Überlegungen und Anregungen zur Aufführungspraxis für Moderne Laienchöre
Graham Lack, Komponist und Beratender Herausgeber für das ICB
Ein willkommener Trend in der heutigen Aufführungspraxis von Renaissance-Polyphonie ist die Art, in der die historisch informierte Auffassung und die praktische Ausführung von Musik beginnen zusammen zu wachsen. Natürlich haben beide sich gegenseitig nie völlig ausgeschlossen. Auch haben wir eine kritische Distanz entwickelt zu der außerordentlichen Wiederentdeckung der frühen Musik vor etwa einem halben Jahrhundert. Chorleiter brauchen sich nicht länger zwischen einer ‘wissenschaftlichen Ausgabe‘ und einer ‘praktischen Ausgabe für die Aufführung‘ bestimmter Werke zu entscheiden. Trotzdem werden Unterschiede zwischen den verschiedenen gedruckten Werken sicherlich weiter bestehen.
Die neueste musikwissenschaftliche Forschung hat ergeben, dass die Stimmbildung der Sänger in der Renaissancezeit sich sehr stark von der heutigen unterschieden haben muss. Ganz klar hätte ein Chor damals völlig anders geklungen als ein moderner.
Allgemein gehen viele Forscher davon aus, dass die Messen von Guillaume Dufay am besten mit höchstens etwa zehn Männern und Knaben zu singen sind, während die von Josquin zwei oder drei Sänger pro Stimme benötigen, das bedeutet 15-20 insgesamt, und dass Messen von Palestrina oder Di Lasso ideal mit 20-25 Sängern zu besetzen sind. Das Gewicht der historisch informierten Aufführungspraxis untermauert diese Ansicht. Die „wandernden“ und mit Verzierungen versehenen Melodien von Dufay in den oberen Stimmen erfordern eine große Flexibilität, die nur von hoch trainierten Solisten erreicht werden kann. Was die Musik der drei letztgenannten Musiker betrifft, so scheint jede Stimme der zumeist fünfstimmigen Sätze gleich wichtig – die Deklamation von Texten in allen Stimmen beweist dies. Allgemein gesehen ist die Musik des 16. Jahrhunderts weniger kompliziert als die des Jahrhunderts zuvor. Wenn wir uns England ansehen, so waren die Chöre vor der Reformationszeit nicht sehr groß im Vergleich zu heute. Wie Hugh Benham sagt:
„In Eton bestand der Chor 1476 aus sieben Männern und zehn Knaben … einige Stimmen in den wenigen der größten Antiphone des Liederbuchs des Colleges wurden von nur einem Mann gesungen … Die Knaben, die die zwei oberen Stimmen in den meisten Stücken sangen, waren mehr, aber ihre Stimmen waren schwächer, und so brauchte man mehr davon, um ein Gleichgewicht zu erzielen … Taverners Chor in der Kirche des Tattershall College bestand aus sechs Männern und sechs Knaben … Die Größe seines anderen Chors im Cardinal College Wolseys in Oxford bewies mit zwölf Geistlichen und sechzehn Chorsängern eindeutig die Vorliebe des Colleges für Pracht und Glanz“. [1]
Wenn wir jedoch der Meinung sind, dass es leicht sei, die ursprünglichen Aufführungsbedingungen zu reproduzieren, und dass ‘der wahre Charakter der Musik‘ nur unmittelbar zutage tritt, wenn wir dem nahe kommen, ‘was der Komponist sich vorgestellt hat’, dann werden wir als Sänger und Komponisten aus einer Reihe von Gründen stark frustriert sein.
Naturgemäß erfordert die Renaissance-Polyphonie eine ganz besondere Art der Präzision seitens der Sänger. Die Zeiten sind lang vorbei, in denen die Wiedergabe polyphoner Vokalmusik üblicherweise mit vollem Vibrato erfolgte. Wir müssen die Pionierarbeit anerkennen, die von vielen Ensembles der frühen Musik geleistet worden ist, wie z. B. die der 1973 gegründeten Tallis Scholars. Die Polyphonie der Renaissance ist voller Details, und wenn man den Sängern nicht den Sinn für Klarheit einbläut, dann kann man diese nicht hören. Wir sind kein Feind des Vibratos, und ein moderater Gebrauch kann sogar für ein bestimmtes Repertoire richtig sein. Wenn es jedoch zu heftig ist und das Timbre nicht mehr moduliert wird, dann geraten die Vokallinien auf jeden Fall durcheinander, und jedes Detail geht verloren.
In einer Zeit, in der Partituren von Renaissancemusik auf dem Internet leicht erhältlich sind – ein ausgezeichnetes Beispiel dafür ist CPDL – dürfen wir nicht vergessen, dass die zahlreichen Chöre, die versuchen, dieses Repertoire zu singen, völlig unterschiedliche Umfelder und Traditionen haben. Diesbezüglich hatte Howard Mayer Brown vor etwa drei Jahrzehnten folgendes zu bemerken:
„Viele Chöre in der Welt pflegen Klänge, wie sie sie in ihrer eigenen lokalen Geschichte vorfinden. Die deutschen Chöre haben sich offensichtlich aus der Tradition der Singakademien und Amateurverbände des 19. Jahrhunderts entwickelt, die italienischen aus Opernchören, die amerikanischen aus College Glee Clubs (weshalb sie mich manchmal an herbstliche Fußballspiele erinnern) oder aus den deutschen oder skandinavischen Gesangsvereinen, die in zahlreichen amerikanischen Städten gegen Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sind.“[2]
Er verschont aber auch nicht die englischen Chöre der größeren Kirchen, möchte ich hinzufügen, und nennt sie etwas abfällig „cathedral hoot“ [was man vielleicht mit „Kathedralenjohler“ wiedergeben könnte, A.d.Ü.].
Mitglieder eines kleinen spezialisierten Ensembles mit je einem Sänger pro Stimme oder höchstens zwei, wo eine kleine Sektion von Knaben vor dem Stimmbruch oder Mädchen die Oberstimme in fünfstimmigen Sätzen oder die zwei Oberstimmen in sechsstimmigen Sätzen singen, brauchen jetzt nicht weiter zu lesen: Meine Absicht hier ist es, größeren gemischten Chören praktische Ratschläge zu geben, wie sie einige der weiter unten beschriebenen heiklen Probleme lösen können.
Historisch gesehen wurde Renaissancemusik in zwei visuell unterschiedlichen Schlüsseln geschrieben, genannt hohe Schlüssel und tiefe Schlüssel. Dazu gehören die chiavi alti, auch chiavi trasportati (wörtlich, transponierende Notenschlüssel,[3] oder einfach chiavette naturale (wörtlich, natürliche Notenschlüssel) genannt. Die tiefen Schlüssel teilen sich ein ‘Schlüsselsystem’ C1, C3, C4, F4, geeignet für einen etablierten Renaissancechor erwachsener Stimmen, aber die hohen Schlüssel benutzen das System G2, C2, C3, F3 oder C4 und scheinen nicht für ein bestimmtes Ensemble bestimmt zu sein, was bei modernen Stimmen häufig zu Stress und Belastungen führt. Beide Systeme könnten eigentlich für heutige Chöre ein und dieselbe Tonhöhe bedeuten, weil die hohen Schlüssel – wie man bis vor kurzem dachte – bedeuteten, dass sie um eine Linie höher oder tiefer gesetzt waren, um zu suggerieren, dass die Musik um eine Terz zu transponieren ist. Es gibt jedoch auch einige Hinweise darauf, dass eine Transposition alla quarta bassa oder alla quinta bassa, d.h. eine reine Quarte oder Quinte nach unten erforderlich war. Die transponierten oberen Stimmen der Musik in hohen Schlüsseln gehen häufig nicht tiefer als c’ und sind im Allgemeinen von Sopran- und Altostimmen singbar, wenn beide zusammen singen. Jetzt sieht die Musik Palestrinas und Di Lassos schon sehr viel freundlicher aus. Gustave Reese schreibt:
„Obwohl die Chiavetten zum Nutzen der Sänger und der Vokalmusik eingeführt wurden … hatten sie einen stärkeren Einfluss auf die Aufgaben der Instrumentalisten als auf die der Vokalisten: der Organist musste ganz bewusst transponieren, entweder auf der Klaviatur oder auf dem Papier, und seine Stimme mittels einer … von …mehreren Verfahren erarbeiten, während die Sänger sie im Liniensystem eher in Bezug auf eine relative als auf eine feste Stimmhöhe fanden.“[4]
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Palestrina, Missa Papæ Marcelli, Kyrie I. Edition by Lewis Jones held by the Choral Public Domain Library. Transposed down a perfect fifth according to the chiavette principle.
In letzter Zeit sind einige der Aufführungen von Renaissancewerken in hohen Schlüsseln in Frage gestellt und als Musik in falscher Tonhöhe betrachtet worden. Es wird behauptet, dass Charakter und Klang dieser Musik offenbar völlig abwesend sind und die Werke der bisher erwähnten Komponisten sowie selbst die Monteverdis an eine Zuhörerschaft als reizvoll und genial ‘verkauft’ werden. Aber auch das Gegenteil wird behauptet, nämlich dass die Musik klangvoll und mit dunklen Timbres versehen ist. Sogar der verehrte Denis Stevens glaubte eine Zeitlang – vielleicht zu Unrecht, wie es scheint – dass es nicht notwendig sei, Monteverdi zu transponieren … trotz der vielen Hinweise und des gesunden Menschenverstandes, die in die entgegengesetzte Richtung weisen. Neue Forschungen haben ergeben, dass die Schlüsselsysteme einen viel praktischeren Sinn hatten. Bereits 1969 hatte Willi Apel, ein visionärer Forscher, folgendes dazu zu sagen:
„Die Bedeutung der Chiavetten hat unter Musikwissenschaftlern große Kontroversen hervorgerufen“, und weiter, dass frühere Theorien keine historische Begründungen zu haben scheinen und dass „die Notenschlüssel hauptsächlich versetzt wurden, um keine Hilfslinien ziehen zu müssen.“[5]
Die Diskussion darüber ist jedoch fruchtlos, da sie davon abhängt, ob es im 16. Jahrhundert eine absolute Tonhöhe gab oder nicht; darüber weiß man nichts, aber vermutlich gab es diese nicht. Jedenfalls sind die meisten Stücke dieser Zeit in Chiavetten und nicht in ‘normalen’ Schlüsseln notiert. Das trifft auf zwei Drittel aller Werke Palestrinas zu. Und wie Jeffrey G. Kurtzman hervorhebt:
„Trotz der vielen Untersuchungen über die Chiavetten ist bisher … noch keine voll befriedigende Erklärung angeboten worden, warum [sie] zuerst in der Vokalpolyphonie des frühen 16. Jahrhunderts aufgetaucht sind. Das Vermeiden von Hilfslinien ist sicherlich ein wichtiger Faktor. Man kann aber gut ohne Hilfslinien auskommen, indem man die Schlüssel innerhalb des Verlaufs einer einzelnen Vokalstimme ändert. Solche Änderungen sind in Manuskripten des 15. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich. Warum sollte man also einen völlig separaten Schlüsselsatz verwenden, um Stimmen visuell in einem höheren Stimmregister zu notieren als in den chiavi naturale oder den ‘normalen’ Schlüsselsätzen? Oberflächlich gesehen scheint die Frage umso rätselhafter, wenn man in Betracht zieht, dass keine absoluten Tonhöhen existierten, dass die Vokalmusik dieser Zeit nicht mit Instrumenten mit fester Stimmung begleitet werden musste (sie waren in der Sixtinischen Kapelle verboten) und dass die Sänger in der ihnen am genehmsten Tonhöhe sangen. Sogar bei Orgelbegleitung oder wenn Orgel und Choralverse miteinander abwechselten, war der Komfort der Sänger der kritische Faktor bei der Festlegung der Tonhöhe, und der Orgelspieler musste transponieren können.“ [6]
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Palestrina, Missa Papæ Marcelli, Kyrie I. Edition by David Fraser held by the Choral Public Domain Library. Music not transposed, remaining at ‘visual pitch’.
Selbst Ende des 19. Jahrhunderts gab es noch keine universell anerkannten Normen für Tonhöhen. Was in einem Teil Europas angewendet wurde, war grundsätzlich verschieden von den Traditionen in einem anderen Teil. Offenbar gab es sogar Unterschiede in den Städten eines Landes oder einer Region, in denen die Musik in völlig anderen Tonhöhen wiedergegeben wurde. Allgemein gesprochen reichten die Tonhöhen im Barock von einer Höhe von A=465 (im Venedig des 17. Jahrhunderts) bis zu einer Tiefe von A=392 (in Frankreich im 18. Jahrhundert). Grosso modo kann gesagt werden, dass die Tonhöhe in Norddeutschland höher war als in Süddeutschland, dass sie in Rom niedrig, aber in Venedig hoch war, und in Frankreich hing sie davon ab, ob es sich um Kammermusik, Oper oder geistliche Musik handelte.
Wie Herbert Myers ganz rational erklärt: „… die Tonhöhe einer Aufführung wurde in der Renaissance nicht als moralisches Problem angesehen und sollte es auch nicht jetzt sein…“ und weiter: „es bringt nichts, an einer Norm festzuhalten.“[7]
Eine andere interessante Auffassung wird von Roger Bowers vorgebracht, der überzeugend argumentiert, dass in der späten Renaissancemusik Englands zum Beispiel „Entscheidungen der Musiker … in ihrem eigenen Ermessen lagen “ und „viel über die Ausgeglichenheit der Stimmen und die chorische Besetzung verrieten, welche sie für ihre Musik sowie – daraus folgend – für die Klanghöhe als angemessen betrachteten.“[8]
Folgende passende Bemerkungen John Caldwells helfen uns diesbezüglich weiter:
„Im frühen 17. Jahrhundert gab es in den englischen Kirchen, in denen polyphone Musik gesungen wurde, einen doppelten Standard für die Tonhöhen: den für den Chor und den für die Orgel. Ersterer war etwas weniger als eine Terz höher als heute, und letzterer über eine große Terz niedriger. In anderen Worten, sie lagen eine Quinte auseinander. So war es jedenfalls normalerweise.“[9]
Entscheidet man sich nun für eine Transposition um eine Quarte nach unten oder um eine kleine (sic) Terz nach oben – um nur zwei der Möglichkeiten für einen Großteil des Chorrepertoires zu nennen – so steht der Chorleiter immer noch der Tatsache gegenüber, dass der Ton in der Spätrenaissance und im Frühbarock fast um einen halben Ton niedriger lag als heute: A=415 und nicht 440. Diese Tatsache macht eine akademisch korrekte Festlegung unmöglich.
Nehmen wir also folgendes an: der heutige Chorleiter hat eine richtig dimensionierte Gruppe mit einer ‘authentischen’ Besetzung der Stimmen zusammengestellt, er hat sich die Schlüsse der Musikwissenschaftler über die Tonhöhe bei der Aufführung zu Herzen genommen und eine Lösung für die fehlenden Kastraten gefunden. Er steht dann immer noch dem praktisch unlösbaren Problem gegenüber herauszufinden, wie die Sänger im 15. und 16. Jahrhundert ihre Töne erzeugt haben. Zugegebenermaßen befinden sich die Sänger beim Versuch, verlorene Techniken wiederzufinden, in einem immensen Nachteil. Sie können nur Beschreibungen von Sängern und ihrem Gesang lesen. Instrumentalisten haben wenigstens ein physisches Objekt in ihrer Hand, sie können am Instrument selbst nach Lösungen suchen und leicht die Grenzen seiner technischen Möglichkeiten ergründen. Eine im 16. Jahrhundert als ‘süß klingend’ beschriebene Stimme entspricht wohl kaum dem, was wir heutzutage als süß empfinden. Und welche Adjektive wären zu benutzen, um die Stimme eines heute lebenden Sängers adäquat zu beschreiben? Unsere Meinungen sind sehr subjektiv, und wir können nur raten, was früher gemeint war. Niemand hat bisher eine Zeitmaschine gebaut, und es besteht keine Sicherheit über die Wahrhaftigkeit unserer Vermutungen.
Die modernen Ausdrücke ‘Sopran’, ‘Alt’, ‘Tenor’ und ‘Bass’ bedeuteten im 16. Jahrhundert wenig bzw. etwas ganz Anderes. Für uns bezeichnen sie ganz spezifisch vier bestimmte Stimmtypen. Sie gründen sich ganz allgemein auf ältere Begriffe: ‘S’ = cantus, ein Falsett oder Kastrat; ‘A’ = altus, ein hoher Tenor; ‘T’ = tenor, unser heutiger Tenor II bzw. ein hoher Bariton; und schließlich ‘B’ = bassus, ein ‘echter’ Bass mit einem Stimmumfang, der bis auf D oder manchmal sogar C herunter reicht.
Die manchmal zu bemerkende mangelnde Bereitschaft eines heutigen Chorleiters, diese historische Sachlage zu akzeptieren, liegt häufig daran, dass er einen Chor leitet, der alles singt, aber nichts richtig. Diese SATB Formation ist leider die Norm. Eine Reihe von Lösungsvorschlägen, wie so ein Ensemble polyphonische Musik der Hochrenaissance singen kann – wo ‘normale’ Vokalsätze fünfstimmig sind und sogar bis zu 19-stimmig[10] sein können – sind über die Jahre hinaus erstellt worden, und einige davon sind teilweise ganz gut.
Der Einwand, dass Frauen nicht Tenor singen können, basiert auf der Beobachtung, dass viele, wenn nicht alle Frauen nicht gelernt haben, wie man andere Stimmregister richtig einsetzt. Sind die Sängerinnen jung genug, dann könnte man sie wahrscheinlich umerziehen, so dass der mittlere Stimmumfang von ihnen als ‘normal’ betrachtet wird. Aber die Frage der Zeitplanung und der sich daraus ergebende emotionale Aufruhr innerhalb eines Chors wiegen sicher schwerer als der Nutzen für ihre Stimmen. Es ist nicht fair, den Frauenstimmen dies ‘anzutun’.
Um Jim Loos[11] zu zitieren:
„…abgesehen von der stimmlichen Gesundheit der Sänger liegt das Hautproblem darin, dass mit Bruststimme singende Frauen nicht das gleiche Timbre haben wie männliche Stimmen in den oberen Mittel- und Kopfregistern. Diese Tatsache ist aber weniger wichtig bei einer großen Gruppe, in der die einzelnen Timbres zu einem Ganzen verschmelzen, als bei kleineren Ensembles, wo es vielleicht drei Sänger oder Sängerinnen pro Stimme gibt. Selbst dann geht es eher um eine Präferenz. Bei einer kleinen Gruppe, wo die einzelnen Stimmen prozentual stärker sind, ziehe ich es vor, die Timbres nicht zu mischen. Das gleiche gilt für mich, wenn Männer Alt singen.“[12]
Was die Möglichkeit betrifft, hohe Tenorstimmen in einem gemischten Chor so auszubilden, dass sie, falls erforderlich, Falsett singen können, so stehen höchstwahrscheinlich keine – zeitlichen und aufwandsmäßigen – Mittel zur Verfügung, um eine brauchbare Alternative zu entwickeln. Es stellt sich hier auch wieder die Frage der stimmlichen Gesundheit. Reife Stimmen werden Stress und Anstrengungen ausgesetzt und Tenöre in Schul- und Jugendchören in eine Richtung gedrängt, die ihrer späteren Gesangskarriere nicht unbedingt förderlich ist.
Eine weitere Frage ist die des Stimmumfangs und der Tessitura[13], die in jeder Stimme in der Polyphonie demonstriert wird. In einem typischen fünfstimmigen Renaissancewerk erstreckt sich eine Stimme normalerweise über eine Oktave plus eine Quarte. Der erste und der zweite Sopran reicht häufig von d’ bis g”, die Altstimme von, sagen wir, c’ bis f”, der Tenor von g bis c” und der Bass von G bis c’. Das Hauptproblem liegt wie immer in der zweiten oder dritten unteren Stimme. Es scheint, dass die Sänger damals einfach in der Lage waren, mit ihrer Stimme ‘alles Mögliche zu machen’.
Theoretiker weisen auch darauf hin, dass dem Umfang jedes Stimmtyps sowie der gesamten Palette natürliche Grenzen gesetzt sind. Gioseffo Zarlino erklärt in seiner berühmten Schrift Istitutioni armoniche, es sei gut, wenn jede Stimme nicht:
„über acht Noten hinausreicht und auf die Noten ihrer Tonhöhe beschränkt bleibt. Aber die Stimmen reichen über acht Noten hinaus, und das ist für den Komponisten oft zweckdienlich … Die Stimmen können dann gegebenenfalls einen oder zwei Schritte nach oben oder unten ausgedehnt werden und sogar, wenn erforderlich, zwei oder mehr Schritte über ihre Tonhöhe hinaus; man sollte aber darauf achten, dass die Stimmen bequem gesungen werden können und dass sie im Extremfall nicht über die zehnte oder elfte Note hinaus reichen, denn sonst würden sie gezwungen und mühsam klingen und schwer zu singen sein.
Folgende Kommentare aus seinen Schriften sind im Zusammenhang dieser Diskussion über die heutigen Praktiken ebenfalls interessant:
„Wenn man die niedrigste Bassnote und die höchste Soprannote in einem Werk nimmt, so sollte der Komponist dafür sorgen, dass er nicht die neunzehnte Note überschreitet, obwohl es nicht unpassend wäre, bis zur zwanzigsten zu gehen, aber nicht weiter. Wird diese Regel beachtet, dann bleiben die Stimmen innerhalb ihrer Möglichkeiten und sind mühelos singbar.“[14]
Mir als Komponist ist klar, dass eine ‘ideale’ fünfstimmige Besetzung für einen heutigen Chor SATB oder SAATB ist, d. h. drei Frauen- und nur zwei Männerstimmen. Folgt man dem Großteil der wissenschaftlichen Editionen, dann ist die Besetzung für Renaissancemusik jedoch zumeist SATTB oder SATBarB, eine Umkehrung der ‘besten’ Stimmverteilung. Ich bin überzeugt, dass bei sechsstimmigen Werken unserer Zeit die meisten Chöre SSATBB oder SSATTB oder sogar SSAATB[15] bevorzugen würden. Letztere Besetzung soll nicht als Extremsituation gelten, sondern als pragmatische Akzeptanz des Klanges, den viele Chöre des 21. Jahrhunderts am besten erreichen können. Sechsstimmige Renaissancestücke sind gewöhnlich für SATTBB gesetzt, das ist genau das, was ein Chorleiter am wenigsten wünscht.
Wie dem auch sei, sieht sich der Leiter oder die Leiterin eines ‘normalen’ gemischten Chores – was immer das auch sein mag – der Aufgabe gegenüber, entweder eine Aufführungsedition mit für Alle geltenden Transpositionen zu benutzen oder selber eine Fassung zu schreiben. In vielen Fällen fühlt man sich gebunden. Eine Fülle von polyphonischen Sätzen ist nur in einer ganz bestimmten Transposition möglich: die Sopranstimme kann bis g” reichen und der Bass herunter bis F. Diese Noten fungieren als Grenzwerte für einen zeitgenössischen Chor. Manchmal gibt es einen gewissen Spielraum, und der gesamte Stimmumfang liegt einen ganzen Ton tiefer, was Hobsons Alternative ermöglicht: der Sopran reicht bis g” und der Bass bis G, oder der Sopran steigt auf f” und der Bass geht bis zum tiefen F.
Das Problem liegt jedoch bei den mittleren Stimmen. Das ist der springende Punkt. Was immer ein Chorleiter oder Herausgeber/Arrangeur als die beste Lösung für Transposition und Besetzung anbietet, die zweite und dritte Stimme in einer fünfstimmigen Komposition muss nicht nur einen Stimmumfang von einer Oktave plus einer Quarte haben, sondern sich auch entweder in unbequem niedrige Lagen begeben und dort verweilen oder in große Höhen wagen und dort hartnäckig ausharren. Hier ein erfundenes aber nicht fiktives Beispiel: eine ‘Alt’linie welche von g bis c” oder von a bis d” reicht.
Bisher habe ich noch nicht über den Einsatz von Kontratenören gesprochen. Eine echter Kontratenor ist in der Tat ein seltener Vogel, und der Chor, der das Glück hat, einige davon zu besitzen – falls diese noch nicht von einem spezialisierten Ensemble stibitzt worden sind – ist in einer ungewöhnlich starken Position. Diese Stimme deckt nämlich den soeben erwähnten problematischen Umfang auf natürliche Weise ab. Sie ist die einzige stimmliche Lösung. Punkt und Schluss. Das hilft den meisten Chorleitern natürlich nicht weiter, denn sie haben keine Kontratenöre zur Verfügung.
Da wir jetzt den Einsatz ausschließen von Frauen, welche schlotternd Tenor singen – sozusagen ‘baritonal’ um ein neues Wort zu prägen, was in meinem Ohren recht unangenehm klingt – und Männern, welche gequält Falsett singen in dem aussichtslosen Bestreben, wie ein Kontratenor zu klingen, möchte ich eine innovative, aber nicht wirklich radikale Lösung vorschlagen: eine Neukomposition der Linien und so einen fünfstimmigen Satz in einen sechsstimmigen, und einen sechsstimmigen in einen siebenstimmigen umwandeln. Dies erfordert nur eine minimalinvasive Methode, wie ein kosmetischer Chirurg sagen würde. Meine Idee ist, einfach eine Altstimme in einem SSATB Satz für zwei diskrete Stimmen im Chor umzuschreiben: ‘A’ wird zu zwei Stimmen, nämlich ‘A’ und T I’, und die ursprüngliche ‘T’-Stimme wird ‘T II’.
Also mit einem bisschen Manipulieren (jiggery pokery im englischen Original)[16] und ‘über die Noten hinausgehend’ kann man gewöhnlich die ‘neuen’ Stimmen so festlegen, dass sie ein sinnvoller Teil der Polyphonie sind und nicht plötzlich auf halbem Wege stehen bleiben. Gelegentlich können sie sich einfach abspalten und sich in einen bereits bestehenden Teil integrieren, z. B. eine ‘T II’ Stimme in den Bass, oder sogar für ein paar Noten mit dem Bass zusammen singen. Kadenzen müssen natürlich beachtet werden: Es wäre seltsam, wenn einige Chormitglieder nicht bei solchen wichtigen Stellen der Partitur mitsingen; und am Ende des gesamten Werks müssen alle Sänger und Sängerinnen auf alle Fälle beteiligt sein.
Praktisch gesehen heißt dies, dass eine mittlere Stimme, die sogar für hohe Tenöre in ihrer eigenen Stimme zu hoch sind, den vorher nicht singenden tiefen Altos (‘tacet‘) übertragen wird, und zwar so lange, wie sie diese Linie singen können. Wie oben bemerkt, kann die neue Tenorlinie nicht einfach aufhören, sondern muss neu komponiert werden, damit sie z. B. mit in den Bass übergehen kann und so zu einem passenden kadenzierten Ende kommt. Es ist wesentlich, dass in der Harmonie keine neuen Noten auftauchen, Ziel ist es, Noten von den benachbarten Stimmen zu ‘stibitzen’. Falls es offenbar keinen Ausweg aus dem melodischen Dilemma gibt, kann eine ansonsten nicht vorhandene Tonhöhe in die harmonische Struktur eingeführt werden, doch das kann zwangsläufig nur eine Oktave sein. Akustisch wird dies von den meisten Zuhörern nicht wahrgenommen werden und die Experten werden sich daran nicht stören.
Chorleiter haben viel zu tun und sind gewöhnlich nicht als Komponisten ausgebildet. Ich bin aber sicher, dass die allermeisten bewaffnet mit einem HB Bleistift eine einzelne mittlere Stimme so auf zwei Vokallinien aufteilen können, dass die Musik sinnvoll bleibt, die Sänger und Sängerinnen das Beste aus ihrem Stimmumfang machen und die Zuhörer nicht einmal bemerken, dass ein fünfstimmiger zu einem sechsstimmigen Satz und ein sechsstimmiger zu einem siebenstimmigen geworden ist.
Ich hoffe, dass die unten angeführte Beispiele reichlich Beweis für den Nutzen dieser Methode sind.
(Beispiele und Fußnoten siehe englischen Originaltext).
The moment the singers in a modern mixed voice choir open the music and start to sing, many a compromise will already have been made. Choir directors will have chosen a Renaissance work that was originally sung either with just male voices, or with trebles taking the highest part or top two lines. Either way, countertenors would have been part of the proceedings – be it as the upper voices in the former case, or the inner ones in the latter, assuming, say, we are dealing here with polyphony in six real parts and upwards. The problems of pitch, clefs, vocal scoring, range and tessitura have all been discussed in detail, above. We concluded that a new approach is needed. The work I have chosen for this experiment (and this may come as no surprise) is the Missa Papæ Marcelli, by Palestrina. There are two reliable editions held by the Choral Public Domain Library (www.cpdl.org), and these are in stark contrast to each other. In the first, the editor, Lewis Jones, has assumed chiavette, and transposed, rightly or wrongly, the music down a perfect fifth. The result is an ATBarBarBB scoring. Clearly, this can only be sung convincingly today by a male voice ensemble. There is nothing wrong with that. In the second version, edited by David Fraser, the music has been transcribed at original ‘visual pitch’; the result is a score calling for SATTBB forces, although the two ‘T’ parts are only nominally tenor lines, considering their range and tessitura. The actual visual ranges of the six voices in the chiavette scoring are as follows: Cantus = g-c”, Altus = c-f’, Tenor I = B flat-d’, Tenor II = B flat-d’, Bassus I = F-g, Bassus II = F-g. In the ‘original’ scoring these are: Cantus = d’-g”, Altus = g-c”, Tenor I = f-a’, Tenor II = f-a’, Bassus I = c-d’, Bassus II = c-d’. Even a cursory glance at this latter version reveals some musical difficulties. The bass part goes no lower than c, and extends as high as d’, not a happy sing as it were for many men. (I used to hate parts like that as a student.) My intuitive reaction is transpose this version down a minor third, giving the bass a range from A-b, but this causes problems with the soprano range, which would then become b-e”. Although there is nothing wrong with high e” as a top note; it could be quite bright, with good use of the mask. There is no reason why every piece sung in a programme must extend de rigueur to g” in the soprano.
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Perhaps, then, a transposition down by a whole tone is best. The entire setting of this mass now admits an overall vocal compass extending from B flat in the bass to f” in the soprano. A music director must choose the best key – to use a modern term – in which to sing the music. A high key will produce a performance that is brilliant and dramatic, an interpretation favoured by some scholars, whereas a low key will engender a sense of reverence, a more fitting rendition of the music other musicologists would maintain. With a new key signature of two flats (the music down a tone) as opposed to three sharps (the music down a minor third) the score looks quite benign. The basses, let us note, now have a range B flat–c’, and no longer need to work at getting from c’ to d’ cleanly, this being the moment where chest voices runs over into head voice, much like the somewhat higher passagio that all tenors have to conquer. Let us now turn to the inner voices, ‘T I’ and ‘T II’, both of which now extend from e flat to g’. A good choir with some real tenors, not high baritones, will now be able to tackle one if not both of these parts. (Specialist Bach choirs will no doubt manage the ‘original’, with no need for further downward transposition and the tenors’ range remaining f-a’.) A less able choir should be able to mix the timbres of alto and tenor in these two tenor voices; the tone downwards transposition alleviates the need – one hopes – for falsetto singing by the tenors, even if the large range belies prima vista a high tessitura. The voice I would actually like to recompose is, of course, the second one down: Altus, in the original MS. Whether one stays with Fraser’s transcription, the pitch of which is the ‘visual’ one, or sings this down a whole tone, the part remains a beast – g-c’ or f-b’ flat. It just can not be sung adequately by the altos, and nor by the tenors. I would opt strongly for transposition down a whole tone. And I would then distribute the voice in two discrete parts. Using modern clefs, the higher passages in this alto part remain ‘A’, whilst the lower ones become ‘T I’. There is a knock-on effect: one could now consider notating ‘T I’ and ‘T II’ as baritone parts, in bass clefs, even if this produces more extra ledger lines than when reading in tenor clefs. Also, the highest voice – Cantus in the original and soprano in a modern transcription – has a not unproblematic range: from c’ to f”, and this could well be recast as two discrete parts, ‘S’ and either ‘A I ’ or ‘MSop’. Thus, the six-voice texture could appear on the page as music for seven, eight or even nine voices. As ever, the proof of the pudding is in the eating, as Cervantes put it in Don Quixote. The CDPL website offers both Sibelius and Finale files, presumably for download, and these could surely form the basis for a choral director’s new bespoke version. And volunteers should step forward now.
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[1] Hugh Benham, Latin Church Music in England, Barrie & Jenkins, London, 1977, p. 31.
[2] Howard Mayer Brown, ‘Choral Music in the Renaissance’, Early Music, Vol. 6, No. 2, (April 1978), Oxford University Press, p. 166.
[3] The latter word denoting clefs, not key signatures in the modern sense.
[4] Gustave Reese, Music in the Renaissance, J. M. Dent & Sons, London, 1954, p. 531.
[5] Willi Apel, The Harvard Dictionary of Music, Heinemann, London, 1969, 2nd. ed., p. 149.
[6] Jeffrey G. Kurtzman, ‘Tones, Modes, Clefs and Pitch in Roman Cyclic Magnificats of the 16th Century’, in Early Music, 1 November 1994, p.7.
[7] Herbert Myers, ‘Pitch and transposition’, in A Performer’s Guide to Renaissance Music, Jeffery T. Kite-Powell, (Ed.), Indiana University Press, IN, USA, 2007, 2nd ed., p. 299.
[8] Roger Bowers, ‘The Vocal Scoring, Choral Balance and Performing Pitch of Latin Church Music in England, c. 1500-58’, Journal of the Royal Musical Association, Vol. 112, No. 1, p. 9.
[9] John Caldwell, ‘The pitch of early Tudor organ music’, in Music and Letters, Vol. 51, No. 2, April 1970, p. 156.
[10] The motet O bone Jesu by Robert Carver (ca. 1485–ca. 1570) is contained in the Carver Choirbook, MS Adv. 5.1.15.
[11] Music Program Chair, Choral Director, Des Moines Area Community College, Ankeny, Iowa.
[12] In discussion with the author.
[13] Not quite the same thing.
[14] Le Istitutioni harmoniche (1558). A useful edition is The Art of Counterpoint, Part Three of ‘Le Istitutioni harmoniche’, Guy A. Marco and Claude V. Palisca (trans.), Norton, New York, 1976.
[15] The ‘SSA’ might just as well be ‘SAA’, but this is not the point and quite academic at this stage.
[16] An obscure term, possibly rooted in early Silesian.
Graham Lack studierte Komposition und Musikwissenschaft am Goldsmiths’ College und am King’s College, an der Londoner Universität (BMus Hons, MMus), Musikpädagogik an der Universität von Chichester (State Certificate), zog 1982 nach Deutschland um (Technische Universität Berlin, Doktorarbeit). Er hatte einen Lehrauftrag in Musik an der Universität von Maryland, leitete die Symposien Contemporary Finnish Music (Universität von Oxford, 1999) und das erste internationale Symposium der Komponisten-Institute (Goethe-Institut, 2000), and trägt zu Groves Dictionary und Tempo bei. Seine a cappella Werke umfassen Sanctus (Queens’ College Cambridge), Two Madrigals for High Summer, Hermes of the Ways (Akademiska Damkören Lyran), und einen Zyklus für die King’s Singers, Estraines, aufgenommen bei Signum. Der Philharmonische Chor München gab Petersiliensommer in Auftrag, der Münchner Bach-Chor Gloria (Chor, Orgel, Harfe). The Legend of Saint Wite (SSA, Streichquartett) gewann 2008 einen Preis der BBC. REFUGIUM (Chor, Orgel, Percussion) wurde vom Trinity Boys Choir in London im Jahr 2009 uraufgeführt. Die jüngsten Werke umfassen Wondrous Machine für den Multi-Percussionisten Martin Grubinger, Five Inscapes für Kammerorchester und Nine Moons Dark für großes Orchester. Premieren der 2010-11er Saison umfassten das Streicher-Terzett The Pencil of Nature (musica viva, München), A Sphere of Ether (für Young Voices of Colorado) und einen Lobgesang, The Angel of the East. Zukünftige Projekte bleiben ein First Piano Concerto für Dejan Lazić und The Windhover (Violine solo und Orchester) für Benjamin Schmid. Er ist korrespondierendes Mitglied des Institute of Advanced Musical Studies King’s College London, regelmäßiger Teilnehmer an ACDA (American Choral Directors Association)-Konferenzen. Er wird verlegt bei: Musikverlag Hayo, Cantus Quercus Press, Schott Music, Josef Preissler, Tomi Berg. Email: graham.lack@t-online.de
Aus dem Englischen von Jutta Tagger, Frankreich