasse (Qumran, Version aus Höhle 4). Die Musik ist atemberaubend mit riesigen und beeindruckenden Klangsäulen. ”The State of the Union” könnte man als Oper bezeichnen. Es ist ein 37 Minuten langes, gewaltiges Werk in dreizehn Sätzen. Erneut ist es die Zusammenarbeit zwischen dem Komponisten und dem Libretto von Scott Diel, die dafür sorgt, dass das große Werk seine Intensität nicht verliert. Scott Diel hat bereits sechs Opernprojekte mit Eugene Birman realisiert, so dass es nicht verwunderlich ist, dass die Chemie zwischen den beiden so gut stimmt. Das Solowerk ”Nostra Culpa” beispielsweise “formt das Geschwätz eines Starökonomen gegen einen Politiker in Bedrängnis  – “Wunder der Sparsamkeit”, “Eingefrorene Renten”, “Interne Abwertung” – so, als wären es Marmorplatten”. Nostra Culpa wird auf dieser Aufnahme von Iris Oja (Gesang) und dem ContempoArtEnsemble aufgeführt.

 Der Booklet-Text von Giorgio Biancorosso (Prof., Dept. of Music and Director, The University of Hong Kong) ist interessant zu lesen. Er ist eine detaillierte Analyse von Birmans Musik und den Texten von Scott Deal sowie den biblischen Texten und ihrer Beziehung zur Musik. Der Text ist auch eine sehr philosophische Annäherung an die Welt des Komponisten.

Diese Aufnahme und diese Musik sind es wert, dass man sie kennenlernt!

 

Übersetzt aus dem Englischen von Stefan Schuck, Deutschland