Internationaler Kompositionswettbewerb der IFCM
Förderung der neuen Chormusik durch neue Komponisten
Karolina Silkina, Chorleiterin und Journalistin
KS: Wie begann Ihr musikalisches Abenteuer? Wann wussten Sie, dass Sie gern Musik komponieren wollten?
Simone Campanini:
Mein Musikabenteuer begann früh in meinem Leben, spätestens, als ich beschloss, ein Musikinstrument zu spielen statt Sport zu treiben! Ich war sieben Jahre alt. Die Jahre zogen dahin, und ich erwarb erst ein Diplom im Orgelspiel und in der Komposition für Orgel, dann ein weiteres in Elektrotechnik, aber ich brauchte geraume Zeit, bis ich meine musikalischen Aktivitäten auf die Komposition konzentrierte. Der Chor bot ausgezeichnete Gelegenheiten, erst als Sänger unter inspirierenden Dirigenten, und nun, wo ich selbst dirigiere, dass ich mir Gedanken darüber machen kann, was mir wirklich gefällt. Ich hatte also einen späten Start als Komponist, und einen noch späteren als Teilnehmer an Kompositionswettbewerben. Meine Frau, eine hervorragende Musikerin, die auch schon einige meiner Stücke auf dem Cembalo und der Orgel aufgeführt hat, ist mir eine große Unterstützung in diesen Bestrebungen.
Jonathan David:
Ich stamme aus einer sehr musikalischen Familie. Meine Eltern lernten sich im Alt ihres College-Chores kennen! Ich begann mit dem Komponieren für die Gitarre, als ich zwölf war, und in meiner Zeit auf der Schule und im College schrieb ich als erster Gitarrist in einer Reihe Rock-Bands über hundert Lieder. Mit klassischer Musik beschäftigte ich mich eigentlich erst, als ich nach meinem ersten Universitätsabschluss ein Jahr in Deutschland verbrachte, wo ich fast jeden Abend in ein Konzert ging. Nachdem ich mich in das Repertoire vertieft hatte, begann ich, in diesem Stil zu schreiben. Es war ein vollkommen anderer Zugang zur Musik, aber ich merkte, dass ich das, was ich schon gelernt hatte, nach einiger Zeit im neuen Bereich anwenden konnte.
David Walters:
Auch wenn ich in einer musikalischen Familie aufwuchs, in der ständig gesungen wurde, begann ich erst mit zehn oder elf Jahren damit, mit meiner eigenen Musik zu experimentieren. Ich bekam Klavierunterricht, und wenn ich übte, stellte meine Mutter immer den Küchenwecker aufs Klavier und sagte: “Ich möchte die nächsten dreißig Minuten Töne hören”. Danach verließ sie das Zimmer. Mir wurden die Tonleitern natürlich sehr bald langweilig, und ich begann zu improvisieren. Dann dauerte es nicht mehr sehr lange, bis ich auch richtig komponierte.
KS: Wie teilen sich, Ihrer Meinung nach, Komponisten ihren Hörern mit?
SC: Jedes Kunstwerk ist Kommunikation. Bei der Musik ist die Lage komplizierter, weil es den Ausführenden gibt, oder eine Gruppe Ausführender – z. B. einen Chor mit seinem Dirigenten – der als Vermittler der Absichten des Komponisten dient, aber wenn sie ein Stück aufführen, dann ist der Komponist mit dabei, denn er hat ja die Noten geschrieben.
JD: Im Idealfall bewohnt ein Komponist seine eigene, vollkommen einmalige Welt. Ich glaube, dass man den erfolgreichen Komponisten daran erkennt, dass er die Fähigkeit besitzt, diese einmalige Welt an andere zu vermitteln. Ich bringe meine Stimme zum Ausdruck sowohl durch den Gebrauch von traditionellen Formen als auch durch deren Untergrabung, durch den bewussten Einsatz von dramatischen Effekten, durch rhythmisch und melodisch ausgefeilte Einzelheiten, durch Balance und durch direktes Ansprechen der Empfindungen. Wenn ein Hörer in der Lage ist, etwas davon aufzunehmen und sich angerührt oder herausgefordert oder unterhalten zu fühlen, dann habe ich mein Ziel erreicht. Der zusätzliche Faktor der Texte verstärkt diese Wirkung noch erheblich.
DW: Komponieren ist das bewusste Management von musikalischen Erwartungen. Ein Komponist teilt sich nicht nur durch seine Harmonien mit, sondern auch durch die Klangfarbe der Stimmen, durch das sorgfältige Wählen zwischen Erfüllung von Erwartungen und deren Verzögerung, durch die Entscheidung, wann ein Rahmen aufgestellt wird und wann dieser durchbrochen wird.
KS: Wie sind Sie zum Schreiben von Chormusik gekommen?
SC: Weil es mich danach drängte. Aber erst einmal musste ich die Angst überwinden, dass mir das handwerkliche Werkzeug dazu fehlte, und die Angst, meine Musik jemandem anders vorzulegen. Ich weiß, dass das töricht ist, aber ich habe immer Angst vor dem Preisrichter, weil meine Musik eben wirklich ein sehr persönlicher Teil meiner selbst ist. Ich weiß noch, wie ich, ganz schüchtern, meinem Chor meine erste Liedbearbeitung vorlegte. Zu der Zeit lag mein erstes “Original”-Stück (also nicht eine Bearbeitung) noch in der Schublade und sollte erst acht Jahre später aus dieser herausgeholt werden. Während dieser Jahre schrieb ich ein paar andere Bearbeitungen, und das machte Spaß, aber nichts, das wirklich von mir stammte. Im Jahre 2014 änderte sich das dann: ich beschloss endlich, das Risiko einzugehen, mich an meiner Musik zu freuen.
JD: Meine ersten Schritte in den Bereich des klassischen Komponierens waren für Instrumente. Aber es war unausweichlich, dass ich mich früher oder später dem Schreiben für Stimmen als meinem Hauptfeld zuwenden würde. Schließlich war die Stimme mein erstes Instrument gewesen. Und ich wuchs in einer Familie auf, wo Platten von Chormusik von Purcell und Mozart aufgelegt wurden (aber auch Rolling Stones oder Grateful Dead: der Geschmack meiner Eltern war weitgespannt und frei von Vorurteilen). Ich habe nur wenige Verwandte, die nie irgendwann einmal in einem Kirchenchor gesungen haben. Das Element des Textes ist also von grundlegender Bedeutung. Ich finde, dass die vorgegebene Struktur eines Gedichtes ein befreiendes Element besitzt, und ich fühle mich gelegentlich von der leeren Leinwand eines geplanten Instrumentalstückes direkt eingeengt.
DW: Mein erstes Chorstück – irgendetwas über Regen und einen Garten – schrieb ich für den Chor meiner Sekundarschule. Der Dirigent, Gary St. John, hatte mich in seinem Büro gesehen, wie ich unentwegt Orchesterplatten anhörte und auf dem Klavier improvisierte. Ich bin sehr dankbar dafür, dass er mir die Gelegenheit bot, für seinen Chor zu schreiben. Diese Auszeichnung jetzt verdanke ich weitgehend seiner Führung und seinem Vertrauen in mich.
KS: Was ist Ihrer Ansicht nach der wichtigste Faktor, wenn man für einen Chor komponiert?
SC: Der Respekt für die Sänger. Besonders für die Chormitglieder, die keine Solisten sind und sehr oft Laien. Das heißt nun ganz und gar nicht, dass ein Stück keine Herausforderung sein darf! Herausforderungen können sich für gute Ausführende als ausgezeichneter Ansporn erweisen. Aber schwierige Passagen müssen vorsichtig verteilt werden, sonst wird die Freude am Singen schnell zum Schmerz, und es würde schwierig sein, eine gute Aufführung zu erzielen. Schwierigkeiten sollten Interesse erwecken, wie ein Gewürz, nicht den normalen Fluss des Stückes ausmachen. Und im Allgemeinen sollte ein Chorkomponist jede Stimme, die er schreibt, selbst singen, zumindest andeuten, können. Schreib nichts, dass Du nicht singen kannst!
JD: Ich glaube, dass es von grundlegender Bedeutung für gutes Schreiben für Chor ist, dass die Textur idiomatisch gut für Stimmen liegt, und dass jede Stimme sangbare Partien enthält. Vokaltechniken, die über das Gewohnte hinausgehen, sind in meiner Welt ebenfalls Teil des Singens, solange sie gesund sind. Wenn man gut für Sänger schreiben will, muss das mit beinhalten, dass die Bedeutung und der Geist des Textes, den sie singen, vermittelt wird, und immer mit den richtigen Betonungen (bitte, kein Akzente auf der falSCHEN SilBE!). Ich finde auch, dass Chorsänger selten hinreichend rhythmisch bei der Sache sind. Das Gerücht, dass Sänger schlechte Musiker sind, was den Rhythmus angeht, hat sich leider verwirklicht.
DW: Wenn man für Chor schreibt, sind emotionelle Authentizität und Verletzbarkeit die wichtigsten Faktoren. Über den Einsatz der technischen Aspekte der Stimme hinaus – wenn man die Seele ansprechen will, dann braucht das authentische Einsicht in den eigenen emotionellen Status, und die Fähigkeit, diesen in die Musik zu “übersetzen”; wenn man in seiner eigenen Sprache schreiben will, braucht man Verletzbarkeit. Wenn diese anwesend ist, dann zeigt sich das sowohl während der Aufführung als auch in der Partitur.
KS: Spielt der Text bei der Komposition eine wichtige Rolle? Wie, denken Sie, beeinflusst der Text den Prozess der Schaffung von Musik?
SC: Jedes Chorstück, das ich geschrieben habe, wurde von einem Text ausgelöst, aber auf verschiedene Weisen: oft entsteht eine musikalische Welt aus der Bedeutung eines Gedichtes, aber manchmal ist es der Rhythmus der Silben, der die Musik schafft. Es kommt darauf an. Aber im Allgemeinen, wenn ich einen Text lese, höre ich Klänge, und dann kann sich daraus ein Stück ergeben, aber das kommt nicht so oft vor. Und wenn ein Text mir keine Musik eingibt, ich ihn aber aus irgendwelchen Gründen trotzdem benutzen muss, dann muss ich sehr tief in mich gehen, um die Klänge zu finden.
JD: Offen gesagt: außer wenn es sich um eine Stimmübung auf einem Vokal dreht – wenn der Text keine bedeutende Rolle in der Komposition eines Vokalstückes spielt, dann sollte man stattdessen ein Instrumentalstück schreiben. Wenn ich beschließe, ein Chorstück zu schreiben, dann besteht meine Hauptanregung fast immer aus einem Text, der mich wirklich aufgeregt hat. Fast alles in Bezug auf ein Stück beginnt mit dem Text: Tempo, Struktur, melodische Umrisse, rhythmisches Profil, Textur, Harmonien, die alles umfassende Atmosphäre. Natürlich gibt es tausende “richtige” musikalische Auslegungen eines Textes. Nur dessen Inhalt wiederzugeben ist witzlos. Wenn ein Komponist nicht in der Lage ist, einem Text wesentliche weitere Bedeutungsschichten hinzuzufügen, dann sollte er die Finger davon lassen.
DW: Text (oder dessen Abwesenheit) ist einfach alles. Die Betonungen, der Wortschatz, das, was zwischen den Zeilen steht, sogar die Abfolge der einzelnen Vokale und Konsonanten – jedes davon spielt eine wichtige Rolle. In vielerlei Hinsicht ist das Komponieren für Chor eine Sprachstudie.
KS: Können Sie, bitte, beschreiben, wie Sie eine neue Komposition angehen? Vielleicht arbeiten Sie gerade an einem neuen Stück?
SC: Als ich mit dem Komponieren anfing, widmete ich diesem sehr unterschiedliche Zeitmengen, wie einem Hobby, aber vor etwa einem Jahr beschloss ich, mir einige Regeln zu setzen, jeden Tag zu schreiben. Das ist hart, weil es nicht meine Hauptarbeit ist – hauptberuflich betreibe ich akustische Forschung, meist als freiberuflicher Programmierer – und ich brauche einen ruhigen Raum, um schreiben und Ideen entwickeln zu können, und ich brauche ein Klavier oder ein elektronisches Klavier, weil ich ohne diese überhaupt nicht schreiben kann – es ist die einzige Methode, Ergebnisse zu erzielen. Indem ich diese Regeln befolge, habe ich immer ein Stück am Gange, meist sogar mehrere: wenn ich eins vollendet habe, dann suche ich nach ein paar neuen Ideen für das nächste, meist einen Text, aber ich schreibe auch Instrumentalmusik. Und ja, leider ist nicht jedes Stück, das ich schreibe, gut, aber jedes Mal, wenn ich neue Wege erkunde, lerne ich etwas dazu.
JD: Wenn es sich um ein Vokalstück handelt, beginne ich mit dem Text und vertiefe mich in ihn. Gewöhnlich versuche ich, den Text auswendig zu lernen, bevor ich auch nur eine einzige Note schreibe. Dann drucke ich den Text aus, mit drei freien Zeilen zwischen jeder gedruckten Zeile und mit reichlich Platz rechts und links an den Rändern. Wenn ich mir genug Zeit gelassen habe, dass das Stück sich entwickeln kann, dann werden diese Ränder sich langsam mit Ideen füllen in Bezug auf Struktur, Harmonie, Entwicklung der Motive usw. Wenn die Seiten mit Kritzeleien übersät sind, dann enthüllt sich die Musik selbst meist ziemlich bald danach. Zur Zeit arbeite ich an einer Vertonung von “In the bleak mid-winter” für einen befreundeten Tenor aus North Carolina. In diesem Fall kam mir die erste Zeile der Melodie sofort. Jetzt bin ich dabei, den Rest des Textes in mich aufzunehmen.
DW: Normalerweise beginne ich ein neues Stück, indem ich den Text viele Male laut lese, damit ich den Rhythmus und die Bewegungen jeder Zeile wirklich ins Gefühl bekomme. Darüber hinaus entwickle ich eine Interpretation des Textes durch Forschungen, die ins Einzelne gehen, und ehrliche Besinnung. Dann kann ich mich daran machen, den Anfang zu skizzieren, das Ende, und den wichtigsten Höhepunkt, aber nur, wenn ich schon wirklich weiß, was ich mitteilen möchte. Zur Zeit arbeite ich an einem Auftrag für einen Hochzeitstag, dessen Text ein eindrucksvolles Zeugnis der Schönheit des Nordwesten der USA im Bereich des Pazifik darstellt, und der Rolle, die diese Landschaft im Verhältnis dieses Paares gespielt hat.
KS: Erzählen Sie, bitte, etwas über das Stück, das im Internationalen Kompositionswettbewerb der IFCM einen Preis gewonnen hat.
SC: Nun – beim Stück, das ich zum Wettbewerb eingeschickt habe (Jubilate Deo) handelt es sich um die dritte Fassung eines Stückes, dass ich 2017 schrieb, und das nie aufgeführt wurde, weil ich nie damit zufrieden war. Der Anfang kam mir im Traum – wirklich! – und ich schrieb ihn am Klavier nieder, sowie ich aufwachte. Dann bereitete ich ein Gerüst für das ganze Stück vor, das von der Form des Textes bestimmt wurde, mit den Worten “Jubilate Deo”(Preist Gott) als tänzerisches Leitmotiv für das gesamte Stück: die Freude, von Gott geliebt zu werden. Vielleicht gelang mir vorigen Sommer eine anständige Fassung dieses Stückes!
JD: Es gibt eine ganze Reihe gregorianischer Melodien für den Abendhymnus Te lucis ante terminum. Ich wählte einen der weniger bekannten Gesänge, in erster Linie wegen seiner Betonung der großen Sext, ein Charakteristikum des Dorischen. Dieser Gesang durchdringt jeden Takt meines Stückes: als Basis das Ostinato, als Melodie, die im langsamen Teil harmonisiert wird, als sprudelnde – gleich einem kleinen Bach – Textur, die das Tenorsolo untermauert, usw. Da es sich um ein trostspendendes Gebet für den Abend handelt, haben die meisten Komponisten dem Text eine langsame und heitere Atmosphäre verliehen. Ich löcke hier wider den Stachel und fand zwischen den Zeilen eine gewisse Unruhe, und so bewegt sich mein Werk in einem lebhafteren Tempo. Das häufige Auftreten des 7/8 Taktes, der von der Gregorianik selbst angedeutet wird, erhöht diesen Effekt. Das Werk ist eine Auftragsarbeit vom Vespers Ensemble der Duke Universität, Musikdirektor Brian Schmidt, und es erlebte im April 2015 in der Duke Kapelle, Durham, North Carolina, seine Uraufführung.
DW: A Voice is heard in Ramah [Es erhob sich eine Stimme in Rama] ist eine Vertonung von Jeremias 31.15 und Matthäus 2.18, die fast gleichlautend sind. In Moses 1, 30,1 lesen wir, dass Rahel sich so dringend Kinder wünschte, dass sie sich ohne sie tot vorkam. Dadurch, dass Gott ihr Kinder gewährte, machte er sie zur Stamm-Mutter mehrere blühender Stämme der Hebräer, darunter der Benjameniten. Jeremias berichtet von der Unterdrückung der Hebräer unter der Herrschaft der Babylonier. Bevor die Hebräer nach Babylon in die Sklaverei gebracht wurden, versammelten sie sich in Rama, im Lande der Benjameniten. Obwohl Rahel zu diesem Zeitpunkt längst tot war, konnte man sich immer noch vorstellen, wie sie den Verlust ihrer Kinder und all der Kinder Israels beweinte. Man konnte ihr Geschrei hören, wie es sich über die Zeiten hinweg in den Seelen der Eltern wiederspiegelt, die nun ihre Kinder verloren. Darüber hinaus berichtet das Matthäusevangelium vom Mord durch Herodes an männlichen Kindern, so dass man sagen kann, dass die Prophezeiungen des Jeremias sich zweimal erfüllt haben. Jahrhunderte später war Rahels Geschrei immer noch zu hören, als ob es in einer ewigen Mahnwache gefangen sei. In seinem Kern befasst sich das Stück mit dem Verlust von Kindern, mit der immer-wiederkehrenden Gewalt, und mit der seelischen Erschöpfung, die aus der Erkenntnis stammt, dass dies alles schon einmal durchgemacht zu haben.
KS: Was bedeutet der Preis der IFCM für Sie?
SC: Zweifellos eine große, große unerwartete Ehre. Das Komponieren ist Schwerarbeit, zumindest für mich, aber ich liebe es, und die größte Befriedigung ergibt sich, wenn jemand anderes mein Werk würdigt. Ich komponiere, um meine Gefühle, meine Gebete, mein inneres Leben mit anderen zu teilen, und das kann gleichzeitig Angst und Erfüllung hervorrufen.
JD: Die Auszeichnung der IFCM, selbst als zweiter, ist für mich eine ungeheure Ehre! Der Ruf der Organisation und der glanzvollen Jury von 2020 sagt viel, und für mich bedeutet das eine große Ermutigung. Ich bin auch für die Gelegenheit dankbar, dass mein Stück durch die Veröffentlichung im International Choral Bulletin international verbreitet wird. Vielen Dank!
DW: Vielen Dank an die Jury – Alberto Grau, Ēriks Ešenvalds und Sergei Pleschak – für diese riesige Ehre, und meine Glückwünsche an Simone Campanini und Jonathan David! Ich bin unendlich dankbar für den Bekanntheitsgrad, den diese Auszeichnung mit sich bringen wird, und ich hoffe, dass das Stück selbst die Kosten der Gewalt bloßlegt, die sich im Lauf der Jahrhunderte vervielfacht haben, Kosten, die in den meisten Fällen von denen beglichen werden, die am allerunschuldigsten sind – Kindern.
KS: Was ist Ihr Schlüssel zum Erfolg?
SC: Da antworte ich mit einem Gemeinplatz: verstelle Dich nie. In der Welt der Musik – und nicht nur da – höre ich täglich von Studenten (und auch Lehrenden), die oft ein neues Stück angehen, indem sie sich eine vorhandene Aufnahme eben dieses Stückes, mit berühmten Ausführenden, anhören und dabei die Tatsache zu ignorieren scheinen, dass jedes Gemälde, eine Komposition, oder eine Aufführung, der Ausdruck eines Weges ist, der all die Erfahrungen des Künstlers in sich birgt, Freuden, Leiden, Schmerzen, Hoffnungen. Man kann Vorbilder haben – jeder hat welche, aber man kann sie nicht einfach nachahmen, um sich um die innere Suche nach der persönlichen, authentischen Ausdrucksweise zu drücken.
JD: Ich lege großen Wert auf Qualität bei der Auswahl meiner Texte, oft verhältnismäßig unbekannte oder ungewöhnliche. Ich schreibe Musik, die ich gern selbst hören würde, zugängliche Werke, die dennoch kompliziert und anspruchsvoll sind, und nie primitiv. Im Allgemeinen strebe ich ein Gefühl des Ausgleichs für die Hörer an, gestatte ihnen, dass sie immer einen Fuß auf dem Boden behalten dürfen, z. B. wenn die Harmonien anspruchsvoll sind, dann ist der Rhythmus einfacher, usw. Klassische Schlichtheit ist mir wichtig, aber emotionale Direktheit nicht weniger. In meinen geschäftlichen Verhandlungen geht es mir immer darum, eine professionelle Einstellung zu pflegen und, am allerwichtigsten, Güte.
DW: Dankbarkeit. Jegliche Erfolge, die ich bislang erzielt habe, gehen nicht auf nur mich selbst zurück, und das Gedenken an die, die mich geliebt, mich unterrichtet und mich gefördert haben, ist grundlegend für alle etwaigen weiteren Erfolge. Ich bin meinen Eltern James und Lynette dankbar, und meinen Lehrmeistern: Dr. Ethan Sperry, Steve Galván, Dr. Brad Hansen, Debbie Glaze, Neil Argo, Dr. John Browning und Gary St. John, zusammen mit zahllosen Freunden und Kollegen, von denen ich so viel gelernt habe!
KS: Bitte berichten Sie von Ihren künstlerischen Plänen für die Zukunft.
SC: Das ist nun ganz und gar keine einfache Frage! Ich habe ein paar Träume … aber wenn ich über konkrete Projekte sprechen soll, an denen ich arbeite, dann ist das ein Stück in großem Maßstab mit ein paar Solosängern, einigen Instrumenten und natürlich einem Chor, der sich wie ein Instrument verhält. Es ist das erste Mal, dass ich mich mit einem so großen Stück befasse, und ich muss eine ganze Latte an Problemen lösen, in erster Linie dem, dass es nicht langweilig wird. Dann habe ich eine Messe für hohe Stimmen vollendet (Kyrie, Gloria und Sanctus sind schon veröffentlicht, darüber ist etwas auf meiner Webseite zu finden www.simonecampani.it) und ich habe Ideen für andere Chor- und Instrumentalwerke, die ich verfolgen möchte. Was ich wirklich brauche ist Zeit.
JD: Ich befinde mich im Anfangsstadium eines Oratoriums für Männerstimmen, für das das Dona nobis pacem mit neu verfassten Texten von Daniel Neer vermischt wird. Ich hoffe, dass ich mich bald um finanzielle Zuschüsse für eine Purcell-Suite werde bewerben können, Bearbeitungen von Liedern von Henry Purcell für Frauenchor und Gitarre. Ehrgeizigeres … ich trage mich mit Anfangsgedanken an meine erste Oper, wobei mir erst einmal eine Kammeroper in drei kurzen Akten vorschwebt, über einige der weniger bekannten, aber hoffentlich immer noch dezent peinlichen Hausmärchen von Grimm. Ich unternehme weitere Studien im Chordirigieren und Komponieren. Ich freue mich auch schon auf die Zusammenarbeit sowohl mit Kim Stafford, zur Zeit Staatsdichter des Staates Oregon, für ein neues Stück für Chor, als auch mit Mezzosopranistin Helen Soultanian für einen Liederzyklus zum Thema des augenblicklichen Stadiums der AIDS-Epidemie in den Vereinigten Staaten.
Karolina Silkina kam in Grodno, Weißrussland, zur Welt. Dort begann sie ihr faszinierendes musikalisches Abenteuer, indem sie Klavier spielte, im Chor sang, an zahlreichen Konzerten teilnahm und Wettbewerbe gewann. Karolina errang ihren Bachelor mit den Fächern Public Relations und Medien-Vermarktung an der Abteilung für Journalistik der Universität von Warschau. Zur Zeit arbeitet sie an ihrem Magister, eben dort. Sie interessiert sich für Public Relations, die Vermarktung von allen möglichen Veranstaltungen, und Kommunikation. Darüber hinaus erwarb Karolina ihren Bachelor im Dirigieren von Chören und Musikensembles mit Auszeichnung an der F. Chopin Universität für Musik unter Anleitung von Professor Bogdan Gola, und sie setzt nun ihre Studien dort auf Magister-Niveau fort. Karolina ist Gründerin und eine der Dirigentinnen des Chors der Abteilung für Journalistik an der Universität von Warschau. Darüber hinaus singt sie Sopran im F. Chopin Kammerchor und im Chor der Universität von Warschau; sie singt mit, und arbeitet als Stimmbildnerin, für den Chor des Zentrums für die Gedanken von Johann Paul II und im Kirchenchor. Karolina Silkina war Mitglied der Jury beim Queen of the Adriatic Sea Choral Festival and Competition (2019) and nahm Teil am R. Gandolfi International Choral Conductors Competition (29. 11. – 1.12. 2019). E-mail: caroline.silkina@gmail.com
Simone Campanini wurde 1977 in Parma in Italien geboren. Seine Berufslaufbahn ist ungewöhnlich: gleichermaßen eingebettet in Musizieren, Komponieren und Technologie – und alles auf höchstem Niveau. Jede Sparte hat die anderen stark beeinflusst und so einmalige Perspektiven auf Naturwissenschaft und Kunst geschaffen. Simone studierte Orgelspiel und Komposition für Orgel bei F. Tasini und später S. Innocenti am Konservatoirum “A. Boito” in Parma, und seit 25 Jahren dient er als erster Organist an der Kathedrale zu Parma. Als Dirigent dirigiert Simone Campanini seit 2004 den gemischten Chor “Città di Parma”, eine Gruppe, die viele Preise gewonnen hat, darunter wichtige internationale Chorwettbewerbe wie die in Arezzo, Gorizia und anderen Städten. Als Komponist hat er viele Auszeichnungen in italienischen Wettbewerben erhalten. Kürzlich wurde ihm der erste Preis des 5. W. Landowska Internationalen Wettbewerbs für Komposition für Cembalo in Ruvo die Puglia zugesprochen, mit einem Werk für Oboe und Cembalo, das seine Uraufführung durch Govanna Fornari und Chrstoph Hartmann, letzterer Oboist der Berliner Philharmoniker, erhielt. Simone Campanini wurde geehrt als einer der besten drei Komponisten beim internationalen Wettbewerb für Chorkomposition 2018 in Japan, und er war unter den besten dreien beim 43. Internationalen Wettbewerb für Chorkomposition “Guido d’Arezzo”. 2007 schloss er seine Studien in Elektrotechnik an der Universität Parma mit cum laude ab, und 2015 erwarb er den Doktortitel in Industrietechnik. Seit 2008 ist er Forschungsmitarbeiter der akustischen Gruppe der Abteilung für Industrietechnik an der Universität Parma. Kontakt: www.simonecampanini.it
Jonathan David wuchs in New York City auf und lebt zur Zeit in Chapel Hill, North Carolina. Die erste CD nur mit seinen Werken, The Persistence of Song, Sologesänge mit Klavier, wurde im Januar 2020 von Centaur Records auf den Markt gebracht. Seine Blue Planet Blues, ein umfangreiches dreisätziges Werk für achtstimmigen Chor, kam im August-September 2019 im Rahmen einer Ausstellung zum Thema Umwelt in Skopje, Nord-Mazedonien, zu Gehör. Zu den weiteren Höhepunkten der Saison 2019/20 gehören die Uraufführungen von Triptych: Reflections on Race to Texts of Zsuzsanna Ardó durch C4 (Choral Composer/Conductor Collective) im Juni 2020 und Prayer of Saint Francis durch den Meredith College Community Chorus (Raleigh, North Carolina) im Mai 2020. Unter Jonathans Kompositionsaufträgen finden sich solche von den New York Treble Singers, Duke University, Atlanta Young Singers, Marble Collegiate Church, dem Manhattan Wind Ensemble und dem Saxophonisten David Wozniak. Seine Chormusik wird vielerorts in den USA und in Europa aufgeführt, beispielweise in der Kapelle von Duke University, im Europa-Parlament in Brüssel, im Gebäude des britischen Parlaments in Westminster und in der Kathedrale Notre Dame in Paris. Jonathan war Hauskomponist für die Greenwich Village Singers und Gründungsmitglied des bahnbrechenden Chors C4, der sich auf neue Chormusik spezialisiert, und auf dessen erster CD sein Stabat Mater zu finden ist. Er war Mitglied der Jury für die Auszeichnungen ASCAP/Deems Taylor. 2005-2011 war er Herausgeber für klassische Musik beim Internet-Musikverlag Napster. Jonathans Verleger sind Oxford University Press, See-A-Dot Music und Paraclete Press, und seine Kompositionen sind auch von seiner Webseite erhältlich: www.jonathandavidmusic.com.
David Walters wirkt zur Zeit als zweiter Dirigent des Chores ISing, der bislang schon über $350,000 für diverse gemeinnützige Organisationen wie die Beaverton Stiftung für Kunst, Sisters of the Road und Homeplate aufgebracht hat. Zusätzlich ist er Musikdirektor an der First Presbyterian Church in McMinnville, Oregon. Er erwarb sowohl einen Magister in Chorleitung als auch einen Bachelor in Komposition von der Staatsuniversität Portland, und er ist Gründungsmitglied des Vokalensembles Nexus. Sein The Winged Victory kam kürzlich, im Dezember 2019, durch den ISing Choir unter Leitung des Komponisten zur Uraufführung, und Wild, Unspoken wurde im November 2019 durch den Portland State Kammerchor unter Leitung von Dr. Ethan Sperry uraufgeführt. Als Sänger hat er Italien, Ungarn, Tschechien, China, Japan, Chile und Argentinien bereist, und erst kürzlich trat er als Solobass in Mozarts Requiem, Mozarts Krönungsmesse und als Solo-Bariton in Orffs Carmina Burana auf. Kontakt: David@DwaltersMusic.com; Webseite: www.dwaltersmusic.com
Übersetzt aus dem Englischen von Irene Auerbach, Vereinigtes Königreich
Scores
Jubilate Deo by Simone Campanini
Te Lucis ante terminum by Jonathan David
A voice is Heard in Ramah by David Walters