Inge Breznik, Senior Beraterin für Musikerziehung am Staatlich-Slowenischen Erziehungsinstitut
Künstlerisch tätige Personen haben die Aufgabe, Kinder darin anzuleiten, ihre Freizeit qualitativ sinnvoll als Ausführende oder Zuhörer/Zuschauer kulturell-künstlerische Inhalte zu verbringen. Musikerziehung folgt ebenfalls diesem Ziel, insbesondere: ein Kind anzuleiten zum aktiven (Wieder-) Erschaffen und Zuhören von Musik. Die ausführende Tätigkeit durch das Singen oder Spielen eines Musikinstrumentes stellt den wichtigsten Teil der musikalischen Erziehung innerhalb der vollständigen erzieherischen Aufgabe dar. Das Singen im Chor kennt eine reiche Tradition in der nationalen slowenischen Kultur, was sich auch im slowenischen Bildungssystem widerspiegelt. Folglich werden alle Kinder zum Singen hingeführt aufgrund des Pflichtfaches “Musikerziehung” und über das Neigungsfach “Chorsingen”, das die Kinder freiwillig wählen können. Musikerziehung und Chorsingen werden von professionellen Pädagogen mit Universitätsabschluss[1] unterrichtet.
Vorschulerziehung[2]
Innerhalb der Vorschulerziehung wird das Singen der Kinder dem künstlerischen Bereich[3] zugeordnet, für das es ein staatliches Curriculum gibt. Es findet täglich als Teil des regulären Erziehungsprogramms für die Vorschule statt.
Viele Kindergärten weisen Kindergartenchöre[4] als Teil ihres zusätzlichen Angebotes aus. Sie werden geleitet von Lehrern oder ihren Assistenten mit musikalischer Neigung. Alle Kinder können ungeachtet ihrer musikalischen Fähigkeiten oder ihres Entwicklungsstandes daran teilnehmen. Chorproben werden einmal wöchentlich für eine Stunde am Morgen oder am Nachmittag abgehalten. Als Hauptziel des vorschulischen Singens gilt die Erfahrung, die Wahrnehmung und die Freude am Singen. Sehr häufig führen die Kinder für ihre Eltern in der Region der Schule etwas auf.
Ciciban poje in pleše (Ciciban singt und tanzt), ein nationales Treffen von Kindergartenchören und Tanzgruppen (organisiert vom öffentlichen Staatsfonds für kulturelle Aktivitäten), findet jährlich in Maribor statt mit einem Aufgebot von mindestens 20 Chören und Tanzgruppen.
Auch wenn es nicht als Wettbewerb konzipiert ist, erhalten die Teilnehmer doch von Experten eine Rückmeldung über ihre Aufführung.
Elementarschule[5]
Das Singen ist Teil des Pflichtprogramms an den Elementarschulen. Es wird innerhalb des Faches Musikerziehung vom 1. bis 3. Schuljahr 70 Stunden pro Jahr, im 4. und 5. Schuljahr 52,5 Stunden pro Jahr, vom 6. bis 8. Schuljahr 35 Stunden pro Jahr unterrichtet. Die Ziele und Inhalte für die erzieherische Arbeit im Musikunterricht sind im Curriculum für die Musikerziehung an der 9-jährigen Elementarschule festgelegt.
Das Singen wird auch systematisch im Chor gelehrt als Teil des erweiterten Programmes – als Neigungsfach. Chorleitung wurde systematisch zu einem Arbeitsbereich der Musiklehrer[6] gemacht, was bedeutet, dass ein Unisono-Chor in jeder Elementarschule eingerichtet werden muss (70 Stunden pro Jahr oder 2 Stunden wöchentlich), ebenso ein 2-3-stimmiger Jugendchor (140 Stunden pro Jahr oder 4 St. wöchentlich). Normalerweise werden alle Kinder, die Interesse am Chorsingen zeigen, in den Kinderchor aufgenommen, ungeachtet ihrer musikalischen Fähigkeiten. Hingegen hängt die Teilnahme der Kinder am Jugendchor entsprechend ihren musikalischen Fähigkeiten von der Auswahl durch den Chorleiter ab. Ziele und Empfehlungen für die Arbeit mit dem Chor sind konzeptionell definiert. Die Rolle und der Zweck der Chöre an der Elementarschule sind Aufführungen im Schulbereich, bei regionalen, landesweiten[7] und ebenso internationalen Chorveranstaltungen, Treffen, und Wettbewerben.
Oberschule[8]
Auf der Stufe der Oberschule gibt es das Pflichtfach Musik im gymnasialen Lehrplan als Musikerziehung und Singen mit 70 Stunden pro Jahr nur im ersten Oberschuljahr. [9] Ziele und Inhalte werden durch das Curriculum vorgeschrieben.
Chorsingen wird als Teil des ergänzenden Stundenplanes angeboten, normalerweise nur an solchen Oberschulen, die einen Musiklehrer angestellt haben (gymnasiale Oberschulen und Oberschul-Zentren)[10].
Musikschulen[11]
Im Schuljahr 2010/2011 wurden Stellen für Chorleiter systematisch in einem Netzwerk von öffentlichen Musikschulen geschaffen. Nun können Unisono- oder 2 bis 3-stimmige Chöre an den Musikschulen ins Leben gerufen werden, mit 70 Stunden pro Jahr (2 Stunden wöchentlich)[12]. Die Ziele des Faches sind im Curriculum festgelegt.
Wenn man die oben dargelegten Fakten berücksichtigt, wird klar, dass Möglichkeiten für das Singen im Chor in systematischer Weise nur an den Elementarschulen und an den Musikschulen zur Verfügung stehen. In den weiterführenden Schulen hängt diese Möglichkeit vom Interesse der Musiklehrer und der Unterstützung durch die Schulleiter ab.
Die Mehrzahl der Chöre an Elementarschulen und an Oberschulen wird von Musiklehrern geleitet, die ein Universitätsstudium im Fach Musikpädagogik abgeschlossen haben, in einigen Fällen auch von Lehrern, die Lehrgänge in Komposition und Musiktheorie abgeschlossen haben[13].
Diplomierte Chorleiter können unter der aktuellen Gesetzeslage nur Chöre in Musikschulen leiten.
[1] In den Kindergärten wird das Programm von Erziehern mit Hochschulabschluss durchgeführt, von ihre Assistenten mit High-School-Abschluss, und von Klassen- und Fachlehrern mit Universitätsabschluss in den Elementar- und in den Musikschulen, wie im Curriculum festgelegt.
[2] Im Jahr 2010/2011 führten 891 Kindergärten mit ungefähr 76.000 Kindern im Alter von 1 bis 6 Jahren dieses Vorschulprogramm durch.
[3] Das Curriculum führt 6 Aktivitätsbereiche auf: Bewegung, Sprache, Kunst, Gesellschaft, Natur und Mathematik.
[4] Die genaue Anzahl von Kindergärtenchören in Slowenien ist nicht verfügbar.
[5] Im Jahr 2010/2011 gab es ungefähr 451 Elementarschulen mit ungefähr 160.000 Schülern im Alter von 6 bis 14 Jahren.
[6] Kinderchöre werden von Musik- oder Klassenlehrern geleitet, Jugendchöre ausschließlich von Musiklehrern.
[7] Kommunale und regionale Vorstellungen finden jährlich statt und ein nationales Chortreffen jedes zweite Jahr in Zagorje ob Savi (organisiert von dem Öffentlichen Fond für kulturelle Aktivitäten.
[8] Im Jahr 2011/12 gab es 127 Oberschulen mit 87.500 Schülern im Alter von 14 bis 18 Jahren.
[9] Musik ist ein Teil des Pflichtcurriculums an den gymnasialen Oberschulen. Künstlerische Gymnasialzweige haben mehr Musikfächer, die über einen Zeitraum von vier Jahren aufeinander aufbauen.
[10] Es gibt keine exakten Daten zur Anzahl der aktiven Oberschulchöre. Wenn man die Zahl der gymnasialen Oberstufen, der Oberschul-Zentren und der Oberschulchöre, die an nationalen Chortreffen teilnehmen, zugrunde legt, so gibt es schätzungsweise 20 aktive Oberschulchöre in Slowenien.
[11] Es gibt 64 öffentliche Musikschulen in Slowenien mit ungefähr 25.600 Kindern im Alter von 6 bis 14 Jahren. Die Einschreibung an den Musikschulen erfolgt nur nach einem Test der musikalischen Fähigkeiten und Begabungen der Kinder.
[12] Die exakte Anzahl der Chöre an den Musikschulen ist unbekannt.
[13] Musikpädagogik wird als Fach an der Akademie für Musik der Universität Ljubljana und an der Fakultät für Erziehung der Universität Maribor angeboten, aber nur die Akademie für Musik der Universität Ljubljana bietet als Fach Komposition und Musiktheorie an.
Inge Breznik schloss ihr Studium an der Academy of Music, University of Ljubljana, im Jahr 2005 ab mit einer Arbeit über Dimensionen der Volksmusik in der Erziehung zur nationalen Identität und im Verständnis der Weltkulturen (Dimensions of folk music in education of national identity and understanding of world cultures). Sie war Junior- Forscherin an der Pädagogischen Fakultät, University of Maribor, und Lehrerin für Musikerziehung an verschiedenen Elementar-Schulen. Sie arbeitet momentan als Beraterin für Musikerziehung am Staatlichen Erziehungsinstitut der Slowenischen Republik. Sie veröffentlicht Fachaufsätze und wissenschaftliche Beiträge. Email: inge.breznik@zrss.si
Übersetzt von Manuela Meyer, Deutschland