(vom 2. bis 5. November 2011): Von der brüderlichen Verbundenheit in der Musik zum meisterhaften Chorgesang
Henri Pompidor, Chordirigent und Professor
Das Credo jeder Chorvereinigung ist ohne Zweifel, dass “diejenigen, die zusammenkommen, um gemeinsam zu singen, immer ihr Bestes zum Ganzen beitragen wollen” (Lasserre). So war es auch bei der neunten Ausgabe des internationalen Chorfestivals (als Wettbewerb fand es zum siebenten Male statt), das in der koreanischen Stadt Busan vom 2. bis 5. November des letzten Jahres durchgeführt wurde (Busan Choral Festival & Competition). Das Treffen hat jedem Teilnehmer das Beste entlockt, beflügelt vom Geiste der Brüderlichkeit, der die Chöre zu erstklassigen Leistungen führte. Das allgemeine Niveau der musikalischen Interpretation zeigte noch einmal eine Steigerung gegenüber den Festivals der vergangenen Jahre. Unsere südkoreanischen Freunde vom Korea Choral Institute und aus der Stadt Busan (Busan Metropolitan City), haben diese Veranstaltung in hervorragender Weise organisiert zum Wohle und zur Freude der Gastgruppen aus 12 verschiedenen Ländern. Alle wurden problemlos und zuvorkommend aufgenommen, so dass jeder unter besten Bedingungen am Wettbewerb und den anderen Angeboten des Festivals teilnehmen konnte.
Obwohl der Wettbewerb hauptsächlich im Kulturzentrum von Busan stattfand, haben die Teilnehmer zahlreiche Konzerte an verschiedenen Orten der Stadt einem begeisterten koreanischen Publikum dargeboten. Ein intensiver Austausch hat sich während der vier Tage mit den Einwohnern Busans und seiner Region entwickelt, zur beiderseitigen Freude der Gäste und der Einheimischen, unter ihnen sowohl Kenner als auch wissbegierige Laien, doch alle mit Vergnügen an der musikalischen und chorischen Begegnung teilnehmend. Das Eröffnungskonzert war ein Höhepunkt des Festivals, das gemischte Programm gab Gelegenheit, einige zeitgenössische Chorstücke zu hören, und schloss feierlich mit einer überzeugenden und schönen Interpretation der Krönungsmesse von Mozart (K345), aufgeführt von den Chören des Festivals und einem Orchester junger Musiker aus Busan (Boystown Symphony Orchestra) unter der Leitung des jungen Dirigenten Chung Min.
Die Wettbewerbsteilnehmer des Festivals wurden verschiedenen Kategorien zugeteilt: In der Kategorie “gemischter Chor” konnte man den philippinischen Chor Cebu Chamber Singers hören, ein Ensemble mit großer stimmlicher Reife, die durch die alternierende Aufstellung der Chorsänger und durch ein Repertoire mit einer großen Bandbreite von Stilen und geschickt ausgewählten Kompositionen unterstrichen wurde. Aber ein Chor aus Japan (Okazaki High School Choir (Japan) konnte schließlich mehr Stimmen der Jury auf sich vereinen. Der junge Chor, von unbestreitbarer stimmlicher Qualität, verließ sich auf eine Dynamik der Kontraste, wie man sie nur selten von Oberschulchören zu hören bekommt. Der Renwen Philharmonic Choir of Wuhan University (China) hatte auf eine Auswahl von zeitgenössischen Stücken gesetzt, deren perfekte Beherrschung nicht immer die stimmlichen Schwächen überdecken konnte, was in einem solchen Wettbewerb von Nachteil ist. Die Gruppe verfügt dennoch über eine perfekte klangliche Homogeneität und einen sehr ausgefeilten musikalischen Sinn.
In der zweiten Kategorie “Gleichstimmige Chöre” konnte eine indonesische Gruppe alle Stimmen der Jury auf sich vereinen. Die klangliche Fülle der Gruppe war unmittelbar wahrnehmbar. Dieser Chor interpretierte ein Programm, das eine wahrhaftige Reise durch die musikalische Vergangenheit darstellte, mit einigen Stücken aus der Renaissance (Handl) zu Beginn, um uns dann schrittweise bis zu zeitgenössischen Kompositionen (Nystedt, Chihara) zu führen. Eine wohlüberlegte Auswahl von Stücken ist immer ein Vorteil für eine Gesangsgruppe, vor allem bei Vielfalt und Wagemut im vorgestellten Repertoire.
Die folkloristischen Gesänge bilden die dritte Kategorie, und aufgrund der Qualität in der Vorbereitung wussten die beim Festival anwesenden Ensembles auch die Jury zu begeistern. Vermittels des Gesangs und der Gestik werden die Traditionen und Bilder eines oftmals schon überholten Alltags mit einer erneuerten Energie wieder lebendig gemacht. So erfolgte eine magische Einladung in das Zentrum Chinas durch den Renwen Philharmonic Choir of Wuhan University, eine Reise auf das tschechische Land mit dem Iuventus Svitavy und in den Süden der Philippinen mit den Cebu Chamber Singers. Dieser letztgenannte Chor errang schließlich den Grand Prix und bestach wieder einmal durch seine musikalische Exzellenz, durch die Homogeneität des Gesanges, die Musikalität des Ensembles, die Dynamik der fehlerfreien choreographischen Bewegung. Der Jazz-Chor, die letzte Kategorie im Wettbewerb, fand mit der koreanischen Gruppe Maytree (Südkorea) engagierte Interpreten, die die spezifischen Rhythmen des gesungenen Jazz, die Abfolge der Dynamik, die kontrastierenden Klangebenen und die freien Variationen beherrschten.
Das internationale Festival des Chorgesanges in Busan (Busan Choral Festival & Competition) behauptet so seinen Platz unter den großen internationalen Chorwettbewerben. Die Anstrengungen der Organisatoren, die Qualität der anwesenden vokalen Gruppen stehen für ein herausragendes Wettbewerbsniveau. Dieses Festival spielt jetzt, und auch zukünftig, eine bestimmende Rolle in der musikalischen Welt Asiens und, seien wir versichert, auch in der restlichen Welt. Die Anstrengungen der Stadt Busan (Busan Metropolitan City), des koreanischen Chorverbandes (Korea Choral Institute) und des Ministeriums für koreanische Kultur (Ministry of Culture, Sports and Tourism), um dieses Festival auszuweiten und für eine Vielzahl von Chören aus Asien und darüber hinaus zugänglich zu machen, sind beachtlich. Das Festival ermöglicht eine größere Verbreitung des Chorgesanges auf dem asiatischen Kontinent und begünstigt diese Entwicklung als eine Achse der Erziehung.
Erinnern wir uns zum Schluss daran, dass die Größe dieses kollektiven Augenblickes der Musik, wenn er in einem Wettbewerb institutionalisiert wird, für alle Teilnehmer eine wunderbare Zeit des gemeinsamen Wirkens, der Begegnung und der musikalischen Freundschaft bleibt.
Was man “sich aufeinander einstimmen” nennt ….
Henri Pompidor (Chorleiter). Als ehemaliger Schüler des Konservatoriums in Toulouse und Doktor der Musikwissenschaft (PhD, Paris IV-Sorbonne), wird Henri Pompidor 2004 zum Direktor der Abteilung Gesang und Chorgesang an der Universität in Rangsit berufen, bevor er zur Musikfakultät in Mahidol (Thailand) wechselt, wo er seitdem als Professor für Chorgesang und Leiter der Universitätschöre wirkt. Gleichzeitig wird er 2007 permanenter Leiter der Chöre des Philharmonischen Orchesters von Thailand. Seit 2004 hat Henri Pompidor mit unterschiedlichen universitären und professionellen Chorformationen zahlreiche Konzerte in Thailand und Südostasien dirigiert. In den letzten Jahren hat er zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen veröffentlicht, insbesondere über Chortechniken, Phonetik für Chöre und eine Geschichte des Chorgesanges von den Anfängen bis in unsere Tage. Email: henripompidor@hotmail.com
Übersetzt von Manuela Meyer, Deutschland
Edited by Gillian Forlivesi Heywood, Italy