Wo Theodora zu Hause ist
Brigitte Siebenkittel
Vizepräsidentin des AMJ*
Es war ein lang gehegter Wunsch vom langjährigen Boardmember Theodora Pavlovitch, die EC-Generalvollversammlung in Sofia durchzuführen. Und man sah es ihr an, wie sehr sie sich freute, als sie uns im Hochhaus-Hotel Moskva, 15 Auto-Minuten vom Flughafen der Millionenstadt Sofia entfernt, begrüßte.
Einschließlich der gastgebenden Organisation Bulgarian Choirs Union trafen sich ca. über 100 Personen aus 20 Ländern am ersten Abend zum Willkommensempfang.
2008 in San Sebastian hörten wir bei der Begrüßung baskische Worte und Klänge, die außer den “Einheimischen” keiner – nicht mal im Ansatz – verstand! Diesmal ging es uns bei der bulgarischen Sprache mit ihren weichen, vokalreichen, dem Russischen oder Tschechischen ähnlichen Lauten ebenso. Wie auch beim ersten Konzert am Abend, zu dem uns die Busse in die Stadtmitte fuhren – natürlich am Freitagabend mit Stau und langen Autoschlangen. Wir hörten den Academic Female Folklore Choir of the Academy of Music, Dance and Fine Arts, Plovdiv, cond: Kostadin Buradjiev. Leider tanzten sie in ihren hübschen Kleidern nicht, aber die Stimmen waren beeindruckend und anders, als man es gewohnt war. Dass man ohne Bedenken und ohne sichtbare Anstrengung die Bruststimme so weit hochziehen kann, erstaunte und befremdete zunächst, aber der Chor zeigte sich in jedem Lied – hauptsächlich Folksongs vom anwesenden Komponisten – versiert, perfekt, motiviert und kraftvoll. Dies war auch der Hör-Eindruck des Konzertes am Samstag mit der sehr guten Youth section of Sofia Boys’ Choir, cond: Adriana Blagoeva , dem wunderbar legato singenden Chamber Choir of the church St. Trinity, Sofia, cond: Elianka Mihaylova und dem herausragenden, voller KlangKultur und mit viel Lebendigkeit und Ausstrahlung singenden Sofia Chamber Choir Vassil Arnaudov unter der Leitung von der “Hausherrin” dieses Wochenendes: Theodora Pavlovitch! Vielen Dank, Theodora, es war ein besonderes Erlebnis, deinen Chor zu hören!
Der Samstagvormittag gehörte der Generalversammlung mit zwei für die Zukunft wichtiger Ergebnissen:
- Sante Fornasier aus Italien wurde zum Präsidenten von Europa Cantat gewählt. Er ist Nachfolger von Jeroen Schrijner, dessen Amtszeit nach neun Jahren im Vorstand von Europa Cantat endete. Die Generalversammlung wählte einen Vorstand mit 13 Personen aus 12 Ländern.
Der Präsident wird in seiner Arbeit von drei weiteren geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern unterstützt:
- Gábor Móczár aus Ungarn als 1. Vizepräsident
- Fred Sjöberg aus Schweden, der als 2. Vizepräsident bestätigt wurde / Vorsitzender der Musikkommission
- Jean Smeets aus Belgien als Schatzmeister
- Die weiteren Vorstandsmitglieder sind Séverine Delforge (Belgien), Montserrat Gual (Spanien), Guido Helbling (Schweiz), Mihela Jagodic (Slowenien), Reijo Kekkonen (Finnland), Jan Schumacher (Deutschland), Kaie Tanner (Estland), Thierry Thiebaut (Frankreich), Daphne Wassink (Niederlande).
- Die Generalversammlung genehmigte weiterhin das Programm der Aktivitäten für die kommenden Jahre und entschied über den Zusammenschluss der zwei größten europäischen Chor-Organisationen Europa Cantat – European Federation of Young Choirs and AGEC (Arbeitsgemeinschaft Europäischer Chorverbände) zur European Choral Association – Europa Cantat.
Im Jahr 2010 wird die Vereinigung vorbereitet und Anfang 2011 soll dann der Zusammenschluss erfolgen. Mit dem Zusammenschluss wollen die beiden Organisationen das Wissen und die Erfahrungen von zwei wichtigen europäischen Organisationen zusammenführen, der Welt der Chöre den bestmöglichen Service bieten, eine große Europäische Chor Föderation in Europa bilden und die Position der Chormusik innerhalb Europas stärken.
Am Samstagnachmittag konnten nach den belebenden Vorträgen über Singen als Segen für Körper und Seele, über den Einfluss auf die Gesundheit und über die Schönheit des Belcanto, drei parallel stattfindende Workshops besucht werden.
Wir hörten über das Singen mit Handicaps, über praktikable und gesund erhaltende Maßnahmen in der Vokal-Technik und von Theodora Pavlovitch einiges über 1200 Jahre Musik in Bulgarien. Auf meine Frage an einer ihrer mitgebrachten Solisten, ob diese denn auch mit Kopfstimme singen könnten, bekamen wir eine fein gesungenes Madrigal zu hören. Die Sopranistin, die ihre Stimme besonders vielseitig einsetzen konnte, sagte mir, sie wisse gar nicht, wie sie mit dieser lauten, fast quäkenden Bruststimme singen könne, sie habe es von ihrer Mutter gelernt und diese wiederum von ihrer Mutter. Für Theodora war es “normal”, dass ihre Studenten alle so vielseitig professionell singen können!
All dies und mehr wurde an den beiden Abenden in der gemütlich-plüschigen Bar in der 19. Etage reichlich untereinander ausgetauscht. So hatten sicherlich alle Teilnehmer ein interessantes und inhaltlich reiches Wochenende erlebt – da, wo Theodora zu Hause ist!
* AMJ = Arbeitsgemeinschaft Musik in der Jugend (Music and Youth)
E-mail: brigittesiebenkittel@gmx.de