By Richard Mailänder, Chorleiter und Lehrer
Der heute als Professor für Komposition am Chopin-Konservatorium in Warschau tätige Komponist Paweł Łukaszewski hatte bereits als Student die Idee, an seiner Ausbildungsstätte, dem Tschaikowsky-Konservatorium, einen Chor-Kompositionswettbewerb durchzuführen. Diesen Wettbewerb dehnte er später auf Polen aus, insbesondere in Verbindung mit dem Gaude Mater Festival in Tschenstochau, einem der größten Kulturfestivals in Polen. Aufgrund des großen Erfolges wurde dieser Wettbewerb 2005 zum internationalen Wettbewerb. Seit einigen Jahren beteiligt sich das Erzbistum Köln neben Gaude Mater und der Musica Sacra Association Warschau an diesem Wettbewerb, seit zwei Jahren auch der Freundeskreis der Abtei Brauweiler, Deutschland.
Was ist dies nun für ein Wettbewerb? Er richtet sich an junge Komponistinnen und Komponisten bis 35 Jahre, die Freude und Interesse haben, für Chöre a capella Werke mit lateinischen christlichen Texten zu schreiben. Diesen Komponisten soll ein Forum gegeben werden, künstlerisch und auch durchaus technisch anspruchsvolle Werke zu schreiben. Das Interessante an den Wettbewerb für junge Komponisten dürfte sein, dass es nicht nur ein Preisgeld gibt, sondern darüber hinaus Aufführungen – zumindest für den ersten Preis – in mehreren Ländern (Uraufführung abwechselnd Tschenstochau/Polen und Köln-Brauweiler/Deutschland sowie Danzig, Vilnius und Cambridge (dort durch den Trinity College Choir)). Dazu kommt auch eine Rundfunkaufzeichnung eines dieser Konzerte. In den letzten Jahren war dies beim WDR in Köln. Die Uraufführungen der Werke – auch das ist für junge Komponistinnen und Komponisten interessant – geschieht durch herausragende internationale Kammerchöre wie z. B. den Polnischen Kammerchor oder Jaunas Musica aus Vilnius oder in diesem Jahr den Kammerchor aus Riga.
Etwas Weiteres kommt zu diesem Wettbewerb hinzu: Die preisgekrönten Werke werden seit dem Jahr 2015 in einer neuen Reihe des Schott Musikverlags in Mainz unter dem Namen „Ausgezeichnete Chorwerke“ veröffentlicht.
Die international besetzte Jury setzte sich im Jahr 2016 zusammen aus
- Andrea Angelini, Vincenzo De Gregorio – Italien
- Vaclovas Augustinas – Litauen
- Marian Borkowski, Jan Lukaszewski – Polen
- Stephen Layton – England
- Jaakko Mäntyjärvi – Finnland
Erstmalig in der Jury beteiligt war in diesem Jahr direkt das Päpstliche Institut für Kirchenmusik in Rom durch seinen Direktor, Don Vincenzo De Gregorio, in dessen Räumen die Jury im Jahr 2017 tagen wird. Gleichzeitig ist eine internationale Zusammenarbeit gerade durch diese Päpstliche Hochschule für Kirchenmusik noch stärker gegeben.
Es sind also einerseits Komponisten, andererseits aber auch Chorleiter in dieser Jury vertreten.
Auf Einladung des Trinity College in Cambridge tagte die Jury in diesem Jahr in Cambridge. Dabei gab es – und wird es immer geben – lebendige Diskussionen über die musikalische Idee eines Komponisten, die technische Umsetzung und natürlich, dies insbesondere aus dem Blickwinkel der Chorleiter, den Schwierigkeitsgrad der Werke. Zweifellos handelt es sich bei den preisgekrönten Werken nicht um Werke, die einfach umzusetzen sind. Es bedarf schon eines gut ausgebildeten Amateur-, zum Teil auch eines Profi-Ensembles. Gleichzeitig ist aber wichtig, dass auf diesem künstlerischen Level gerade für Chöre Angebote gemacht werden und damit einerseits Anschluss an die Avantgarde gefunden wird, andererseits aber auch die Avantgarde die Praxis im Blick behält und für diese schreibt. Überdeutlich spürbar ist, dass die meisten Komponisten, die Einsendungen schicken, mit Chormusik und den Anforderungen an Chormusik vertraut sind, etwas, das manch einem Komponisten, auch an Hochschulen, wiederum nicht vertraut ist. Diese jungen Komponisten gilt es zu fördern und zu unterstützten, damit sie den Mut nicht verlieren, sondern weiter mit Freuden für Chöre schreiben, die dann wiederum auch Freude haben, die Werke aufzuführen. Gleichzeitig ist es auch ein Wettbewerb, in dem sich junge Komponisten mit geistlichen Texten christlichen Inhaltes auseinandersetzen. Auffallend ist, dass es neben relativ „normalen“ Texten wie „Miserere“, „Stabat mater“, „Dies irae“, „Kyrie“, „Sanctus“ „Agnus Dei“, „Pater Noster“, „Ave Maria“ und verschiedenen Psalmen auch immer wieder eine sehr individuelle Textauswahl gibt. Gleichwohl zeigen die Einsendungen auch, dass nicht alle Komponistinnen und Komponisten mit der lateinischen Sprache vertraut sind.
Preisträger in diesem Jahr waren:
- Preis: Szymon Godziemba-Trytek (Polen) für die Komposition “Beatus Vir”
- Preis: Aleksandra Chmielewska (Polen) für die Komposition “Veni Emmanuel”
- Preis: Francisco José Carbonell Matarredona (Spanien/USA) für die Komposition “O Magnum Mysterium”
Insgesamt haben im Jahr 2016 30 Komponistinnen und Komponisten aus 8 Ländern teilgenommen. Leider kamen nach der Jurysitzung noch 10 weitere Einsendungen, die nicht mehr berücksichtigt werden konnten, so dass von etwa 40 Kompositionen auszugehen gewesen wäre.
Der Wettbewerb wird 2017 wieder durchgeführt. Nähere Informationen erhalten Sie auf der Homepage des Wettbewerbes www.musicasacranova.com oder bei den beiden Organisatoren des Wettbewerbs, Prof. Dr. Paweł Łukaszewski (lukaszewski@chopin.edu.pl) und Prof. Richard Mailänder (richard.mailaender@erzbistum-koeln.de)
Richard Mailänder, geb. 1958, studierte Kirchenmusik, Musikwissenschaft und Geschichte in Köln. Von 1975 bis 1987 arbeitete er als Kirchenmusiker, dann begann er seine Arbeit im Referat Kirchenmusik im Erzbistum Köln, wo er 2006 zum Erzdiözesankirchenmusikdirektor ernannt wurde. 2014 folgte die Ernennung zum Honorarprofessor an der Musikhochschule Köln, wo er seit dem Jahr 2000 unterrichtet. Er ist (Mit-)Herausgeber vieler Chorbücher und Schriften zur Kirchenmusik mit dem Schwerpunkt Chormusik. 1986 gründete er den Figuralchor Köln, mit dem er nicht nur die großen Werke der Chormusik aus alter Zeit aufführte, sondern für den er auch Werke von namhaften zeitgenössischen Komponisten schreiben ließ. Email: richard.mailaender@erzbistum-koeln.de