Kann sie uns noch faszinieren?
Andreas Herrmann,
Professor für Chordirigieren
Sie würden diesen Artikel vermutlich nicht lesen, wenn Sie nicht eines Tages von einem Virus infiziert worden wären: Dem Faszinosum Chormusik – der menschlichen Stimme als unmittelbarstem künstlerischen Ausdruck. Wenn Sie mit den Ohren eines Kindes die Verschmelzung vieler menschlicher Stimmen zu einem Ganzen, zu einem farbigen Klang, zu reiner Harmonie und unmittelbarer Botschaft erlebt haben, lässt Sie dies nie wieder los: Wenn es um Chormusik geht, wird Ihnen immer ein missionarisches Momentum anhängen, seien Sie nun Komponist, Musiklehrer, Chorsänger oder nur „einfacher“ Zuhörer und Musikkonsument.
Kennen Sie Familien, in denen noch gesungen wird? Einschlaflieder, Kanons, Abzählverse, Kinderlieder – Singen war in vielen Familien bis vor wenigen Jahren noch selbstverständlicher Bestandteil des Zusammenlebens mit Kindern. Aber es macht sich Unsicherheit breit: Stereo-Anlage, Fernseher, Computer, mp3-Player – aus allen Medien und allen Ecken wird heute perfekter gesungen und musiziert, als man sich bis vor kurzem vorstellen konnte. Da ist es doch besser –so schleicht sich in unser Unterbewusstsein ein – wir überlassen die Beschäftigung mit der Musik rund ums Kind den Fachleuten, den professionellen Früherziehern, den Medien, den Musikwissenschaftlern, den Schulen, den Lehrern, denen, die was davon verstehen – bis hin zu kompetenten Popstars, bei denen die Sangeskünste gleich professionell und computergestützt richtig einordnet und bewertet werden.
Die Stimme – der Atem – die Technik
„Den Atem des Lebens hauchte er in sein Angesicht – und der Mensch wurde zur lebendigen Seele“. –Dieser Vers aus dem Libretto zu Joseph Haydns Oratorium Die Schöpfung geht allem menschlichen Wirken voraus. Atem ist die Voraussetzung für musikalischen Impuls. Gesunder Atem ist Voraussetzung für gesundes Singen und Sprechen. Gesunde Luft ist wiederum die Voraussetzung dafür, gute Atemübungen, die Sie zuhauf in guten Gesangs-Schulen finden, sinnvoll durchführen zu können. Sängerstimmen sind gleich einem Leistungssportler sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Eine nicht zu unterschätzende Aufgabe für uns alle ist es, hier über den Tellerrand der musikalischen Ausbildung zu blicken und den Wert der reinen „Schöpfung“ und gesunder Atemluft für die moderne Zivilisation zu erkennen, wertzuschätzen und zu bewahren.
Sorgsam gewählte Stimmübungen können beim Einsingen helfen, den Weg zum Musizieren –sei es für eine Probe oder ein Konzert – zu ebnen. Verspannungen werden im Idealfall gelöst, geistig und körperlich erfolgt eine Hinwendung zur Musik. Über Einsingen ist viel Gutes und weniger Gutes geschrieben worden. In letzter Zeit mehren sich in der entsprechenden Fachliteratur die Beschreibungen der physiologisch-medizinischen Grundlagen. Diese können sehr hilfreich sein, insbesondere, wenn es um Fragen geht wie die Behandlung der heranwachsenden Stimme, Stimmschwierigkeiten bei hoher Beanspruchung, oder Erweiterung und Ausgleich der Register-Lagen. Im Blick behalten sollte man, dass chorische Einsingübungen eine solide Stimmausbildung nicht ersetzen können, und dass das vornehmste Ziel jeder Chorprobe, gute Musik zu machen, nicht durch einen ausufernden Anteil der Übungen an der Gesamtzeit der Probe verfehlt wird. Insofern: Guter Gesangsunterricht, der um diese Dinge weiß, ist für jeden wertvoll.
Gutes Singen erschließt sich übers Hören. In der Probesituation muss man allerdings lernen, zwischen Gehörbildung und Stimmbildung zu differenzieren. Nur weil man in der Lage ist, etwas kräftiger zu singen, bedeutet das nicht automatisch, dass die Intonation immer stimmen wird. Die Gesangstechnik muss auch stimmen. Technische und gesangliche Schwierigkeiten können bewältigt werden, aber nur, wenn Sie gelernt haben zuzuhören. Lernen Siedas Zuhören: Summen Sie mit, schreiben Sie auf, vergleichen Sie verschiedene Interpretationen. Erinnern Sie sich an Melodien aus Musikstücken und versuchen Sie, diese unter der Dusche zu pfeifen und zu singen. Achten Sie auf Ihre körperliche Gesundheit, sie ist der Schlüssel zu einem erfüllten geistigen Leben. Nur mit ihr haben Sie die Kraft, als Botschafter für Chormusik andere Menschen zu begeistern. Wer in Ihrem Chor macht Yoga? Wer nicht?
Ausbildung & Weiterbildung
„Fürchtet euch nicht!“– Diese frohe Weihnachtsbotschaft, mit der Bach eine seiner sechs Motetten betitelte, möchte ich allen Politikern und Kommissionen mitgeben, die sich in ängstlichen Kleinigkeiten verlieren, wenn sie versuchen, nun auch im musischen Bereich mit Umwälzungen von Pädagogiksystemen – koste es bürokratisch, was es wolle– die ungeschliffenen menschlichen Rohdiamanten, die Studenten, durch die Maschinerie des Bologna-Prozesses zu schleifen, bis sie alle so schön sind, wie nur ein perfektes, von Menschen ausgedachtes System sie eben überhaupt nur bearbeiten kann. Freiheit, schöner Götterfunken – hier fehlt ein Plädoyer für dich! Gebt jedem unserer Kinder die Zeit zurück, die ihr ihnen stehlt, nur damit sie noch stromlinienförmiger in ein technokratisches Ausbildungssystem passen! Habt Vertrauen und keine Angst – es wird gut, wenn Ihr die berufenen Künstler, Künstler sein lasst. Gebt Ihnen Zeit, lasst sie Angebote selbst wählen, gebt ihnen mehr Freiheit, ihren Weg zu finden, auch die Freiheit, ihre Stimme zu erheben, auch die Freiheit zu spielen und zu singen! Ihr habt die Welt von Euren Kindern nur geliehen! Lasst los!
Prima vista
Dieses Thema wollte ich unbedingt anschneiden, weil es den ersten Themenschwerpunkt Stimmtechnik mit dem zweiten – nämlich Bildung – verbindet. Leider bleibt für manche Ensembles das „Vom-Blatt-Singen“ entweder ein fremder Begriff oder ist mit Angst verbunden. Und je älter ein Chormitglied ist, desto schwieriger wird es, diese wichtige Fähigkeit zu erwerben.
Das Vom-Blatt-Singen ist eine der wichtigsten und möglicherweise schwierigsten Fähigkeiten, die von Chorsängern verlangt wird. Das Unterrichten des Vom-Blatt-Singens während einer Chorprobe ist natürlich eine zeitraubende Aufgabe. Dennoch sollten sich Chorleiter, die selbst gut vom Blatt singen, Gedanken machen, wie viel Zeit sie diesem Fach widmen, welche Unterrichtsansätze in Frage kommen und welche Methoden der Erfolgskontrolle existieren. Es gibt eine Vielzahl von Systemen, die sich mit Rhythmus und Tonhöhen auseinandersetzen, sicherlich ist eine breite Palette didaktischer Methoden notwendig. In Amerika geht eine Reihe solcher Publikationen bis ins 17. Jahrhundert zurück. Heute stellen uns Musikverleger immer wieder neue und verbesserte Methoden vor. Kompetenz in diesem Metier bleibt jedoch ein Thema, das auf dem Gebiet der Chormusik häufig vernachlässigt wird. Ich frage mich, wie viele von Ihnen, die gerade diesen Artikel lesen, bei der Probe aufgefordert werden, neue Werke vom Blatt zu singen. Ich bin auch neugierig herauszufinden, ob das Thema mit Ihrem Chorleiter bzw. Ihrer Chorleiterin je angesprochen worden ist. Besitzen er oder sie die Fähigkeit, akkurat vom Blatt zu singen? Hoffentlich eine nicht zu provokante Frage!
Es ist sicher lohnenswert, sich mit diesem Thema nun etwas auseinanderzusetzen. Neue akademische Forschungsergebnisse zeigen, dass gerade die Chorleiter, die nicht in der Lage sind, das Fach prima vista zu unterrichteten, viel weniger motiviert sind, entsprechend zu reagieren. Warm-ups machen Spaß, sie können aber nicht allein selig machen. Wird genug getan, um unsere Stimme und unseren musikalischen Verstand auszubilden? Wenn wir alle mehr über Skalen und Intervallik wüssten, könnten wir unbekannte Stücke auch besser vom Blatt singen. Außerdem kann und soll dieses theoretische Wissen mit dem Gefühl, das von bestimmten musikalischen Gesten und Phrasen in unseren Körpern hervorgerufen wird, verbunden werden. Googeln Sie doch „movable do“ und „minor la“. Sie werden staunen!
Wer leitet den Chor?
Ein Chor ist immer nur so gut wie die Person, die den Chor leitet. Viele Dinge, die eine sehr gute Chorleiterin bzw. einen sehr guten Chorleiter ausmachen, kann man lernen: Für Musikalisches gibt es Kurse, für Musikwissenschaftliches Bücher und Aufsätze. Nutzen Sie die vielfältigen Angebote in dieser Richtung und interessieren Sie sich für Neues, für Dinge, die bisher nicht Ihre Stärke waren. Wenn Sie nicht selbst Chordirigent oder -dirigentin sind, sprechen Sie mit jemandem in dieser Position. Stellen Sie ihr bzw. ihm ruhig einmal Fragen, über den Weg, den sie bzw. er geht. Entweder lernen Sie dabei, oder er. Seien Sie mutig!
Das Dirigieren von Instrumenten und Orchestern ist ebenfalls von enormer Wichtigkeit. Für die professionelle Chorleitungsausbildung ist es völlig unerlässlich. Zu vielfältig ist die Literatur mit Chor und Instrumenten, und als Chordirigent ist man schnell in der Situation, es nicht nur mit vokalen, sondern auch mit instrumentalen Ensembles zu tun zu haben. Mir sind Bestrebungen in manchen deutschen Hochschulen bekannt, die aus falsch verstandenen Sparsamkeitsgründen diese wichtige Facette der Ausbildung einschränken möchten. Jeder, der einmal in seinem Leben das erste Mal vor einem Orchester gestanden ist, kennt dieses vage Gefühl der Unsicherheit: Hier braucht man zusätzlich zu einer Portion Musikalität auch eine Portion lernbare Technik. Gebt den jungen Chordirigenten die Chance, dies praktisch zu erlernen, auch wenn es leider – wie vieles Gute, Schöne und Wichtige im Leben – Geld kostet.
Etwas Kreatives
Lesen Sie gute Bücher, schauen Sie gute Filme an, gehen Sie schön essen, treiben Sie Sport, lachen Sie, seien Sie Mensch. Hinterfragen Sie. Gehen Sie jeden Tag einer Sache nach, von der Sie überhaupt keine Ahnung haben. Fangen Sie als erstes mit Irenäus Eibl-Eibesfeldt[1]an. Achten Sie bei guten Filmen auf die Musik. Achten Sie bei gutem Essen auf die Musik. Achten Sie beim Chorsingen auf die Musik. Achten Sie in Konzerten auf die Musik. Genießen Sie die Musik und gönnen Sie sich den freudigen Luxus, auch einmal unkritisch zu sein.
IQ steht für den Intelligenzquotienten, EQ für Emotionale Intelligenz. Singen ist Kommunikation. Wenn Sie sich mit Chormusik beschäftigen, hilft Ihnen daher ein hoher EQ weiter als Ihr IQ. Bilden Sie daher Ihre emotionalen Fähigkeiten weiter: rufen Sie alte Freunde an, versuchen Sie zu erspüren, wie es ihnen geht, ohne dass Sie viel Fragen stellen. Reagieren Sie angemessen. Lernen Sie, nein zu sagen, ohne sich oder andere zu verletzen. Wenn Sie selbst in einem Ensemble mitwirken, sorgen Sie dafür, dass regelmäßig Gespräche darüber stattfinden, wie man Dinge besser machen kann. Helfen Sie, das Ensemble für neue Mitglieder zu öffnen.
Der Theateralltag lässt es hier oft zu wenig zu, an der Chorqualität als solcher zu arbeiten. Wenn Sie Opernfan sind, besuchen Sie auch Konzerte, in denen Ihr Opernchor konzertant auftritt, und geben Sie entsprechend Feedback. Wenn Sie Fan von chorsymphonischen Aufführungen sind, besuchen Sie auch Konzerte, in denen Ihr Chor a cappella auftritt, und geben Sie entsprechend Feedback. Faszinieren Sie eine Person aus Ihrem Bekanntenkreis, deren Hauptinteresse nicht im musikalischen Bereich liegt, von einem Stück Chormusik, das Ihnen am Herzen liegt. Es lebe die Vielfalt.
Es gibt Organisation und Organisation
Nehmen Sie Kinder und Jugendliche in ihrer Kreativität ernst: Sie können und möchten künstlerisch viel mehr leisten, als manche meinen. Üben Sie konstruktive Kritik und motivieren Sie: Spenden Sie für jeden Kritikpunkt an mindestens drei anderen Stellen Lob. Bei der Planung von Konzerten und Veranstaltungen sollte es immer Raum für neue Gedanken geben: Seien Sie daher Neuer Musik gegenüber aufgeschlossen, schrecken Sie aber umgekehrt auch nicht davor zurück, Bekanntes, Bewährtes, Wertvolles aufs Programm zu setzen. Überlegen Sie, inwieweit der Einsatz neuen Equipments wie Videobeamer, Lichtgestaltung, Soundtechnik usw. helfen kann. Das ist schließlich das Showbusiness. Überlegen Sie aber auch, inwieweit die innere Schönheit mancher Musik auch ohne solche Äußerlichkeiten auskommt. Seien Sie gut strukturiert in allem, was Sie künstlerisch angehen. Was? Sie sind nicht künstlerisch aktiv? Dann wird es höchste Zeit! Sie können das. Uraufführungen sind das Salz in der Suppe. Neue Musik entfernt den musealen Muff aus den Konzertsälen. Besuchen Sie auch Konzerte, in denen Ihr Chor mit Neuer Musik auftritt und geben Sie entsprechend Feedback. Chorwettbewerbe können eine großartige Gelegenheit zur Begegnung sein. An sich ist Kunst jedoch nichts, was an sich auf Wettbewerb ausgerichtet ist. Dies sei bewusst festgehalten, trotz der großen Anzahl an musischen Wettbewerben. Wahre geistige und künstlerische Größe wird sich immer durchsetzen, egal, was irgendwelche Kommissionen oder Jurys beschließen. Bekanntlich wurde Mozart im Armengrab beerdigt, während viel kleinere Geister, deren Namen heute keiner mehr kennt, bei den Wettbewerben ihrer Zeit als Sieger das Podium verließen.
Zurzeit denken viele nationale Chorverbände über die Zukunft des Chorgesangs nach. Es gibt eine Vielzahl von Arbeitsgruppen, Projekt- und Planungsgruppen, Round Tables, und jeder fordert, dass etwas Neues geschehen muss. Wie aber kann das Singen in einem Chor attraktiv gestaltet werden, so dass der Chorgesang eine echte Zukunft hat? Was sind die gegenwärtigen Strukturen in Ihrem nationalen bzw. Landesverband? Und in welchem Ausmaß arbeiten die größeren nationalen Organisationen mit Hinblick auf die Zukunft? Es wäre interessant zu wissen, was die Basis denkt und ob unsere Parteifunktionäre sich wirklich mit dem Gesang beschäftigen. Die Anzahl und Mitgliederstärke der Chöre auf Papier zu bannen, ist nicht genug. Verlangt ein Chorverband zu viel von seinen Mitgliedern? Oder versucht er, ein Vorbild guten – musikalischen –Handelns zu sein? Viele schon vorhandenen Strukturen und Mechanismen sind selbstverständlich völlig in Ordnung. Die Zeiten ändern sich aber, und Komitees, Vorstände und Freundeskreise müssen sich mit neuen Anliegen auseinandersetzen. Die unpopulären Themen sind immer die, die am schwierigsten zu regeln sind. Zurück zum Thema Stimmtechnik und Vom-Blatt-Singen also!
Relevant ist auch die Frage, ob das Chorwesen professionell oder nur von Laien für Laien angelegt ist. Das eine schließt das andere nicht unbedingt aus, und das letztere kann manchmal wiedas erste klingen. Was bleibt, ist die Tatsache, dass die Ausschussmitglieder der meisten Bundesorganisationen sowohl politische wie auch musikalische Funktionen erfüllen. Aber auch Politiker müssen in die Verantwortung gezogen werden. Tun sie, was wir von ihnen erwarten und verlangen? Und helfen sie, neue Initiativen ins Leben zu rufen, mit denen „Change“ – wie Obama es formulierte – stattfinden kann? Nur wenn das „normale“ Mitglied das Gefühl hat, sowohl von unten als auch von oben unterstützt zu werden, wird das Chorleben neue Impulse bekommen.
Die Medien
Eigene Websites, YouTube, MySpace, Facebook und Twitter können helfen, auf künstlerische Projekte international aufmerksam zu machen, lange bevor das etablierte Fernsehen und die Presse jemals hellhörig werden. Machen Sie sich mit den nötigen Techniken dazu vertraut. Die Rundfunklandschaft in Deutschland hat ein weltweit einmaliges System von Rundfunkorchestern und Rundfunkchören geschaffen. Auf diesem Humus blüht die professionelle deutsche Chor- und Orchesterkultur und strahlt mit hervorragender Qualität sowohl auf das semiprofessionelle als auch auf das Laienchorwesen in Deutschland aus. Solche nationalen Effekte wirken auch international weiter. Treten Sie dafür ein, solche Qualität in Deutschland zu erhalten und auch für andere Länder auszubauen. Vielleicht ist diese Kultur eine der ganz wenigen wirklichen Exportwerte, die Deutschland international zu bieten hat, von deren Humanismus man weltweit von Deutschland lernen kann. Die Kosten für die Chöre und Orchester sind, wie entsprechende Studien belegen, vergleichsweise gering für den Gewinn, der sowohl sozio-ökonomisch, materiell entsteht, als auch für den unbezahlbaren geistigen und ideellen Wert. Einsparungen hier sind dumm, kurzsichtig und an der falschen Stelle.
Qualität
An Qualität kann niemand vorbei. Für Vieles ist im künstlerischen Alltag zu wenig Geld da. Doch wenn die Qualität stimmt, tun sich oft Türen auf, von denen man vorher keine Ahnung hatte. Arbeiten Sie immer an der Qualität, egal wo Sie stehen, im Chor oder davor. Denken Sie daran, was das Wichtigste ist: das Werk, die Musik. Verbände und Strukturen sind kein Selbstzweck, sie müssen der Sache dienen. Auch wenn das ein unpopuläres Wort sein mag, nur so wird die Zukunft gesichert. Behalten Sie das holistische Bild vor Augen: in dem Moment, in dem Stimmbildung, Gehörbildung, Vom-Blatt-Singen und das Dirigieren miteinander effizient vernetzt sind und miteinander verschmelzen, entsteht ein völlig neuer Klang – einer, der dem Publikum sehr angenehm ist. Jede Musik ist ernst, alles, was auf der Bühne passiert, muss unterhaltsam sein. Bleiben Sie der Musik treu, so werden Sie nicht enttäuscht werden.
„Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch mein Apfelbäumchen pflanzen“ (D. Martin Luther zugeschrieben).
[1] Irenäus Eibl-Eibesfeldt, geboren 1928 Wien.Schwerpunkte seines Interesses bildeten Fragen der Verhaltensentwicklung und die Kommunikation. Seine Experimente trugen entscheidend zur Klärung des Streits um das Angeborene im Verhalten der Säuger bei.
Der Autor Prof. Andreas Herrmann ist Professor für Chordirigieren an der Hochschule für Musik und Theater München und Chordirektor der Münchner Philharmoniker. E-Mail: a.herrmann@philchor.net – Webseite: www.prof-andreas-herrmann.de
Translated from the German by Irene Auerbach, UK