Zur Ausbildung künftiger Chormanager
Isabelle Métrope, Redaktionsleiterin
Als ich 21 war, absolvierte ich ein Praktikum, das mein Leben verändern sollte (entschuldigen Sie bitte den leicht esoterischen Beginn meines Beitrags). Es war vor ungefähr 15 Jahren, ich studierte moderne Sprachen, wollte aber auf keinen Fall für ein internationales Unternehmen arbeiten, das Erzeugnisse wie Reifen und Rohre oder Finanzprodukte vertreibt. Als ich mir dann einen Praktikumsplatz suchen musste, bewarb ich mich, während meine Kommilitonen davon träumten, für große globale Konzerne zu arbeiten, bei… einem internationalen Chorfestival. Es handelte sich dabei um Europa Cantat, das genau in dem Jahr in Mainz, Deutschland, stattfand. Ich war eine blutige Anfängerin und habe in diesen vier Monaten viele Fehler gemacht – und viele Freunde gewonnen. Und ich konnte feststellen, dass es, anders als man es mir vorhergesagt hatte, sehr wohl möglich war, als Managerin in der Musikwelt zu arbeiten.
Ohne es zu ahnen, hatte ich auf Anhieb den besten Weg gefunden, um zu lernen, wie man diese Aufgabe bewältigt: indem man ins kalte Wasser geworfen wird, zusammen mit einem Trupp liebenswerter Schwimmlehrer, die darauf achten, dass ich dabei nicht ertrinke. Aber dazu später mehr. Zuallererst: Welche Ausbildungsmöglichkeiten gibt es für jemanden, der Chor- oder Konzertmanager werden möchte?
Formale Ausbildung
Die Ausbildungsangebote sind, je nach Land, in dem man lebt, breit gefächert. So bieten viele Universitäten den Studiengang “Kulturmanagement” an. Bei anderen wiederum heißt es “Kulturvermittlung” oder “Kunstmanagement”, oder dieses Fachgebiet ist Teil eines pädagogischen Studiengangs mit einem zusätzlichen Managementmodul. Eine gute Einrichtung, um ein solches Studienangebot in Ihrer Umgebung zu finden, ist die Website des Arts Management Network, oder – noch besser – Sie erkundigen sich gezielt bei Fachleuten, die in Ihrer Nähe in diesem Bereich arbeiten, nach deren eigener Ausbildung. Bei der Suche nach geeigneten Universitäten sollte man nicht vergessen, auch einen Blick auf die Sprachstudiengänge zu werfen: Manchmal ist ein Kunstmanagement-Studiengang in einer Ausbildung mit einem internationalen und interkulturellen Profil “versteckt”. Veranstaltungen der International Association of Arts and Cultural Management können ebenfalls eine ergiebige Informationsquelle sein.
Praktika
Praktika sind für eine Reihe von Studiengängen obligatorisch. Es ist allerdings auch möglich, sich für ein Praktikum zu bewerben, wenn man nicht als Student immatrikuliert ist. Viele Berufschöre und Festivals suchen Praktikanten – einige Projekte sind sogar darauf angewiesen, solche Mitarbeiter in ihrem Büro zu haben. Die Dauer eines Praktikums liegt zwischen ein paar Tagen (was allerdings wenig nützt) und mehreren Monaten und ist oftmals die erste Gelegenheit, einen realistischen Einblick in den späteren Berufsalltag zu bekommen. Die Verbände und Konzertveranstalter gewöhnen sich mehr und mehr an diese Art von Praktika. Sollte der Betrieb Ihrer Wahl noch nie einen Praktikanten ausgebildet haben, zögern Sie nicht, darum zu bitten, der erste zu sein. Ein Praktikum ist auf jeden Fall ein Gewinn für alle Beteiligten.
Management-Programme im Chorbereich
Das Beste habe ich mir für den Schluss aufgehoben: Schon vor längerer Zeit hat man in der Chorbranche begonnen, sich Gedanken über die Ausbildung künftiger Manager zu machen. Abgesehen von Praktika wurden kurze und konzentrierte Ausbildungsprogramme ins Leben gerufen. Eine der ersten Veranstaltungen dieser Art war das internationale Forum Voice Arts Management in Caen, Frankreich, im Jahr 2008. Diese viertägige Veranstaltung wurde von der IFCM und Polyfollia International organisiert und brachte 60 junge Menschen aus aller Welt zusammen. Viele der dort geknüpften Freundschaften bestehen heute noch und haben zu verschiedenen Formen der Zusammenarbeit geführt. Ich erinnere mich, dass unser norwegischer Kollege Kjetil Aamann diese Veranstaltung bei der Abschlusssitzung als „historisch” bezeichnete, und das habe ich nie vergessen, denn sie war in der Tat ein Anstoß für mehrere bemerkenswerte Folgeprogramme. 2009 lancierte die European Choral Association ihr erstes Young Event Management Programme(YEMP) im Rahmen des Europa Cantat Festivals in Utrecht. Seitdem werden bei jedem Europa Cantat Festival, das alle drei Jahre in einer anderen Stadt und einem anderen Land stattfindet, rund 30 junge Manager und Studenten im Rahmen eines YEMP ausgebildet. Das YEMP besteht aus einem langen Wochenende mit Kursen und Workshops, die von Fachleuten geleitet werden, einer knappen Woche Berufspraxis vor Festivalbeginn und einem umfassenden Praktikum während des Festivals. Die Teilnehmer werden von zwei Fachleuten aus der Chorbranche betreut, in der Regel von einer Person aus dem Land des Gastgebers und einem Mitarbeiter eines internationalen Verbands. Die Tätigkeitsfelder sind so vielfältig wie die Bereiche des Festivals: Produktion, Musikabteilung, Ticketservice, Festivalbüro, Informationsstellen, Studioorganisation, Logistik, usw. Für die meisten Teilnehmer ist es eine der ersten Berufserfahrungen, und auch wenn ich die Chance hatte, bereits 2009 am ersten YEMP teilzunehmen, verweise ich hierzu doch lieber auf die Referenzen in den Kästen.
Die Arbeitsgruppe Jugend des Europäischen Musikrats, eine Arbeitsgruppe, die sich aus jungen Musikern oder Studentenunter 30 Jahren zusammensetzt, organisierte das Projekt Access!, das das Europäische Jugendforum für Musikund das Manifest für Jugend und Musik in Europa umfasste. Der Europäische und der Internationale Musikrat setzen sich weiterhin für die Einbeziehung der Jugend in den internationalen Musikdiskurs ein.
Das nächste Managementprogramm wird unter dem Namen YOUNG 10 jungen Managern die Möglichkeit geben, auf der IFCM World Choral EXPO 2022 in Lissabon zu lernen und/oder zu arbeiten. Suchen Sie nach der nächsten Gelegenheit? Abonnieren Sie die IFCM eNews, um nichts zu verpassen!
YEMP 4 – Tallinn, Estland 2018
Die Teilnahme an YEMP 4 hat meine Wertschätzung und Liebe für die Chormusik und die Kunstadministration wieder aufleben lassen. Die Verbindungen und Freundschaften, die ich geschlossen habe, werde ich nie vergessen!
YEMP 2 – Turin, Italien 2012
So viel mehr als ein reines Ausbildungsprogramm: eine tolle Zeit, eine tolle Gelegenheit, GLÜCKLICHE TAGE!
YEMP im Jahr 2009 war ein toller Start für meine berufliche Laufbahn als Kulturmanagerin. Durch das gemeinsame Lernen und Arbeiten mit jungen Menschen aus verschiedenen Ländern habe ich viele wichtige Erkenntnisse über den Beruf und über mich selbst gewonnen.
YEMP 1 – Utrecht, Niederlande 2009
Die YEMP-Teilnahme im Jahr 2009 hat meinen Umgang mit Menschen verändert. Es hat mir geholfen, meine Meinung selbstbewusster zu äußern und mich im Umgang mit neuen Bekanntschaften wohler zu fühlen.
Die Veranstaltung in Caen hat mein Leben verändert. Obwohl wir alle aus unterschiedlichen Regionen der Welt kamen, waren wir mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert und wir tauschten Ideen und Lösungen aus. Wir haben auch lebenslange Freundschaften geschlossen!
Hilfreiche Links
- Netzwerk für Kunstmanagement: www.artsmanagement.net
- Europäischer Musikrat: www.emc-imc.org
- Internationaler Musikrat: https://www.imc-cim.org/
- ECA: www.europeanchoralassociation.org
- YOUNG: bit.ly/IFCMyoung
- IFCM: www.ifcm.net
Übersetzt aus dem Englischen von Matthias Funkhauser, Deutschland