Interview mit Michalis Tranoudakis

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Michalis Tranoudakis, Komponist, Lehrer und 2002-2004 Präsident der Gesamt-Griechischen kulturellen Spiele für Schulen

 

Olga Alexopoulou, Dirigentin und Vizepräsidentin des Gesamt-Griechischen Verbandes der Dirigenten von vokalen und instrumentalen Gruppen

 

Olga Alexopoulou (OA): Wie kam es zur Gründung der Spiele?

Michalis Tranoudakis (MT): Also – Anfang der 1990er Jahre hatte Periklis Nearhou, Berater für das Unterrichtswesen, die Idee von künstlerischen Spielen, einem Wettbewerb in allen Künsten.  Sekundarschulen aus ganz Griechenland und Zypern sowie griechische Schulen im Ausland waren zur Teilnahme an diesen Spielen eingeladen.  Diese umfassten Wettbewerbe in vielen Bereichen der Künste: Musik, Tanz, Theater und Malen, und es gab viele sehr verschiedenartige Vorführungen.

 

OA: Worum ging es im Grunde bei diesen Spielen?

MT: Das Ziel war die Bewertung und Förderung des künstlerischen und kreativen Lebens innerhalb der Schulen, in Anbetracht der Tatsache, dass das ursprüngliche Programm des Erziehungswesens alles andere als zufriedenstellend war.  Unser Motto war: Die Teilnahme ist das, was wirklich wichtig ist.  Die Preise dienten nur als Anreiz.  Das Hauptziel dieses Wettbewerbes bestand darin, Teamwork und besonders die Zusammenarbeit zu fördern.  Wir sind fest davon überzeugt, dass das künstlerische Schaffen, sowie das künstlerische Schaffen als Mitglied einer Gruppe, die Fähigkeit von Kindern verstärkt, den Standpunkt anderer zu verstehen und sensibel zu reagieren.  Mein persönliches Ziel als Musikerzieher bestand darin, diese Art Musik bei jungen Leuten bekannt und beliebt zu machen.  Dies war die erste Initiative, die es je in Griechenland gegeben hatte, mit dem Ziel, weite Kreise der Gesellschaft mit den Künsten vertraut zu machen.  Während all meiner Jahre als Präsident setzte ich meinen Ehrgeiz darein, die Spiele jedes Jahr zu einem großen Ereignis in jeder Gegend des Landes zu machen.  Es war erstaunlich zu sehen, wie kleinere Schulen aus entlegenen Gegenden oder Inseln in der Lage waren mitzumachen.  Ich war sehr von einer kleinen Schule von der Insel Kos mit zwanzig Schülern beeindruckt; sie arbeiteten das ganze Jahr mit dem Ziel, in der Regionalausscheidung erste zu werden und dann für die zweite Runde nach Athen zu reisen.

 

OA: Wie wurden die Spiele beurteilt?

MT: Die Mitglieder der Ausschüsse und die Preisrichter waren sorgfältig ausgewählt worden, nicht nur für ihre Kenntnisse und besondere Expertise, sondern auch für ihre Verwurzelung im Erziehungswesen.  Bekannte Dirigenten und Komponisten (unter ihnen Stefanos Vasiliades, Vyron Fidetzis, Miltos Logiades, Dimitris Myrat und Theodoros Antoniou) waren auch dafür bekannt, dass sie großes pädagogisches Talent und Erfahrung in der Arbeit mit jungen Menschen besaßen. 

 

OA: Welche Schwierigkeiten mussten überwunden werden?

MT: Ich kann nicht sagen, dass wir finanzielle Schwierigkeiten hatten.  Die Organisatoren kamen für all die Kosten der Infrastruktur und technischen Einrichtungen wie Konzertsäle, Mieten, Verstärkersysteme, das Aufstellen der Mikrophone und die Plakate während der Spiele auf, und auch die Kosten für Anreise und Unterbringung der Gruppen, die in Athen am Wettbewerb teilnahmen.  Auf der anderen Seite gab es schon einige organisatorische Probleme, die eiligst gelöst werden mussten.  Wir waren ständig in Kontakt mit den Ausschüssen in den verschiedenen Landesteilen.  Ein sehr komplizierter Plan musste aufgestellt werden, damit alle der 30 000 Teilnehmer immer am rechten Ort und versorgt waren.

 

OA: Bis zu welchem Grade entwickelte sich das Chorsingen während des Wettbewerbs weiter? 

MT: Jeder Chor – gemischt oder nicht – musste im Rahmen eines 20-minütigen Programms ein Pflichtstück von mäßiger Schwierigkeit aus dem Band “Für unsere Chöre” von Antonis Kontogeorgiou vortragen; der Rest des Repertoires wurde vom Chor ausgewählt.  Ehrlich gesagt: es war schwer für Staatsschulen, mit den Chören der Musikschulen und mancher der Privatschulen zu konkurrieren, weil die Lehrer nicht genug spezifisches Wissen über Chöre besaßen, und wegen der unzureichenden Zeit innerhalb des Stundenplans.  Dennoch konzentrierten wir uns nicht auf die sogenannten Stars, sondern wir ermutigten alle Bemühungen!  Wir ließen nur jeweils einen Chor pro Schule zu; das führte dazu, dass sich während der Spiele langsam die ersten mehrstimmigen Chöre in öffentlichen Schulen entwickelten – davor hatten sie nur einstimmig gesungen.  Das war ein großer Fortschritt.

 

OA: Welche allgemeinen guten Dinge verdanken wir den Spielen?

MT: Die können in drei Kategorien eingeordnet werden.  Zuerst gibt es die pädagogischen Erfolge: der Wettbewerb brachte Schulen ganz verschiedener Art zusammen und gestattete es den Kindern, sich durch die Vermittlung der Künste zu begegnen.  Zweitens gab es positive soziale Nebenwirkungen: selbst wenn die griechische Gesellschaft vielleicht noch nicht ganz darauf vorbereitet war, sich mit einer so großen Veranstaltung wie den künstlerischen Spielen zu identifizieren, so wurden doch Samen gesät, und man wurde sich stärker der Notwendigkeit bewusst, starke kulturelle Beziehungen zwischen den Städten des Landes zu pflegen.  Drittens hatten wir erzieherischen Fortschritt zu verbuchen: für die Lehrer war das Wichtigste, dass die Veranstaltung die Probleme in griechischen öffentlichen Schulen und in Musikschulen in den Vordergrund rückte, und wie diese die Künste beeinflussen.  Deshalb – obwohl die letzten Spiele 2008-2009 statt fanden – können wir es als Erfolg verbuchen, dass die griechische Gesellschaft sich jetzt der vielen Probleme im Erziehungswesen bewusst ist, die gelöst werden müssen.

 

OA: Wovon träumen Sie?

MT: Dass die Spiele ganz Europa oder sogar die ganze Welt umfassen könnten; trotz der Tatsache, dass wir uns in einem Zeitraum der finanziellen Krise befinden, und dass die Geistes- und Sozialwissenschaften nicht genug gewürdigt werden, bin ich davon überzeugt, dass der einzige Weg zu intellektuellem Fortschritt und zu Ruhe und Gelassenheit darin besteht, dass Gesellschaften die Kultur und ihre Rolle im Leben pflegen, selbst wenn dabei Methoden eingesetzt werden, die nicht viel kosten. 

 

 

Olga AlexopoulouOlga Alexopoulou, conductor, Vice President of the Pan-Hellenic Association of Conductors of Choral & Instrumental Ensembles

 

 

 

 

Übersetzt aus dem Englischen von Irene Auerbach, England

Edited by Hayley Smith, UK

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