Interview Nilo Alcala / Mark Anthony Carpio

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Herr Alcala, Sie haben mehrere Stücke mit Lautmalerei verfasst. Warum haben Sie nicht einen bereits bestehenden Text verwendet oder einen neuen geschrieben? Welche Rolle spielen die Lautmalereien in Ihren Werken?

Nilo Alcala (NA): Als philippinischer Komponist habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, die philippinische Musik und Kultur bekannter zu machen. Ein großer Teil meiner Chorwerke verwendet Lieder verschiedener Regionen der Philippinen, bzw. gründet sich darauf. Der Hauptzweck der Lautmalereien in meinen Chorwerken besteht darin, die instrumentale Klanglandschaft der Region zu imitieren, aus der das Lied stammt.  Das bedeutet in gewisser Hinsicht, dass die Lautmalerei NICHT die eigentliche Sprache ersetzt, sondern zusammen mit einem bestimmten Dialekt funktioniert.

Für Gesänge aus den südlichen Philippinen würde ich lautmalerische Sätze wie “tm taka taka tm tm” oder “di-gi-ding ding di-gi ding” oder “dang taka dang tang” benutzen, um metallene oder hölzerne Schlaginstrumente der Region nachzuahmen, und dabei gleichzeitig die genauen Rhythmen ihrer auf diesen Schlagzeugen basierenden Musik. (Hören Sie sich Kaisa-isa Niyan an:

 Ich setze auch Lautmalerei als Wortmalerei ein. Zum Beispiel können erfundene Wörter wie “zzsshh” oder “trrrr” Bilder von Chaos oder Zerstörung erwecken, im Gegensatz zum Summen, das schon in sich friedlich klingt.

Was sind die Herausforderungen des Gebrauchs dieser besonderen Sprache beim Komponieren von Vokalmusik?

NA: Eine der häufigsten Herausforderungen ist die Aussprache dieser lautmalerischen Ausdrücke – aber nur, wenn keine Aussprachenanleitung beigefügt ist. Als Philippinos würden wir die lautmalerischen Wörter wie “dum dum” oder “tum tum” mit langem u aussprechen (ohne behauchte Konsonanten). Ich habe aber festgestellt, dass die Chöre aus dem Westen den Buchstaben “u” wie ein Schwa aussprechen und die Konsonanten automatisch anhauchen. Das kann jedoch durch eine Aussprachehilfe oder die Verwendung des IPA (Internationales Phonetisches Alphabet) leicht korrigiert werden.

Herr Carpio, sie haben vor kurzem mit den Philippine Madrigal Singers eine CD eingespielt mit dem Titel “Onomatopoeia”. Was hat Sie dazu veranlasst, dieses Programm aufzunehmen?

Mark Anthony Carpio (MAC): Von Anfang an haben die Philippine Madrigal Singers unter ihrer Gründerin (Anm. Der Übersetzerin: Andrea Veneracion) sich zum Ziel gesetzt, philippinische Chormusik in allen Konzerten zu singen und bekannt zu machen. Als ich 2001 ihr Chorleiter wurde, war ich entschlossen, diese Politik weiter zu verfolgen.  Weiterhin habe ich mich dazu verpflichtet, diese Werke durch Einspielungen zu bewahren. Angefangen habe ich mit Stücken aus den Reihen unserer eigenen Sänger. Onomatopoeia, eine Sammlung der Werke von Nilo Alcala II, ist eins unserer ersten Alben.  Nilo, der von 2003 bis 2006 mit mir gesungen hat, hat mit seinen Originalkompositionen stark zu unserem Repertoire beigetragen. Viele seiner Stücke erfordern die vokale Nachahmung der Klänge von einheimischen philippinischen Instrumenten, die dadurch eine klangliche Darstellung der gesungenen Texte oder Geschichten wiedergeben. Schließlich fand ich, dass er genügend Stücke für ein Album geschrieben hatte.

Was waren die Herausforderungen, die sich aus der Verwendung einer Sprache ergeben, die nicht aus üblichen Wörtern besteht?

MAC: Zunächst ist zu sagen, dass Nilo existierende Sprachen benutzt. Was er macht, ist Silben zu verwenden, die den Klängen einheimischer Instrumente nahekommen, und diese als Begleitung für die Melodien einsetzt. Manchmal hat er auch nur einzelne Silben der Wörter verwendet. Obwohl diese Sprachen in unserem Land gesprochen werden, bedeutet das nicht automatisch, dass wir wissen, was sie bedeuten oder wie sie genau ausgesprochen werden. Viele dieser Sprachen verlangen eine andere Art und Weise, wie man den Mund formt, oder eine andere Klangfarbe. Wenn erforderlich, dann fragen wir immer um Rat, entweder von einem Muttersprachler oder jemanden, der die Sprache erforscht hat, so wie Nilo selbst.

Welche Ausspracheregelung haben Sie für die Lautmalerei benutzt — eine an die philippinische Sprache angepasste oder eine andere Regelung?

NA: Ich verwende die philippinische Aussprache“regeln“ für Vokale, ähnlich denen des Italienischen.

Philippinische Aussprache

Die Vokale ähneln denen der italienischen Sprache

Die Konsonanten werden immer hart ausgesprochen und nicht angehaucht. Das „R“ wird immer gerollt. 

Welche Möglichkeiten erschließen sich, wenn man eine Sprache benutzt, die nicht die ist, die man täglich spricht, wie z.B. lautmalerische Ausdrücke in der Vokalmusik?

NA: Im täglichen Leben tauchen lautmalerische Ausdrücke ab und zu auf, wenn ich spreche, z.B. wenn ich bestimmte sonore Situationen beschreibe. In meiner Musik kommen sie im Allgemeinen vor, um Musikinstrumente zu imitieren, die in der Region verwendet werden, aus der der entsprechende Gesang stammt.

MAC: Komponisten von Vokal- und Chormusik verwenden viel Zeit für die Text- und Wortauswahl für ihre Werke. Häufig interessieren sie sich auch für die tiefere Bedeutung eines Wortes. Manchmal interessieren sie sich für die Klangfarbe oder die Gefälligkeit fürs Ohr der Texte. In den Philippinen gibt es zahlreiche Kinderreime, die keinen Sinn ergeben, die aber trotzdem schön klingen. Es ist für uns nur natürlich, Wörter zu erfinden, die lautmalerisch sind. Es ist wäre daher nicht überraschend, dass diese einen Weg in unsere Lieder finden.  

Vielen Dank für das Gespräch!
Mark Anthony Carpio ist Chorleiter der Philippine Madrigal Singers. Er steht auch der Andrea O. Veneracion Sing Philippines Foundation vor, die führend für eine Reihe von Initiativen für die Entwicklung der Chormusik des Landes ist. Mark hat einen Master für Chorleitung und einen Bachelor für Klavier von der University of the Philippines. E-Mail:

Übersetzt aus dem Englischen von Jutta Tagger, Frankreich

Der Starkomponist Nilo Alcala ist gerade dabei, das Vermächtnis seiner Kunst von den Philippinen auf die ganze Welt zu übertragen. Er ist der erste auf den Philippinen geborene Komponist, der mit dem Copland House Residency Preis ausgezeichnet wurde und der vom La Master Chor, einem Grammy-Preisträger, einen Auftrag erhielt. Er ist auch der erste philippinisch-amerikanische Künstler, der von Musical America Worldwide als Künstler des Monats ausgezeichnet wurde. Außerdem ist er Gewinner des American Prize in der Professional Division. Er war Mitglied und Hauskomponist der Philippinischen Madrigal Singers und wurde von zwei philippinischen Präsidenten mit zwei Ani ng Dangal Preisen ausgezeichnet. Seine Werke wurden bisher in Asien, Europa, Afrika, Nordamerika und Südamerika aufgeführt. Zu seinen Auftraggebern gehören das San Bernardino Symphonie Orchester, C4, The Esoterics, die Asien-Europa Stiftung, das Internationale Andrea O. Veneracion Choral Festival, das Koreanische Kulturministerium, NAMCYA, das Manila Symphonie Orchester und andere. Unter anderem haben der Weltjugendchor, der Asia Pacific Jugendchor, C3LA, der San Francisco Mädchenchor und das South Dakota Symphonie Orchester seine Werke zu bemerkenswerten Aufführungen gebracht. Als Stipendiat des Asian Cultural Council war Nilo Alcala Billy Joel Fellow an der Syracuse Universität, wo er mit dem Irene L. Crooker Musikpreis ausgezeichnet wurde. https://www.niloalcala.com/

Übersetzt aus dem Englischen von Silke Klemm, Belgien

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