La Fabbrica del Canto

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Von Theodora Pavlovitch, Vorstandsmitglied der IFCM

 

Alte und neue Musik, traditionelle und moderne Gattungen, eine neue Sicht auf die Vielfalt der Chorkultur unserer Zeit – das ist es, was das Festival “La Fabbrica del Canto“ auf die internationale Chorbühne bringt. Um die Grundlage dieses Konzepts zu verstehen, sollten wir einen Blick auf die Geschichte der Veranstaltung werfen. 1992 gründete die Chorvereinigung Jubilate mit Sitz in Legnano dieses Festival – mit der Absicht, den innovativsten Chören eine Plattform zu bieten und verschiedene Musikkulturen zu präsentieren. Der Wettbewerbsgeist, so typisch für viele Veranstaltungen, hat hier eine ungewöhnliche Dimension angenommen. Die Ensembles und Chöre singen hier fröhlich nebeneinander und tauschen ihre Erfahrungen aus, die Chorleiter diskutieren und erkunden neue Ideen, statt um Auszeichnungen zu kämpfen.

Der Name “La Fabbrica del Canto“ (der mit “Melodiefabrik“ frei übersetzt werden könnte) macht Schluss mit allzu bindenden Gebietszuständigkeiten und beschreibt auf das künstliche und effektive Wesen der Veranstaltung. Der Begriff “Fabrik“: abgesehen davon, dass er auf die Kreativität und Hingabe hinweist, die charakteristisch für jede Art von Kunst sind, kombiniert Tradition mit Moderne. Er bezieht sich gleichzeitig auf vergangene Umfelder wie “Laboratorium“, “Atelier“, “Werkstatt“, und berührt eine soziale Dimension, die für die örtliche Bevölkerung ebenso modern wie vertraut ist. Auf diese Weise bleibt einerseits der lokale Bezug erhalten und auf der anderen Seite wird ein für das Chorsingen charakteristischer Zug hervorgehoben, nämlich die Verwurzelung zeitgenössischer Ergebnisse in jahrhundertealter Tradition.

Diese Beschreibung gibt uns einen Hinweis auf das grundsätzliche Konzept der Veranstaltung. Die Idee kultureller Vielfalt ist die Grundlage, auf der  “La Fabbrica del Canto“ fußt. Das Entdecken der Reichhaltigkeit der zeitgenössischer Chorkunst ist es, was die Veranstaltung so bunt und dynamisch macht. Hier werden sogar die erfahrensten Menschen von Neuem und Unbekanntem überrascht. Von Musik aus dem Mittelalter und der frühen Renaissance bis zu höchst reizvollen neuen Gattungen – alle Epochen, unterschiedliche Gesangsbereiche und -stile  findet man im Programm dieses Festivals.

Und das Wichtigste: jenseits des kulturellen Aspekts entwickelt das Festival die Idee, Musik und Solidarität zu vereinen. Dieses Jahr hat “La Fabbrica del Canto“ dem Educational Centre San Maximilian in Dar Es Salaam, Tansania, einen Betrag von 13.000 € für seine Erziehungsprogramme gespendet.

Während der 19 Jahre seiner Existenz hat “La Fabbrica del Canto“ 86 führende Chöre und Ensembles aus Europa, Afrika Asien und Amerika willkommen geheißen. Ihre Namen, die in der Broschüre des Festivals aufgeführt sind, geben einen deutlichen Hinweis auf die hohe Qualität der Veranstaltung.

Die Teilnehmer der diesjährigen Ausgabe von “La Fabbrica del Canto“ waren Chöre und Ensembles aus acht Ländern von vier Kontinenten. Afrika wurde vertreten vom Nelson Mandela Metropolitan University Choir, geleitet von Junita Van Dijk. Das Tokyo Ladies Consort Sayaka, geleitet von Ko Matsushita brachte den Geist Japans. Der Coro da Camera Coralina und seine Leiterin, Alina Orraca, (dem Publikum bestens bekannt von seiner Teilnahme im letzten Jahr) sorgten wieder für eine wunderbare Darstellung lateinamerikanischer Musik parallel zu europäischen Entwicklungen. Europa selbst war mit fünf verschiedenen Chören und Ensembles vertreten: dem Ellerhein Choir aus Estland (Leitung Tiia Ester Loitme), Mikrokosmos aus Frankreich (Leitung Loic Pierre), SPD Jedinstvo, ein gemischter Chor aus Bosnien-Herzegowina (Leitung Nemanja Savic) und, nicht zuletzt, zwei berühmte Vokalensembles: Talla aus Finnland und Vocaldente aus Deutschland.

Mehr als 50 Konzerte in verschiedenen Städten Norditaliens in der Zeit vom 03. Juni bis 01. Juli und zwei Tage Chormarathon in Mailand (12.-13. Juni) – das ist die kurz zusammengefasste Statistik des Festivalprogramms. Zum Ende der Veranstaltung führte der Gastchor Jubilate die Vespro della Beata Vergine von Claudio Monteverdi in Legnano, Brescia und Caravaggio auf. Ihre Partner in den Konzerten waren die Solisten des Singer Pur Vokalensembles und die Gruppo Instrumentale Jubilate unter dem Taktstock von Paolo Alli, dem Gründungsleiter  des Jubilate Chors.

Ein erstaunliches Chorfest mit hochwertiger Musik und einer bedeutenden Perspektive – das ist “La Fabbrica del Canto”. Die Vision von Paolo Alli und der Jubilate Chorgemeinschaft werden uns zu weiteren Ausgaben des Festivals führen und ihren Traum, eine große Chorveranstaltung im Rahmen der EXPO-2015 in Mailand, wahr werden lassen.

 

Avanti, cari amici!

 

E-mail: theodora@techno-link.com

 

Aus dem Englischen übersetzt von Anne Stahl, Deutschland

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