Von Francesco Leonardi, Projektmanager für die IFCM
Was eine auf einen gemeinsamen Zweck hin erfolgreiche Zusammenarbeit ausmacht, ist die Empathie, die zwar nur in beobachtender Form zum Ausdruck kommt, doch für ein harmonisches und wunderbares Endprodukt unerlässlich ist. All das wäre ohne den Erfindungsreichtum der Komponisten nicht möglich, denn sie schaffen ein kleines Wunder. In ihrer Musik werden durch die Sänger und Dirigenten Werte und Gefühle kommuniziert. Dieses kleine Kommunikationswunder geschieht jeden Tag in vielen Teilen der Erde, nämlich in Form von unzähligen Chorkonzerten, die zehntausende Chöre der unterschiedlichsten Formationen und Größen der Erdbevölkerung darbieten.
Vor mehr als 20 Jahren, während der Hauptversammlung der IFCM in Helsinki 1990, schlug Alberto Grau vor, einen weltweit gültigen Tag zu Ehren der Chormusik einzuführen. Er stellte sich vor, mit Hilfe der Möglichkeiten der Chormusik anstatt eine förmliche Perfektion vielmehr Werte wie Frieden, Solidarität und Verständnis für die und innerhalb der Chorarbeit zu vermitteln, unabhängig von der Art der interpretierten Musik, und diese auf globaler Ebene zu feiern. Die IFCM stimmte diesem Vorschlag zu.
Und seither lädt die IFCM an jedem zweiten Sonntag im Dezember die Chöre auf der ganzen Welt dazu ein, ein Event zu organisieren, das die Chormusik als Träger von positiven Werten in jeder Gesellschaft und Kultur zelebriert.
In diesen 25 Jahren haben sich tausende Chöre einsatzfreudig um dieses Anliegen bemüht. Unzählige Sänger haben die friedvolle Botschaft verkündet, die zum Inbegriff des Weltchortages geworden ist und in 26 verschiedene Sprachen übersetzt wird. Jedes Jahr gibt ein anderes Wort das Thema vor, zu dem man maßgebliche Aufmerksamkeit auf der ganzen Welt erregen möchte. 2015 war das Wort „Integration“. Dieser Tag soll nicht nur die Sänger zur Reflektion anregen; vielmehr soll die Gesamtheit der Events der Öffentlichkeit die Werte in Konzerten nahelegen, sodass auch diejenigen, die sich nicht aktiv im Chor beteiligen, dieselbe Botschaft erreicht.
Das Ziel der IFCM ist an dieser Stelle ambitioniert, doch fundamental: die Welt an die Werte zu erinnern, auf denen Musik – und insbesondere die Chormusik – schon immer basiert und die in jedem Konzert öffentlich proklamiert werden. Aus dem Grund ist der Weltchortag ein äußerst wichtiger Moment für uns als Sänger. Denn er ist der Tag, an dem wir der ganzen Welt und jeder Gesellschaft unsere Werte vermitteln, die wir täglich in unserem Chordasein leben.
Doch das allein reicht nicht aus. Ein Wunsch wäre es, dass alle Chöre auf der ganzen Welt, in jeder Nation eines jeden Kontinents, diesen Tag gemeinsam feierten und damit verdeutlichten, dass die der Chormusik zugrunde liegenden Werte einheitlich sind und von jeder Kultur geteilt werden. Eine sicherlich große Herausforderung, die mit all unserer Kraft anzustreben lohnenswert wäre.
Um dieses Ziel zu verfolgen, hat die IFCM eine Arbeitsgruppe gegründet. Diese fokussiert sich darauf, den Weltchortag bekannter zu machen und die Teilnahme daran zu erhöhen. Es ist wichtig zu erkennen, dass Chöre auf der ganzen Welt in großen Zahlen mobilisiert werden können, wenn dieser Tag zum Event wird. Und dass die Werte, die damit verkündet werden, die Beachtung derer erhalten, die in diesem und anderen Ländern die Regeln des zivilisierten Zusammenlebens bestimmen und lenken. In den vergangenen Jahren wurde vieles unternommen, um immer mehr Chöre in dieses Projekt einzubeziehen, u.a. durch den Einsatz moderner Technologien wie einer eigens erstellen Website (www.worldchoralday.org), auf der Chöre ihr Event anmelden und so einen Beitrag zum gemeinsamen Ziel leisten können.
Trotz aller Errungenschaften gibt es nach wie vor Länder, in denen die Initiative noch nicht bekannt bzw. noch nicht so weit verbreitet ist, wie denkbar wäre. Hier liegen die Bemühungen darauf, mehr Chöre zur Teilnahme zu bewegen und jeden Chor über die Wichtigkeit seines Beitrages aufzuklären. Es ist in etwa so, wie wenn wir alle gemeinsam singen: Die Leistung jedes Individuums ist unersetzlich und trägt zu einem größeren und wertvolleren Ganzen bei.
Die Bemühungen der gesamten IFCM sollten demnach dahingehend ausgerichtet sein, die Teilnahme an dieser Initiative weiter zu fördern und sich jedes Jahr um die Einbindung neuer Chöre und Sänger aus der ganzen Welt zu kümmern; um den Inhalt und den Geist des Weltchortages jedoch an alle Chöre weltweit transportieren zu können, bedarf es des leidenschaftlichen Einsatzes aller Involvierten.
Beispiele für die gelungene Bekanntmachung des Weltchortages liefern einige Regionen in Italien: Hier wurde die Datenerfassung von Konzerten, die in dem für das Event gewählten Zeitraum stattfanden, von regionalen Chororganisationen vor Ort unterstützt. Viele lokale Chöre haben sich daran beteiligt, den Inhalt des Weltchortages in sehr umfangreicher Weise zu proklamieren und jegliche Konzerte, die in dem Gebiet stattfanden, zu bewerben. Auf diese Weise haben wir Informationen zu 250 Veranstaltungen gesammelt.
Diese Vorgehensweise könnte zum Präzedenzfall werden, wonach Informationen zu den zahllosen weltweiten Chorveranstaltungen pro Jahr, vor allem aber im Dezember, verfügbar gemacht würden. Mehr als 35 Länder weltweit haben dieses Jahr den Weltchortag im Rahmen von über 450 Events gefeiert. So vieles ist erreicht, doch noch viel mehr kann und sollte mit der Unterstützung derjenigen erzielt werden, die an die mit der Chormusik verbundene Botschaft glauben. Der Weltchortag sollte meines Erachtens ein Tag sein, an dem in jeder der insgesamt 1.440 Minuten des Tages mindestens ein Chor weltweit singt und so die Botschaft von Frieden, Solidarität und gegenseitigem Verständnis in die Welt aussendet.
Francesco Leonardi (geboren 1979 im italienischen Legnano) hat sein Hochschulstudium in Medienarbeit absolviert und absolviert gerade ein Zweitstudium in Economics und Management of Cultural and Entertainment Assets aus. Er spricht Englisch, Deutsch, Französisch und Spanisch. In den vergangenen zehn Jahren war er beim Internationalen Chorfestival „La Fabbrica del Canto“ (Die Gesangsfabrik) für die Auswahl an teilnehmenden Chören zuständig. Dieses Festival findet jedes Jahr im Juni in 50 unterschiedlichen Gemeinden in der Lombardei statt. Als registrierter Journalist ist er in Mailand tätig. Im August 2011 wurde er zum Projektmanager für die IFCM ernannt. Seine E-Mail-Adresse lautet: leonardifra@yahoo.it.
Übersetzt aus dem Englischen von Magdalena Lohmeier, England