RONDAS CORALES – Chorleitung bei Kinder- und Jugendchören
ADICORA (2020) Esteban Conde Ferreyra (President). Academic Committee: Viviana Bognar, Andrea Aventuroso, Elisabeth Guerra, Angela Burgoa, María Soledad Gauna, Macarena Gómez Delgado
Der Chorleiter-Verband der Republik Argentinien (ADICORA) trug vom 27. September bis 2. Oktober 2020 die Veranstaltung RONDAS CORALES – Dirigieren von Kinder- und Jugendchören aus. Dieses Treffen bot Diskussionsrunden, die von qualifizierten Fachleuten in den verschiedenen Themengebieten moderiert wurden, sowie Interviews mit 70 renommierten Persönlichkeiten aus der Chorszene. Unser Ziel war es, eine Interaktion, Debatte und Diskussion in Gang zu bringen über Themen, die damit verbunden waren, um das professionelle Bewusstsein im Blick auf die Herausforderungen, denen sich zeitgenössische Chorgemeinschaften stellen müssen, zu steigern.
KINDER- UND JUGENDCHÖRE – Wo und Wann
In Argentinien werden Kinder- und Jugendchoraktivitäten in Schulen, Klubs, Vereinen, Kirchen, städtischen Räumen, Freizeiteinrichtungen, Gewerkschaften und kulturellen Organisationen entwickelt und haben entsprechend der jeweiligen Organisation spezifische Formate. Diese Chorprojekte wurden entweder durch die Initiative ihrer Chorleiter ins Leben gerufen oder kamen durch Bildungs- oder Kulturprogramme, die die Entwicklung der Chorpraxis fördern, zustande. Diese Aktivitäten werden nicht immer von den Institutionen und Organisationen unterstützt, wo sie stattfinden; die ChorleiterInnen sind hart arbeitende Menschen, oft schlecht bezahlt, die ihre Arbeit mit bemerkenswerter Hingabe und Liebe für das Chorsingen verrichten.
Es werden Stimmen hörbar, die das dringende Bedürfnis anmahnen, gleiche Möglichkeiten für alle Kinder und junge Leute in unserem ganzen Land zu gewähren.
- Programme zur Förderung von Kinder- und Jugendchören als Teil der öffentlichen Maßnahmen und mit den gesetzlich geschützten Budgets, die ihre Kontinuität garantieren.
- Lehrplanmäßige Freiräume für die Aus- und Fortbildung von MusiklehrerInnen und ChorleiterInnen, mit spezifischen Inhalten in Bezug auf das Singen im Kinderchor, kindliche und jugendliche Stimmen und geeignetes Repertoire für jedes Alter.
- Die Bildung von Arbeitsteams, die eine größere Einbeziehung aller garantieren, so dass das Recht zu singen nicht eine bloße Erklärung bleibt.
SCHULCHÖRE – Jeder kann singen
In der Diskussionsrunde zu Schulchören tauschten Lehrer aus ganz Argentinien ihre Erfahrungen aus über dieses grundlegende Thema für eine bessere Zukunft der Chormusik und die ganzheitliche Erziehung von unseren Kindern und jungen Menschen. Dank dieser Erfahrungen – wir wussten um ihre Bedeutung und Wirkungskraft – stimmten alle darüber überein, besondere Gewichtung auf die ChordirigentInnenausbildung zu legen. Mit Geduld, Zuversicht und natürlich den technischen Mitteln, können wir einen erheblichen Eindruck auf die seelische Befindlichkeit eines jeden Schülers machen. Schulen sollen Orte sein, wo Individualität respektiert, Potentiale gestärkt werden und das Recht zu singen garantiert sind.
“Die Schule ist ein Lernort par excellence und der Chor muss dort verankert sein.” Maestro Ricardo Barrera
Andere Themen, die angesprochen wurden, waren staatliche Maßnahmen und institutionelle Beschlüsse, damit diese Projekte erfolgreich werden, da allein das Engagement der Lehrer, die Kompetenz und der Wille oft nicht ausreichen. Wir erinnern uns an Zoltán Kodálys Worte: “Möge die Musik jedem gehören” und konstatieren die dringende Notwendigkeit, das Klassensingen zu stärken.
CHORPÄDAGOGIK – Wer wird singen?
MedizinerInnen, LogopädInnen, HNO-ÄrztInnen, PädagogInnen, KomponistInnen, DirigentInnen, SängerInnen, SchauspielerInnen, StimmbildnerInnen/GesangslehrerInnen, UniversitätsdozentInnen, MusiktherapeutInnen und ChorsängerInnen nahmen an den Diskussionsrunden teil.
Diese repräsentieren das professionelle Gremium, das sich mit dem Singen in der Jugend befasst, und es wird angesprochen, wenn wir das Unterrichten von Chorsingen aufnehmen. Ihre Spezialgebiete sind normalerweise nicht profund genug ausgeprägt in unseren curricularen Lern- und Unterrichtsstrukturen und Universitätsstudiengängen. Um diesen Mangel zu kompensieren, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit der Lehrer erforderlich.
In dieser Runde wurden folgende Themen abgedeckt:
- Charakteristika der kindlichen Stimme
- Mutation/Stimmbruch
- Transsexuelle Stimme
- Einbeziehung von nicht-binären Menschen in den Chören
- Chormusik, die an die Fähigkeiten der Chorsänger angepasst ist
- Wissenschaftliche Erkenntnisse bzgl. Stimmphysiologie und Gehör bei stimmlichen Besonderheiten
REPERTOIRE – “Singen ist sinnvoll, fördert Verständnis/Einsicht und Vernunft”
Wir versuchten die Perspektiven und Konzepte bezüglich Kinder- und Jugendchor-repertoire zu erweitern, indem wir Interviews und Live-Diskussionen am Runden Tisch mit herausragenden ChordirigentInnen, KomponistInnen und ArrangeurInnen aus unterschiedlichen Bildungsschichten und künstlerisch-kulturellen Gebieten aus dem ganzen Land führten.
Die Auswahl dieses Repertoires basiert auf verschiedenen relevanten Aspekten:
- Anleitung und Stimulation der psychomotorischen und kognitiven Entwicklung der SängerInnen
- Förderung von neuen argentinischen Chorwerken, komponiert für unterschiedliche Kinder- und Jugendchorformationen.
Wir verstehen die Repertoireauswahl als dynamischen Prozess, der Studium, Hingabe, Ausforschung, Neugier und Kreativität verlangt, um uns selbst sowohl für neue Möglichkeiten zu öffnen als auch Sensibilität, um Anliegen und Bedürfnissen von Chören und Zuhörern zusammenzubringen.
SINGEN UND BEWEGUNG – Von der Probe auf die Bühne?
Wir haben es uns zur Aufgabe gemacht, Körperbewegungen bei chorischem Singen von verschiedenen Perspektiven aus zu untersuchen mit der Absicht, sich weg von der regional existierenden Ansicht zu bewegen, die die genannte Praxis als ein Extra auf der Bühne und nur nützlich zum Aufwärmen der Stimme in der Probe betrachtet. Wir haben bestätigt, dass unsere Stimme und unser Körper nicht als zwei getrennte Dinge wahrgenommen werden sollten, sondern als eine einzige Einheit.
Um dies zu illustrieren, stellte Garcia Malbrán Konzepte aus dem neurologischen Gebiet vor, nämlich das Modell der intermedialen Beeinflussung, definiert als “eine lexikalische Begegnung (nicht eine Überlappung), ein Beispiel, wie eine visuelle mit einer klanglichen Botschaft kombiniert wird, die multimodale Neuronen aktiviert”, wobei auch Alberto Grau, der von Eurhythmie spricht, feststellt, dass “das singende Kind zum Schauspieler wird; aus diesem Grund muss es den Körperrhythmus trainieren und musikalische Werke im Zusammenhang mit Körperausdruck durchdringen.
Genauso kamen neue Konzepte bezüglich der Rolle der DirigentInnen und des Chores auf. Die maßgeblichsten darunter waren: ChorleiterInnen als ModeratorInnen; innovative Leitung; der intelligente Chor (mehr horizontale Leitungsstrukturen) und die Wichtigkeit, an der körperlichen Präsenz von ChordirigentInnen zu arbeiten. Diese brandneuen Konzepte brechen mit der modernistischen Dreiergruppe (KomponistIn, Aufführende und Zuhörende).
Abschließend bestätigen wir nochmals unsere Bereitschaft, nicht nur inklusive Freiräume in den Curricula, sondern auch in unserem Land, wo Lehrer und schulische Chorarbeit existieren, zu vergrößern.
ADICORA National YouTube channel
http://adicora.org/
Übersetzt aus dem Englischen von Barbara Schreyer, Deutschland
Der argentinische Chorleiterverband „ADICORA“ setzt sich aus Chorleiter*innen/-dirigent*innen aus ganz Argentinien zusammen und ist auf 16 verschiedene Landesniederlassungen und 5 regionale Vertretungsstellen aufgeteilt. Ein beratendes Gremium aus Mitgliedern unterschiedlicher Provinzen übernimmt die Verwaltung, während sich ein Ehrenrat um die Rekrutierung der namhaftesten argentinischen Chorleiter*innen/-dirigent*innen kümmert. Der Fokus von ADICORA liegt darauf, Chorleiter*innen und –dirigent*innen zu stärken und den Chorgesang im Allgemeinen zu fördern. Wir organisieren und leiten Kongresse, Seminare, Workshops und Chorfestivals in jeder Provinz unseres Landes, wobei wir auf die speziellen Anforderungen der unterschiedlichen Regionen achten. Vereinbarungen und Kooperationen mit offiziellen Organisationen sowie nationalen oder internationalen Nichtregierungsorganisationen sollen nicht nur professionelle Chorleiter*innen und –dirigent*innen in ihrer Arbeit unterstützen, sondern auch das Bewusstsein und die Wertschätzung für originelle Chorstücke zeitgenössischer argentinischer Komponist*innen und Arrangeur*innen schärfen. Denn nur so kann neue Musik für alle Stimmen entstehen und Populär- und Volksmusik neu aufgearbeitet werden. Seit Bestehen des Verbands werden Verbindungen zu öffentlichen wie privaten Institutionen forciert, um diese bei der Gründung neuer Chöre zu beraten und das Arbeitsfeld der Chorleiter*innen/-dirigent*innen insgesamt zu stärken.
Zuständiges Sekretariat Öffentlichkeitsarbeit: adicora.internacional@gmail.com
Zuständiges Sekretariat Künstlerische Leitung: artistica.adicoranacional@gmail.com
Übersetzt aus dem Englischen von Magdalena Lippingwell, UK